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Tarifstreit: Warum ab Donnerstag nicht mehr gestreikt werden darf

Im Tarifstreit im Öffentlichen Dienst ist weiter keine Einigung in Sicht. Nun kommt es zu einem Schlichtungsverfahren. Das hat Auswirkungen, die viele Menschen erleichtern werden.

von Karin Billanitsch · 18. März 2025
Wie hier am Münchner Flughafen wurde in den vergangenen Wochen an vielen Orten in Deutschland gestreikt.

Wie hier am Münchner Flughafen wurde in den vergangenen Wochen an vielen Orten in Deutschland gestreikt.

Nach vier intensiven Verhandlungstagen sind die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst gescheitert. Im Anschluss daran wurde ein Schlichtungsverfahren eingeleitet. „Wir haben in drei Verhandlungsrunden hart miteinander gerungen. Wir sind den Gewerkschaften sehr weit entgegengekommen. Wir sind bis an die Grenze dessen gegangen, was wir für die öffentlichen Haushalte verantworten können“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Aber die Gewerkschaften seien nicht zu weiteren Kompromissen bereit gewesen. 

Keine Annäherung

Die Verhandlungsparteien konnten sich offenbar bis zum Schluss nicht so weit annähern, dass ein Kompromiss in Sichtweite gewesen wäre. Laut der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hatten die Gewerkschaften auch in der dritten Verhandlungsrunde Forderungen gestellt, die für die Kommunen unverändert Mehrkosten von rund elf Prozent pro Jahr bedeutet hätten. 

Das lehnte VKA-Verhandlungsführerin und Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen, Karin Welge, ab: „Mit der von uns angestrebten Reallohnsicherung hat das in Zeiten von zwei Prozent Inflation nichts zu tun. Hier reden wir von Reallohnsteigerungen, die weder zur prekären finanziellen Haushaltslage der Kommunen noch zur gesamtwirtschaftlichen Situation in Deutschland passen“, so Welge.

ver.di: „Bis an die Schmerzgrenze gegangen“

Die Gewerkschaft ver.di zeigte sich nach dem „viertägigen, kräfte- und nervenzehrenden Verhandlungsmarathon“ enttäuscht: „Wir haben uns bis an die Schmerzgrenze bewegt. Die Arbeitgeber haben unsere Einigungsvorschläge abgelehnt“, kritisierte der ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführer Frank Werneke in Potsdam. 

Die Arbeitgeber hätten sich bis zum Schluss gesperrt, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle: „Bei der Vergütung wurde nicht mehr als Inflationsausgleich angeboten, lieber sogar ein bisschen weniger – das hat uns nicht gereicht.“

Faeser spricht von vielen Zugeständnissen

Bundesinnenministerin Faeser legte dar, zu welchen Zugeständnissen die Arbeitgeber indes bereit gewesen seien: „Wir haben Entgelterhöhungen vorgeschlagen, die zum Teil über den jüngsten Tarifabschlüssen von ver.di in anderen Branchen liegen. Die Jahressonderzahlung wollten wir für viele Beschäftigtengruppen erheblich erhöhen und so zu einem echten 13. Monatsgehalt machen.“ Auch bei den Zulagen für Schichtdienste wäre die Arbeitgeberseite zu einer starken Erhöhung bereit gewesen. Außerdem sei ein Zeit-statt-Geld-Modell angeboten worden, wonach Teile der Jahressonderzahlung in freie Tage umgewandelt werden können. 

Die von den Gewerkschaften geforderte Ost-West-Angleichung beim Kündigungsschutz haben die Kommunen jedoch abgelehnt. Werneke kritisierte auch: „Egal, ob bei einer ausreichenden linearen Erhöhung oder einem Mindestbetrag als soziale Komponente, Altersteilzeit oder einem zeitgemäßen Arbeitszeitkonto – die Arbeitgeber haben sich vielen für die Beschäftigten wichtigen Forderungen weitgehend verweigert.“ 

Offizielles Schlichtungsverfahren eingeleitet

Nun kann im offiziellen Schlichtungsverfahren versucht werden, in Verhandlungen doch noch eine Lösung für die mehr als 2,6 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst zu finden. Als Schlichter für die Seite der Arbeitgeber wird Roland Koch, ehemaliger Ministerpräsident des Landes Hessen, verhandeln. 

Seitens der Gewerkschaften ver.di und dbb beamtenbund und tarifunion wurde Henning Lühr, ehemaliger Staatsrat bei der Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen, benannt. 

Friedenspflicht

Während des Schlichtungsverfahrens, das voraussichtlich einige Wochen dauern wird, besteht Friedenspflicht. Die Friedenspflicht beginnt laut VKA am Donnerstag, 20. März. Am heutigen Dienstag und Mittwoch, 19. März, sind Warnstreiks aber noch möglich. 

Zuerst erschienen auf demo-online.de

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Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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1 Kommentar

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Di., 18.03.2025 - 13:17

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Verhandlungsführern, Nancy Faeser vorweg. Uns steht doch nun mit den Sondervermögen und der im regulären Haushalt durch die Halbierung des Rüstungsetats (bisdato 2 % vom BIP, jetzt nur noch 1 % vom BIP ist aus dem Haushalt zu finanzieren) mehr als ausreichende Mittel zur Verfügung, um den berechtigten Forderungen der Gewerkschaften nachzukommen, ohne irgendwelche Rituale. Muss denn wirklich noch mehr gestreikt werden? Ich meine nicht.