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Kurz vor der Wahl: So führte Kanzler Scholz CDU-Chef Merz im TV-Duell vor

Olaf Scholz lieferte im finalen TV-Duell einen starken Auftritt. Der Kanzler brachte CDU-Chef Friedrich Merz immer wieder in die Defensive. Und überraschte mit einem Liebesbekenntnis.

von Lars Haferkamp · 19. Februar 2025
Das finale Kanzlerduell auf Welt-TV: Bundeskanzler Olaf Scholz (l.) und CDU-Herausforderer Friedrich Merz am 19. Februar 2025 im Fernsehstudio in Berlin

Das finale Kanzlerduell auf Welt-TV: Bundeskanzler Olaf Scholz (l.) und CDU-Herausforderer Friedrich Merz am 19. Februar 2025 im Fernsehstudio in Berlin

Der Countdown läuft: nur noch vier Tage bis zur Bundestagswahl am 23. Februar. Nach aktuellen Umfragen weiß bis zu einem Drittel der Wahlberechtigten noch nicht, wen sie wählen. Laut Meinungsforschungsinstitut YouGov wollen sieben Prozent erst am Wahltag entscheiden, wo sie ihr Kreuz machen. 13 Prozent aber wollen ihre Wahlentscheidung in den kommenden Tagen treffen. 63 Prozent nutzen dabei die klassischen Medien – also Fernsehen, Radio und Zeitungen – um sich zu formieren. 

Damit war das finale Duell vor der Wahl zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und Unionskandidat Friedrich Merz am Mittwochabend um 20.15 Uhr auf „Welt-TV“ eine der letzten großen Gelegenheiten, Wähler*innen zu überzeugen und zu mobilisieren. 

Scholz will in nächster Regierung stärker führen

Und dabei überrascht Olaf Scholz gleich am Anfang der Sendung aus Berlin. Die Frage, ob es ihm schwer falle, Fehler zuzugeben, beantwortet er mit einem klaren Nein. Und tritt dann gleich den Beweis an. Den Vorwurf mangelnder Führung in der Ampel-Koalition hat er sich nämlich zu Herzen genommen: „Ich habe für mich die Konsequenz gezogen, dass ich nicht mehr in der Zukunft warten werde, bis ein Konsens da ist.“ Wenn es in der Koalition nicht vorangehe, werde er tun, „was man eigentlich als Mannschaftskapitän nicht macht“, nämlich auch mal „einen Kommentar abgeben“ über die Performance der Spieler.

Und dann folgt gleich eine zweite Überraschung. Olaf Scholz gibt einen der für ihn so seltenen Einblicke in sein Privatleben. „Ich hatte ein sehr glückliches Leben“, sagt er auf die Frage nach „Schicksalsschlägen“, die es bei ihm so nicht gegeben habe. Sein privates Leben empfinde er als sehr gelungen, auch „was die Liebe betrifft“. Das sei schon etwas Besonderes, so Scholz lächelnd, „dass ich Glück in der Liebe habe“. Scholz ist seit 1998 mit der SPD-Politikerin Britta Ernst verheiratet.

Heftiger Schlagabtausch um Zusammenarbeit mit der AfD

Als es aber dann um Politik geht, wird der Kanzler kämpferisch. Denn bei dieser Bundestagswahl gehe es auch um die Frage der Zusammenarbeit mit der extremen Rechten. Es sei immer ein Tabu gewesen, „dass mit denen nicht zusammengearbeitet wird“. So habe es auch Merz noch Ende vergangenen Jahres gesagt. Dass es im Januar dann dennoch zwei gemeinsame Abstimmungen von Union und AfD im Bundestag gegeben habe, das habe bei vielen Fragen hinterlassen. Deshalb sei für Scholz ganz klar: „Die SPD muss so stark werden, dass verhindert werden kann, dass eine Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD in irgendeiner Form stattfindet.“

Das sitzt. Merz wirkt getroffen. Und echauffiert sich: „Sie wissen ganz genau, dass wir mit der AfD nicht zusammenarbeiten“, versucht der CDU-Chef zu kontern. „Wir haben mit ihr nie zusammengearbeitet“, beteuert er, trotz der gemeinsamen Abstimmungen im Bundestag, die nicht zuletzt Angela Merkel deutlich kritisiert hatte.

