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Schwangerschaftsabbruch: SPD will Paragrafen 218 streichen

Die SPD-Bundestagsfraktion will Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren. In einem Positionspapier stellen Abgeordnete eine Neuregelung vor, die weiterhin bestimmte gesetzliche Voraussetzungen vorsieht. 

von Vera Rosigkeit · 26. Juni 2024
Aktivistinnen streichen symbolisch die Schrift ¶ 218

Schon lange setzen sich Frauen in Deutschland dafür ein, den §218 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Auch die SPD im Bundestag fordert nun in einem Positionspapier, Schwangerschaftsabbrüche zu entkriminalisieren.

Im Koalitionsvertrag haben sich die Ampel-Parteien darauf verständigt, das Selbstbestimmungsrecht von Frauen zu stärken. Die Abschaffung des Paragrafen 218 wurde dort zwar nicht festgeschrieben, allerdings sollte eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin Vorschläge dafür erarbeiten, wie Schwangerschaftsabbrüche legal werden können. Die Expert*innen aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Soziologie, Gesundheitswissenschaften, Ethik und Rechtswissenschaften legten ihren Bericht im April vor. Darauf aufbauend hat sich nun die SPD „als erste Fraktion im Bundestag“ klar positioniert, sagte die frauenpolitische Sprecherin Leni Breymaier am Dienstag nach dem Beschluss des Positionspapiers „Selbstbestimmungsrecht von Frauen stärken – Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren" in Berlin. Für sie sei das Papier „eine gute Grundlage, auf die Kolleginnen und Kollegen der weiteren Ampelfraktionen zuzugehen."

Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch streichen 

Schwangerschaftsabbruch: Was gilt bislang?
In Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs (StGB) heißt es: „Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Damit zählt ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich als Straftat. Im Absatz 218a wird geregelt, unter welchen Bedingungen der Abbruch in Ausnahmefällen straffrei bleibt. Dazu muss eine Schwangere nachweisen, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen und dass seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind. Auch Abbrüche von Schwangerschaften aus medizinischen Gründen oder nach Vergewaltigungen sind erlaubt.

Wie argumentiert die SPD rechtlich?
In ihrem Positionspapier greifen die SPD-Abgeordnete die Argumentation der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission auf. Diese hatte festgestellt, dass es verfassungswidrig sei, Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich als rechtswidrig zu definieren. Der Gesetzgeber solle eine Neuregelung finden, die Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert. „Deshalb wollen wir den Paragrafen 218 StGB in seiner jetzigen Form streichen und klare Voraussetzungen für einen selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch jenseits des Strafrechts regeln“, erklärt Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin der Fraktion.

Gesetzliche Voraussetzungen  bleiben

Wie will die SPD das ungeborene Leben trotzdem schützen?
Für Leni Breymaier steht fest, dass das ungeborene Leben nicht durch eine Strafandrohung der Frauen geschützt wird. Vielmehr könne man die Entscheidung für eine Schwangerschaft erleichtern, indem ungewollt Schwangere mit bezahlbarem Wohnraum oder einer verlässlichen Kinderbetreuung unterstüzt werden - oder durch die Abschaffung des Ehegattensplittings. „Ungeborenes Leben schützen wir nicht durch Strafandrohungen, sondern durch gute Rahmenbedingungen für Eltern und Kinder“, erklärt sie. 

Welche gesetzlichen Voraussetzungen nennt die SPD?
Laut Positionspapier sollen Schwangerschaftsabbrüche weiterhin bis zu einer gesetzlich zu bestimmenden Frist legalisiert sein. Eine konkrete Frist nennt das Papier aber nicht. „Wir sprechen uns für eine Frist aus, die an der Überlebensfähigkeit des Fötus außerhalb des Uterus mit ausreichend zeitlichem Abstand anknüpft", heißt es da. Besteht eine Überlebenschance, solle der Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich verboten sein – aus medizinischer Sicht ist das frühestens ab der 23. Schwangerschaftswoche der Fall.

Freiwillige Beratung statt Pflicht

Was ist mit der Schwangerschaftskonfliktberatung?
Die SPD setzt weiterhin auf Beratung, allerdings soll es anstatt einer Pflicht einen Rechtsanspruch auf Beratung rund um Schwangerschaft und Schwangerschaftskonflikt geben. Ungewollt schwangere Frauen sollen verlässliche Informationen und die „Gelegenheit zur Reflektion unabhängig von äußerem Druck erhalten“. Bestandteile der Beratung sollen unter anderem „staatliche Unterstützungsleistungen, vertrauliche Geburten und Familienplanung sein“. 

Was sind weitere Forderungen der SPD?
Schwangerschaftsabbrüche sollen künftig kostendeckend durch die Krankenkassen finanziert und damit Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen werden.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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