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Neue Regierung in Frankreich: „Für Jubel ist es zu früh“

Nach der Parlamentswahl in Frankreich ist weiter unklar, wie die künftige Regierung aussehen könnte. Die Europabeauftragte der SPD, Katarina Barley, hofft auf eine Einigung zwischen Präsident Macron und dem Linksbündnis NFP. Auf einen Kollegen aus dem Europaparlament setzt sie dabei besonders.

von Kai Doering · 9. Juli 2024
Katarina Barley

Bei der französischen Parlamentswahl hat der rechtsextreme Rassemblement National einen Wahlsieg klar verfehlt und ist nur drittstärkste Kraft geworden. Wir groß ist die Erleichterung in Brüssel?

Die Erleichterung ist groß, dass der Rassemblement National von Marine Le Pen deutlich schlechter abgeschnitten hat als von allen Umfragen vorhergesagt worden war. Eine Regierung des RN wäre eine Katastrophe für Frankreich und Europa gewesen. Für Jubel ist es allerdings zu früh. Dafür ist die Situation noch zu unübersichtlich.

Denn auch der Wahlsieger, das Linksbündnis NFP, hat die absolute Mehrheit in der französischen Nationalversammlung verpasst. Was bedeutet es für Europa, wenn es nun möglicherweise Monate für eine Regierungsbildung braucht?

Der zeitliche Faktor ist das eine. Ich denke, es wird sich schnell zeigen, ob ein politischer Wille zur Einigung besteht oder ob Frankreich in eine Hängepartie hineingerät. Sollte letzteres passieren, wäre das sicher ein Problem für die Europäische Union, denn Frankreich ist einer der Motoren der EU. Entscheidender ist aus meiner Sicht aber, dass das NFP aus vier Parteien besteht, die unterschiedliche Ziele verfolgen, gerade in Hinblick auf Europa. Die Frage wird sein, wie die Parteien untereinander damit umgehen und wie Präsident Macron damit umgehen wird. Ich denke schon, dass Macron verstanden hat, dass er nun eine Mehrheit in der neu gewählten Nationalversammlung finden muss.

Eine entscheidende Figur dürfte der Vorsitzende der Linkspartei LFI, Jean-Luc Mélenchon, sein, der in der Vergangenheit mit europakritischen Äußerungen aufgefallen ist. Manch einer vergleicht ihn bereits mit Marine Le Pen nur von links. Könnte eine Regierung an ihm scheitern?

Dass Mélenchon und Macron keine Freunde sind, ist ja kein Geheimnis. Mélenchon vertritt in vielen Bereichen sehr andere, manchmal gegensätzliche Positionen zu unseren sozialdemokratischen Freundinnen und Freunde von der PS, ganz besonders in Hinblick auf Europa. Bei ihm kann man schon von einer Feindseligkeit gegenüber Europa sprechen. Macrons Interesse wird deshalb sein, den Einfluss von Mélenchon so klein wie möglich zu halten. Im NFP gibt es aber auch sehr proeuropäische Kräfte wie unseren europäischen Kollegen Raphaël Glucksmann, dem ich hier eine zentrale Rolle zutraue.

Die PS  hat die Zahl ihrer Mandate in der Nationalversammlung verdoppelt. Wie sehr stärkt das ihre Position?

Dieses Ergebnis stärkt ihre Position sehr und ist eine ermutigende Botschaft für alle sozialdemokratischen Parteien in Europa. Die PS lag ja wirklich am Boden und ist spätestens mit dieser Wahl wieder auferstanden. In einer künftigen Regierung kann die PS eine sehr wichtige Rolle spielen. Sie hat ein klares sozialpolitisches Profil und kann damit ein gutes Gegengewicht zum Kurs von Emmanuel Macron sein. Zudem zeichnet sie ein hohes Maß an staatpolitischer Vernunft aus.

Kurz vor der Europawahl hatte der Rassemblement National mit der AfD gebrochen, weil er das radikale Image loswerden wollte. Wird diese Niederlage nun zu einem Kurswechsel führen?

Diese Wahl hat gezeigt, dass die große Mehrheit in Frankreich nicht den Rassemblement National will. Die Situation ist ein bisschen vergleichbar mit den Demos gegen die AfD in Deutschland zu Anfang des Jahres. Das Signal ist auch hier: Wir sind mehr. Insofern ist diese Wahl für den RN und Marine Le Pen ein ziemlicher Tiefschlag. Ich glaube aber nicht, dass das Ergebnis ein politischer Kurswechsel bei Le Pen sein wird. Möglicherweise wird der RN in der politischen Auseinandersetzung künftig noch aggressiver auftreten, aber im Großen und Ganzen wird er seinen Kurs fortsetzen. Dass der RN-Vorsitzende Jordan Bardella nach der Wahlniederlage offenbar zum Chef der neuen, extrem rechten Fraktion „Patrioten für Europa“ im Europaparlament gewählt worden ist, deutet darauf hin.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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1 Kommentar

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Mi., 10.07.2024 - 07:19

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Ich bin enttäuscht ! Frau Barley vertritt mal wieder die Position Macrons. Natürlich ist die LFI kein bequemer Partner, aber haben Positionen, die DIESE EU ablehnen nicht auch ihre Berechtigung ? Wo bleibt das Eintreten für die Interessen der Mehrheit der Menschen statt für Institutionen und die dahinter stehenden Mächtigen ????? Der Hauptgegner sind immer noch die Rechten samt ihren antisozialen Hinterleuten, aber von SPD-Oberen geht es erst mal wieder gegen die eigenen Leute - wie so oft seit 1918.
Wir Menschen haben da 2 Muskeln, auf Medizinerlatein: Gluteus maximus; einen Linken und einen Rechten. Diese Muskeln sind nicht nur dazu da um darauf zu sitzen, sondern haben auch eine wichtige Bedeutung für den AUFRECHTEN Gang. So bekommt die volkstümliche Phrase: "..... hat keinen A*** in der Hose" ihren Sinn.