USA: Entscheiden die „Doppel-Hasser“ die Präsidentschaftswahl?
Auch wenn offiziell noch nicht entschieden ist, wer für die Republikaner*innen ins Rennen um die US-Präsidentschaft geht, deutet alles auf die Wiederauflage des Duells Trump gegen Biden hin. Entscheiden könnte eine Gruppe, die keinem der beiden viel abgewinnen kann.
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Neuauflage mit vertauschten Rollen: Wie 2020 treten sehr wahrscheinlich auch 2024 Joe Biden und Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl gegeneinander an.
Im Rennen um die US-Präsidentschaft könnte in der kommenden Woche eine wichtige Entscheidung fallen. Beim „Super Tuesday“ finden am 5. März in 15 Bundesstaaten parallel die Vorwahlen bei Republikaner*innen und Demokrat*innen statt. 874 von 2.429 Delegiertenstimmen werden dabei jeweils vergeben. „Nach dem Super Tuesday wird der Zweikampf feststehen“, ist Jacob Rubashkin überzeugt. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung „Inside Elections“, die sich mit Wahlkampagnen in den USA beschäftigt, ist sicher, dass es bei der Präsidentschaftswahl im November zu einer Neuauflage des Duells von Joe Biden gegen Donald Trump kommen wird – allerdings mit vertauschten Rollen im Vergleich zu 2020.
Erinnerungen an das Duell Eisenhower vs. Stevenson
Das letzte „Re-Match“, darauf verweist Rubashkin am Donnerstag im Gespräch mit dem Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Washington, Knut Dethlefsen, liegt bereits fast 70 Jahre zurück. 1956 gewann der republikanische Präsident Dwight D. Eisenhower wie schon vier Jahre zuvor gegen den Demokraten Adlai Stevenson. Doch während Eisenhower damals haushoch vorne lag, dürfte es diesmal ein knappes Rennen werden. Der Grund: „Biden und Trump sind beide unbeliebt. Die Wähler werden eine schwierige Entscheidung treffen müssen“, sagt Rubashkin voraus und spricht plakativ von den „Double-Haters“, den Doppel-Hasser*innen, die weder für den Präsidenten noch für seinen Herausforderer Sympathien hätten.
Die Unbeliebtheit von Biden und Trump hat dabei unterschiedliche Ursachen, meint Molly Murphy, Präsidentin der Politik-Beratung „Impact Research“. Während Trump „nie beliebt war bei den Wählern“, habe der Frust auf Biden viel mit dem „Frust auf die Umstände“ zu tun. Murphy zählt dazu die hohe Inflation, die schlechte wirtschaftliche Lage und die hohe Arbeitslosigkeit in den USA. Auch wenn der Präsident für viele der Probleme nicht direkt verantwortlich sei, sei es für Biden und die Demokrat*innen wichtig, dass sich der Wahlkampf nicht nur um wirtschaftliche Frage drehe.
Junge Wähler*innen könnten entscheidend sein
Als Thema, das „ein Treiber“ sein könne, sieht Molly Murphy das Recht auf Abtreibung. Nachdem das oberste Gericht der USA vor rund zwei Jahren die bundesweite Rechtsprechung hierzu gekippt hat, wurden Schwangerschaftsabbrüche in 14 Bundesstaaten bereits verboten, in sieben weiteren eingeschränkt. Als kürzlich der Oberste Gerichtshof von Alabama selbst eingefrorene Embryonen für Kinderwunschbehandlungen als Kinder einstufte, nannte Präsiden Biden das „empörend und inakzeptabel“. Donald Trump dagegen begrüßt die restriktive Haltung ausdrücklich.
Helfen könnte das Thema auch, weil aus Sicht von Murphy und Rubashkin gerade junge Wähler*innen entscheidend für den Ausgang der Präsidentschaftswahl sein dürften. „Sie hatten schon bei den Zwischenwahlen einen entscheidenden Einfluss“, verweist Molly Murphy auf die Kongresswahl 2022, bei der die Demokrat*innen deutlich besser abschnitten als von den meisten Beobachter*innen erwartet. Auch im November gehe es nun darum, die noch unentschiedenen Wechselwähler*innen zu gewinnen – bzw. erst mal zu motivieren, überhaupt zur Wahl zu gehen.
Welchen Einfluss haben die Gerichtsverfahren gegen Trump?
Dass Donald Trump während des Wahlkampfs wegen verschiedener Anklagen mehrfach vor Gericht erscheinen muss, sehen Murphy und Rubashkin dabei kaum als Nachteil für den Herausforderer. Wer Trump unterstütze, werde das auch danach tun. Wer gegen ihn sei, werde es danach noch mehr sein, ist Molly Murphy überzeugt. „Die Prozesse verstärken die Meinung der Wähler, sie verändern sie nicht“, sagt die Analystin. Werde Trump zu weiteren Geldstrafen verurteilt, wie kürzlich wegen Finanzbetrugs, könnte er aber Probleme bekommen, Wahlkampfspenden einzusammeln, meint Jacob Rubashkin. Schließlich könnten sich die Spender*innen ja nicht sicher sein, ob das Geld in den Wahlkampf fließt oder als Strafzahlung an den Staat.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.