Parteileben

Martin Dulig: Wie sich die SPD jetzt verändern muss

Sachsens SPD-Chef Martin Dulig macht Vorschläge zur Erneuerung der Partei: Er fordert einen Abschied vom Begriff der Volkspartei und vom guten alten Ortsverein. Stattdessen müsse sich die SPD öffnen für neue Menschen und neue Beteiligungsformen. Vor allem müsse sie wieder lernen, zu dienen und sich selbst zu mögen.
von Lars Haferkamp · 11. Juni 2019
Martin Dulig setzt auf Erneuerung: „Die Türen weit aufreißen und all die einlassen, die reden, streiten, etwas bewegen und sich engagieren wollen“.
Martin Dulig setzt auf Erneuerung: „Die Türen weit aufreißen und all die einlassen, die reden, streiten, etwas bewegen und sich engagieren wollen“.

Sachsen ist die Wiege der deutschen Sozialdemokratie. 1863 wurde sie hier mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) von Ferdinand Lassalle gegründet. Sachsen war jahrzehntelang Hochburg der SPD. Kommt nun auch der Geist der Erneuerung aus Sachsen?

Gesellschaftspartei statt Volkspartei

Auf jeden Fall macht Sachsens SPD-Chef und stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig in einem 10-Thesen-Papier Vorschläge für eine tiefgreifende Erneuerung der Partei. In seiner „Moritzburger Erklärung“ fordert er, vom Begriff der Volkspartei Abschied zu nehmen. „In einer Gesellschaft, die sich seit Jahrzehnten immer stärker ausdifferenziert“ sei er „ein Sinn entleertes Etikett, von dem sich der Wähler nicht mehr beeindrucken lässt“. Stattdessen solle sich die SPD zu einer „Gesellschaftspartei“ entwickeln, die „auf die zentralen Zukunftsfragen unserer Gesellschaft überzeugende Antworten, statt lauer Kompromisse“ findet.

Deutliche Kritik übt Dulig an der bisherigen innerparteilichen Streitkultur der SPD. „Was uns lähmt, sind die endlosen pseudo-ideologischen Debatten und Flügelkämpfe, welchem politischen Lager wir uns gerade zugehörig fühlen.“ Statt darüber zu streiten, ob man etwas mehr nach links oder in die Mitte müsse, solle der Standort der SPD dort sein, wo sie gebraucht werde: „An der Seite der weniger Starken, der Fleißigen und Anständigen in diesem Land.“

Schluss mit der Hinterzimmer-Politik

Sachsens SPD-Chef fordert ein Ende der Hinterzimmer-Politik. Die SPD müsse „stattdessen die Türen weit aufreißen und all die einlassen, die reden, streiten, etwas bewegen und sich engagieren wollen“. Den klassischen Ortsverein hält Dulig für „so nicht mehr überlebensfähig“. Es gelte „neue digitale Plattformen“ zur Beteiligung anzubieten und dadurch die SPD „transparenter und basisdemokratischer aufzustellen“.

Dass die Sozialdemokratie auch junge Menschen erreichen könne, habe die Eintrittswelle vor zwei Jahren zu Beginn der Kanzlerkandidatur von Martin Schulz gezeigt. Um diese Menschen nicht zu enttäuschen und ihnen die „Ochsentour“ durch die Parteiinstanzen zu ersparen, sei eine Jugendquote in der SPD nötig.

Auf die Menschen zu gehen

Dulig will die bisher von der SPD enttäuschten Menschen zurückholen. Die Partei müsse sich fragen, ob sie diesen Bürgern wirklich zugehört habe. Seine Konsequenz: „Diese Menschen kommen nicht mehr von sich aus zu uns. Wir müssen wieder zu ihnen gehen. Auch um den Preis, Abbitte leisten zu müssen.“

Klagen der SPD, ihre Regierungsleistungen würden nicht ausreichend gewürdigt, will Martin Dulig nicht mehr hören. Wenn man die SPD zu wenig wertschätze, liege dies daran, dass sie zu wenig hörbar oder verständlich sei. „Die Lehre daraus muss sein, dass wir besser kommunizieren und uns klar und eindeutig von unseren Mitbewerbern unterscheiden.“

Es geht nicht um Posten

Die SPD müsse „sich zuallererst als Diener für das Gemeinwohl verstehen“, fordert Dulig. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass es der Partei „letztendlich nur um Posten und persönliche Eitelkeiten“ gehe.

Im Umgang mit technologischen und gesellschaftlichen Umwälzungen plädiert Sachsens SPD-Chef, der auch Wirtschaftsminister im Freistaat ist, für eine positivere Herangehensweise. Statt nur über Fehlentwicklungen zu lamentieren, gelte es, auch Stärken zu erkennen und Erfolge zu loben.

Die Herzen gewinnen

Schließlich macht Dulig klar: Die Sozialdemokraten würden nicht zuletzt am Umgang untereinander gemessen. „Nur wer selbst Solidarität vorlebt, kann glaubwürdig für eine solidarische Gesellschaft kämpfen.“ Nur wer leidenschaftlich sei, könne Leidenschaft bei anderen wecken. Die SPD müsse wieder lernen, sich selbst zu mögen. Dulig ist überzeugt: „Nur, wer sich selbst mag, vermag auch die Herzen anderer zu gewinnen.“

 

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