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Scholz' Showdown: So läuft die Vertrauensfrage ab – und das sind die Folgen

Olaf Scholz hat den Antrag auf die Vertrauensfrage gestellt. Am Montag entscheidet der Bundestag darüber. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Sache ausgeht – mit unterschiedlichen Folgen.

von Lea Hensen · 12. Dezember 2024
Showdown im Bundestag: In namentlicher Abstimmung werden die Abgeordneten über die Vertrauensfrage von Olaf Scholz entscheiden.

Showdown im Bundestag: In namentlicher Abstimmung werden die Abgeordneten über die Vertrauensfrage von Olaf Scholz entscheiden.

Mit dem Vertrauen ist das so eine Sache. Man braucht es eigentlich in jeder Art von Beziehung, aber frühzeitig darüber sprechen fällt trotzdem schwer. Olaf Scholz jedenfalls, eigentlich kein Mann öffentlicher Emotionen, war sichtlich angefasst, als er am späten Abend des 6. November vor die Kameras trat, um die politische Beziehung zu seinem Finanzminister zu beenden: „Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen“, sagte er über FDP-Chef Christian Lindner. Das Ampel-Aus war damit besiegelt.

Ein Schritt, der nicht ohne Risiken ist

Am 16. Dezember nun kommt es im Bundestag zur finalen Entscheidung: Der Bundeskanzler stellt 733 Abgeordneten die Vertrauensfrage – auf Drängen der Opposition hin rund einen Monat früher als geplant. Ein Schritt, der nicht ohne Risiken ist. Aber Scholz stellt die Frage in der Erwartung, dass das Parlament ihm das Vertrauen verweigert. Denn SPD und Grüne haben nach dem Ausstieg der FDP keine Mehrheit mehr. Neuwahlen am 23. Februar, so die Hoffnung, sollen der SPD neue Stimmen bescheren und die Mehrheitsverhältnisse im Parlament zugunsten von Bundeskanzler Olaf Scholz verbessern. 

Die Vertrauensfrage ist für ihn der einzige Weg zu Neuwahlen. Die Verfassung gestattet es dem Bundestag nicht, sich selbst aufzulösen, auch der Bundespräsident kann das nicht – das sind Lehren aus der Weimarer Republik, als der Reichspräsident dem Nationalsozialismus den Weg ebnete. Das Parlament kann den Kanzler nur entlassen, indem es ihm ein konstruktives Misstrauensvotum ausspricht – dazu müsste sich die Mehrheit der Abgeordneten aber auf einen neuen Kanzler einigen. Für den Kanzlerkandidaten der Union Friedrich Merz reichen die Stimmen nur seiner Fraktion bei Weitem nicht aus. 

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Vertrauensfrage ausgeht

Wie genau es zu Neuwahlen kommt, ist im Grundgesetz geregelt: Mindestens 48 Stunden vor der Abstimmung stellt Scholz einen Antrag. Die Abstimmung im Bundestag kann er an eine Sachfrage knüpfen – so wie Gerhard Schröder (SPD) 2001 mit der Abstimmung über den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan. Dann gibt es zwei Möglichkeiten.

Erstens: Scholz bekommt, wie gewünscht, keine Mehrheit. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dann maximal 21 Tage Zeit, den Bundestag aufzulösen. Artikel 39 Absatz 1 Satz 4 gibt vor, dass die Neuwahl innerhalb von 60 Tagen nach Auflösung des Bundestages stattfinden muss. Die Fraktionen haben sich vorab auf den 23. Februar geeinigt. Bis sich ein neuer Bundestag konstituiert hat, regiert Rot-Grün mit einer Minderheitsregierung und braucht für jedes Gesetzesvorhaben Stimmen aus der Opposition. Der Bundestag ist weiterhin beschlussfähig. Auch wenn Rot-Grün keinen Haushalt für 2025 aufgestellt hat, werden beschlossene Projekte finanziert. 

Zweitens: Scholz könnte die Vertrauensfrage gewinnen. Dazu müssten zusätzlich zur rot-grünen Koalition 42 Abgeordnete für ihn stimmen. Aus den Reihen der AfD wurde so eine Absicht geäußert,– aus rein taktischen Gründen, um Chaos zu stiften. Um das zu umgehen, könnten sich Sozialdemokraten in der Abstimmung enthalten. So haben sie 1972 bei Willy Brandt und 2005 Gerhard Schröder den Weg zu Neuwahlen geebnet. 

Würde Scholz gegen seinen Willen die Vertrauensfrage gewinnen, müsste er sie wohl ein zweites Mal stellen – schließlich will er ja Neuwahlen herbeiführen. Dass ein Kanzler die Vertrauensfrage in der Absicht stellt, sie zu verlieren, war in der Vergangenheit nicht unumstritten.

Autor*in
Lea Hensen
Lea Hensen

ist Redakteurin des „vorwärts“.

