Rücktritt von Stephan Weil: Wie es jetzt in Niedersachsen weitergeht
Nach langer Spekulation steht nun fest: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zieht sich aus der Landespolitik zurück. Der 66-Jährige freut sich auf seinen Ruhestand – und hofft auf seinen ehemaligen Konkurrenten als Nachfolger.
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Nach 12 Jahren im Amt wird sich Stephan Weil nun aus der Landespolitik zurückziehen.
„Es ist Zeit, kürzer zu treten“ – mit diesen Worten richtete sich Stephan Weil am Nachmittag des 1. April in Hannover an die Öffentlichkeit. Er wolle sich „aus der ersten Reihe der Landespolitik zurückziehen“, also seine Ämter als Vorsitzender der SPD Niedersachsen sowie als Ministerpräsident des Landes ablegen. Die entsprechenden Parteigremien seien bereits informiert, so Weil.
Der Rücktrittsankündigung des Niedersachsen gingen monatelange Spekulationen voraus. Weil hatte einen Rücktritt vor dem Ende der aktuellen Legislaturperiode jedoch immer wieder ausgeschlossen. Dass er sich nun anders entschieden hat, begründete er vor allem mit „persönlichen Motiven“. „Ich bin 66 Jahre alt, und das merke ich auch“, so Weil. Die hohe Belastung im Amt des Ministerpräsidenten mache ihm immer mehr zu schaffen – insbesondere der Bundestagswahlkampf zu Beginn des Jahres sei „besonders kraftraubend“, und damit letztlich ausschlaggebend für seine Entscheidung gewesen, erklärte Weil.
Zügiger Machtwechsel geplant
Nun wird es in Niedersachsen wohl Schlag auf Schlag gehen: Bis zur Sommerpause werde Weil sicher noch Landtagsabgeordneter bleiben, erklärte er, am 16. Mai werde jedoch ein außerordentlicher Parteitag in Hannover stattfinden, am 20. Mai wolle er im Landtag seinen Rücktritt erklären und am 24. Mai, beim ordentlichen Landesparteitag der SPD Niedersachsen, solle dann sein Nachfolger für den Parteivorsitz bestimmt werden.
Wer das werden soll? Davon hat Weil bereits eine klare Vorstellung: Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies. „Sie erinnern sich, wir sind als Konkurrenten gestartet“, erinnert sich Weil – tatsächlich bewarben sich beide um das Amt des Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2013, Weil ging als Sieger hervor. Doch aus dieser Konkurrenz sei schnell eine Freundschaft entstanden.
Er schätze Lies sehr, sagte Weil, und bezeichnete ihn als „charakterlich absolut integer und absolut loyal“. Auch Lies‘ Einsatz für Niedersachsen hob Stephan Weil lobend hervor, wie zuletzt beim Einstieg des Landes in die Meyer Werft im vergangenen Jahr und der Rettung der damit verbundenen Arbeitsplätze.
Rot-Grün soll bestehen – auch nach 2027
Doch damit Lies das politische Erbe von Weil antreten kann, muss er zunächst die niedersächsischen Genoss*innen und den Koalitionspartner, also die Grünen, von sich überzeugen. „Das sind keine Aufgaben, die selbstverständlich mal eben übernommen werden“, so Lies. Das Vertrauen der verschiedenen Landtagsfraktionen sei ihm wichtig, insbesondere der Grünen.
Sollte er Ministerpräsident werden, wolle er die rot-grüne Koalition fortführen – wenn möglich auch nach der Landtagswahl im Jahr 2027. Niedersachsen stehe vor großen Herausforderungen, doch das vom Bund beschlossene Investitionspaket des Bundes ermögliche es auch, Projekte umzusetzen, „die den Menschen vor Ort zeigen, dass Politik handlungsfähig ist“.
Stephan Weil: „Ich bin mit mir sehr im Reinen.“
Ein Abschied nach mehr als zehn Jahren bleibt jedoch selten ohne Wehmut, auch nicht für Lies. Er habe viel von Weil gelernt. Mit dem gebürtigen Hamburger verliere Niedersachsen zudem „einen Landesvater“ und jemanden, bei dem „die Leute wussten, worauf sie sich verlassen konnten“.
Auch Weil selbst sagte klar: „Ich gehe nicht ohne Wehmut“. Doch ein möglicher Nachfolger Lies stimme ihn optimistisch. Die aktuellen Herausforderungen erforderten einen „längeren Atem“ als er selbst ihn habe. Indem Olaf Lies seine Ämter jetzt schon übernehme, könne Verlässlichkeit über das Jahr 2027, in dem sich Weil sowieso aus der Politik zurückziehen wollte, hinaus geschaffen werde. Mit dem neun Jahre jüngeren Lies wolle er zudem seinen Beitrag zum vom SPD-Co-Chef Lars Klingbeil angekündigten „Generationenwechsel“ leisten.
Weil freue sich auf weniger Druck, weniger Fremdbestimmung und im Gegenzug auf mehr Zeit für Familie und Privates. Selber über seinen Ausstieg aus der Politik entscheiden zu können, sei ihm wichtig: „Ein gutes Gefühl, wenn man gehen kann, ohne dass ein kollektiver Seufzer der Erleichterung zu hören ist“. Auch wenn vieles über das genaue Wann und das Wie seines Ausstiegs noch nicht klar sei: „Ich bin mit mir sehr im Reinen“, betonte Weil.
Schade, dass die Zeit vergeht ...
... Herr Weil war immer einer meiner Lieblingspolitiker, sympathisch, selbstlos, aufrecht, sachlich, lösungsorientiert und kompromissfähig, praktisch und nahbar. So wie man sich einen Ministerpräsidenten wünscht.
Auch wenn ich in einem anderen Bundesland lebe, danke ich Herrn Weil für seine prima Arbeit und wünsche ihm ein angenehmes Übergleiten in den Ruhestand mit der dazu benötigten Gesundheit. Wir sind ungefähr im gleichen Alter und ich kann gut verstehen, das ein 12-16 Stundentag 6 Tage die Woche dann kaum noch geht. Mir ging es mit 8-9 Stunden schon so - Rente ist prima. Man wird einfach alt, die Lebenszeit läuft immer schneller ab und man hat vielleicht noch ein paar Dinge im Leben vor, die nichts mit dem Beruf zu tun haben. Wobei ich den Beruf bei Herrn Weil immer als Berufung beobachtet habe. Ein toller Politiker an dem sich so manch einer ein Beispiel nehmen sollte!