Kanzler: Statt Konkretem „nur heiße Luft“ bei der Union

Doch Scholz lässt nicht locker: Zusammenarbeit sei auch, wenn man sich von der AfD zum Kanzler wählen lasse. Das habe Merz bisher nicht klar ausgeschlossen. „Also, Herr Scholz!“, empört sich der CDU-Chef. „Jetzt ist es aber langsam wirklich gut!“ Doch der Kanzler bleibt am Ball: „Sagen Sie es doch: Sie lassen sich von der AfD nicht zum Kanzler wählen.“ Wieder antwortet Merz nicht klar und direkt. „Wir werden mit denen nicht zusammenarbeiten“, wiederholt er ein weiteres mal. Es werde auch keine Minderheitsregierung mit der AfD geben. „Wir lassen uns nicht wählen.“ Er möchte eine stabile Mehrheit im Bundestag.

Auch beim Thema Bürgergeld gelingt es Scholz, Merz in die Defensive zu bringen. Dieser möchte nämlich den Namen des Bürgergeldes ändern in Grundsicherung. Der bisherige Begriff sei „irreführend“. Scholz nutzt die Vorlage: Dass die Union Namen ändern wolle, aber keine konkreten Reformvorschläge mache, „zeigt, dass dahinter nur heiße Luft ist, dass sie überhaupt keinen Vorschlag haben“. Das scheint der Moderator auch so zu sehen und fragt Merz noch einmal, was er außer dem Namen noch ändern wolle. Wieder bleibt der CDU-Chef eine konkrete Antwort schuldig.

Merz schließt Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht aus

Dieser Unterschied zwischen dem konkreten Scholz und dem ausweichenden Merz wird auch deutlich, als beide gefragt werden, wie sie die lahmende Wirtschaft wieder in Schwung bringen wollen. Kanzler Scholz wird konkret: Er nennt den Made-in-Germany-Bonus für Unternehmen, die in Deutschland investieren, mehr Investitionen in die Infrastruktur durch den Deutschland-Fonds und eine kluge Reform der Schuldenbremse. Merz hingegen bleibt erneut vage, spricht allgemein von niedrigeren Steuern für Unternehmen und weniger Bürokratie, ohne konkret zu werden.

Doch so einfach wollen ihn die Moderator*innen diesmal nicht davonkommen lassen. „Können Sie garantieren, dass Sie die Mehrwertsteuer nicht erhöhen werden, wenn Sie Kanzler sind?“, lautet die Frage an Merz. „Ich möchte die Mehrwertsteuer nicht erhöhen“, antwortet er. „Sie möchten nicht oder Sie werden nicht“, wird nachgefragt. „Ich möchte sie nicht erhöhen“, wiederholt der CDU-Chef. „Das heißt, Sie schließen es nicht aus?“ Wieder weicht Merz aus statt zu antworten. 

Scholz an Merz: „Sie sind nicht so faktensicher“

Ganz anders Olaf Scholz. „Wenn Sie Bundeskanzler blieben, können Sie ausschließen, dass die Mehrwertsteuer erhöht wird“, wird er gefragt. „Ja“, antwortet der Kanzler ohne Umschweife. „Ich finde, da muss man ganz klar sein.“ Schließlich kommentiert Scholz das wiederholte Ausweichen von Merz in Sachfragen mit einem süffisanten Lächeln und spricht den CDU-Chef direkt an: „Sie sind nicht so faktensicher – wie sämtliche Diskussionen, die wir miteinander im Fernsehen hatten, für alle sichtbar gemacht haben.“ Dazu fällt Friedrich Merz dann schließlich gar nichts mehr ein – und auch das ist „für alle sichtbar" an diesem Abend.

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Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Do., 20.02.2025 - 13:18

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Da war doch mal was - kann sich da keiner mehr dran erinnern.
Im Wahlkampf: CDU "% mehr; SPD Keine (also 0%) Erhöhung; raus kam dann 3% Mehrwertsteuererhöhung (so sieht Kompromiss aus).

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