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8 Kommentare

Gespeichert von Bernhard Selbert (nicht überprüft) am Do., 12.12.2024 - 11:32

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Kein Kommentar - aber eine Frage: Wenn Scholz das Vertrauen ausgesprochen würde, könnte dann sein Rücktritt ein anderer Weg zum Ziel Neuwahl sein ?

Gespeichert von Kai Doering am Do., 12.12.2024 - 14:54

Antwort auf von Bernhard Selbert (nicht überprüft)

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Leider nein. Wenn der Kanzler zurücktritt, bleibt der Bundestag bestehen. Verliert er dagegen die Vertrauensfrage, kann er dem Bundespräsidenten die Auflösung des Bundestags und eine Neuwahl vorschlagen.

Gespeichert von Dr. Helga Otto (nicht überprüft) am Do., 12.12.2024 - 11:38

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Die Linke in Deutschland und ganz Europa sollte sich die Frage stellen, ob sie nicht eine Pflicht zur Zusammenarbeit der Linken haben, um den äußerst gefährlichen Weg der Rechten zu blockieren. Ich war im Krieg in Auschwitz, bin geflüchtet, war mit meiner Familie1946 nach Russland deportiert (Operation Osawjachim), habe als Erwachsene Auschwitz besucht und das Grauen verfolgt mich in den Nächten bis heute. Ich möchte das den folgenden Generationen ersparen. Olaf hat die Kriegsgefahr für Europa erkannt und richtig gehandelt. Er ist nicht laut, aber weise. Wählt ihn zum nächsten Kanzler der Bundesrepublik, unbedingt. Verzettelt euere Kraft nicht im Kleikrieg.

Gespeichert von Dr. Helga Otto (nicht überprüft) am Do., 12.12.2024 - 11:38

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Die Linke in Deutschland und ganz Europa sollte sich die Frage stellen, ob sie nicht eine Pflicht zur Zusammenarbeit der Linken haben, um den äußerst gefährlichen Weg der Rechten zu blockieren. Ich war im Krieg in Auschwitz, bin geflüchtet, war mit meiner Familie1946 nach Russland deportiert (Operation Osawjachim), habe als Erwachsene Auschwitz besucht und das Grauen verfolgt mich in den Nächten bis heute. Ich möchte das den folgenden Generationen ersparen. Olaf hat die Kriegsgefahr für Europa erkannt und richtig gehandelt. Er ist nicht laut, aber weise. Wählt ihn zum nächsten Kanzler der Bundesrepublik, unbedingt. Verzettelt euere Kraft nicht im Kleikrieg.

Gespeichert von Roland Geczincki (nicht überprüft) am Do., 12.12.2024 - 17:36

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Die Koalition mit der FDP war ein Fehler. Die FDP ist und war verantwortunglos (siehe Schmidt 1982, Merkel 2009-2013, AKK Saarland). Willy Brandt stand für einen Aufbruch (mehr Demokratie wagen). Welches Angebot macht Scholz? Mirsch huldigt Schröder! Schröder hat jeden Schurken dieser Welt umarmt und steht hinter Putins Politik. Steht das „S“ in der SPD für „Schröder“ (Gasspeicher Putin verkauft)? Mit Scholz ist das Verhältnis zu Frankreich zerrüttet worden. Ein weiser Kanzler hätte sich auf Trump vorbereiten müssen. Die Kriegsgefahr gebannt? Zwar hat Scholz die Zeitenwende angekündigt, dennoch hat er keine notwendigen Vorkehrungen getroffen. Deutschland wird von Putin und Trump erpresst. Merz verhindern, ist zu wenig. Merz will Deutschland zugunsten konservativer Hartliner verändern (z.b.öffentlich rechtlichen Rundfunk kontrollieren – siehe Aussagen bei Lanz). Was will die SPD? Wer würde für Scholz auf die Straße gehen?

Gespeichert von George Wolff (nicht überprüft) am Do., 12.12.2024 - 22:41

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Also, dann muß unser Bundeskanzler besser die Vertrauensfrage verlieren. Ich wünsche dazu alles alles Gute, lieber rot, rot, grün - als ein vorprogrammiertes Chaos! Ich bin seit 36 Jahren SPD-Mitglied und stehe voll hinter Olaf Scholz, stehe auch in der Öffentlichkeit zu meiner Gesinnung, bin Schriftführer in einem Ortsverein und im Kreisvorstand Delegierter.

Gespeichert von Jann Franken (nicht überprüft) am So., 15.12.2024 - 16:36

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Jetzt- spätestens- müsste auch dem/r letzten politisch Denkenden klar sein, das es nur über "das Stellen der Vertrauensfrage" zu einer demokratischen Willensbildung durch Neuwahlen kommen muss.
Damit hat der "Souverän" -die Wählerinnen und Wähler Deutschlands" das "Heft in der Hand" und nur dadurch ist die politisch Ausrichtung mit der Fortsetzung der Demokratie sichergestellt.