Inland

BSW stimmt mit AfD: SPD unterbricht Sondierungsgespräche in Sachsen

Unerwarteter Rückschlag bei der Regierungsbildung in Sachsen: Die SPD hat die Sondierungsgespräche mit dem BSW unterbrochen. Der Grund: Im Landtag hat die Wagenknecht-Partei einen Antrag der rechtsextremen AfD unterstützt.

von Nils Michaelis · 25. Oktober 2024
Sondierungsgespräche in Sachsen

Ihre Parteien loten ein Brombeerbündnis im Freistaat aus: Henning Homann, Co-Vorsitzender der SPD, Jörg Scheibe, Co-Landeschef des BSW, Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), Sabine Zimmermann, Co-Vorsitzende des BSW und Medienwissenschaftler Marcel Machill (BSW).

Thüringens BSW-Chefin Katja Wolf und weitere führende Vertreter*innen ihrer Partei haben erklärt, man werde parlamentarischen Initiativen der AfD zustimmen, wenn sie in der Sache Sinn ergeben würden. Andere Parteien haben das BSW für diese Haltung gegenüber der AfD kritisiert. Welche Turbulenzen der von Wolf beschriebene Kurs des BSW auslösen kann, zeigt sich jetzt bei der Bildung einer möglichen neuen Koalition in Sachsen.

Die sächsische SPD hat die laufenden Sondierungsgespräche für eine Regierung mit CDU und BSW vorerst unterbrochen. Als Grund wurde genannt, dass das BSW heute gemeinsam mit der AfD im Landtag für einen Corona-Untersuchungsausschuss gestimmt hatte. Nur vier Abgeordnete des BSW hätten sich enthalten, hieß es. 

SPD sieht Vertrauensverlust

„Nach dem heutigen Plenum besteht interner Klärungsbedarf“, teilte ein Sprecher des SPD-Landesverbandes mit. „Deswegen gibt es heute keine Verhandlungen.“ Die BSW-Fraktion habe den Eindruck vermittelt, dass sie den Antrag der AfD auch inhaltlich unterstützt, so die Vorsitzenden der SPD Sachsen, Kathrin Michel und Henning Homann, in einer gemeinsamen Erklärung. „Durch ihr Abstimmungsverhalten hat die BSW-Fraktion damit einem Tribunal zugestimmt. Das ist für uns nicht hinnehmbar.“

„Wie soll eine vertrauensvolle Atmosphäre bei Koalitionsverhandlungen entstehen, wenn das BSW den Ministerpräsidenten Kretschmer und die Sozialministerin Köpping so anprangern und anklagen will?“, schrieb der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig zuvor auf der Plattform X. Seine bestehenden Zweifel an der Redlichkeit des BSW würden größer. Dulig gehört zur Verhandlungsgruppe der SPD bei den Sondierungsgesprächen. 

Nach der Landtagswahl am 1. September hatten sich die CDU von Ministerpräsident Michael Kretschmer, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und die SPD in Sachsen auf Sondierungsgespräche geeinigt.

„Schwere Hypothek für angestrebte Brombeer-Koalition“

Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Valentin Lippmann, sprach von einer „schweren Hypothek für die angestrebte Brombeer-Koalition“. Anstatt CDU und SPD bei ihrem Antrag für eine Enquete-Kommission zu unterstützen, stimme das BSW gemeinsam mit der AfD. „Eine verlässliche Zusammenarbeit sieht anders aus.“

Der BSW-Abgeordnete Ingolf Huhn verteidigte das Vorgehen seiner Fraktion. „Dass das Regierungshandeln in der Corona-Krise untersucht werden muss, ist völlig klar“, sagte er laut einem Medienbericht. Dafür sei ein Untersuchungsausschuss das gebotene Mittel. Eine von SPD und CDU beantragte Enquete-Kommission bezeichnete er als „Wohlfühlveranstaltung“.

Hingegen sehen CDU und SPD in einem Untersuchungsausschuss nicht das richtige Instrument für die Aufarbeitung. „Während die AfD primär auf Dramatisierung und Skandalisierung abzielt, streben wir eine fundierte Klärung und einen echten Erkenntnisgewinn an“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Sören Voigt.

SPD kritisiert Untersuchungsausschuss

„Mitglieder eines Untersuchungsausschusses können nur Landtagsabgeordnete sein, keine externen Sachverständigen“, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Laura Stellbrink. Zudem sei man auf die Untersuchung vergangenen Regierungshandelns und auf eine Fehlerkontrolle beschränkt.

Die AfD-Fraktion hätte den Untersuchungsausschuss auch ohne Unterstützung des BSW auf den Weg bringen können. Notwendig waren mindestens 24 Stimmen, also ein Fünftel der insgesamt 120 Abgeordneten. Die AfD verfügt über 40 Mandate im Landtag. Das BSW ist mit 15 Abgeordneten vertreten und kann daher aus eigener Kraft keinen Ausschuss einsetzen.

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