Inland

Koalitionsausschuss: Union und SPD wollen mehr Geschlossenheit wagen

CDU/CSU und SPD wollen Deutschland gemeinsam zukunftsfit machen: Dieses Signal ging vom Koalitionsausschuss am Mittwochabend aus. Die vier Parteivorsitzenden skizzierten zentrale Vorhaben der Regierung. Auch die zuletzt heftig diskutierte Reform des Bürgergeldes kam zur Sprache. 

von Nils Michaelis · 3. September 2025
Bundeskanzler Friedrich Merz und Arbeitsministerin Bärbel Bas im Bundeskanzleramt.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Bärbel Bas, Bundesministerin für Arbeit und Soziales und Bundesvorsitzende der SPD, während der Pressekonferenz nach der ersten Sitzung des Koalitionsausschusses nach der Sommerpause im Bundeskanzleramt.

In den letzten Tagen konnte man den Eindruck haben, dass es in der schwarz-roten Koalition heftig rumort. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte erklärt, der Sozialstaat sei in der gegenwärtigen Form nicht mehr finanzierbar. Das Bürgergeld müsse dringend reformiert werden, forderte der CDU-Chef. Es gelte, fünf Milliarden Euro in diesem Bereich einzusparen. Bärbel Bas, die Bundesarbeitsministerin und SPD-Co-Parteivorsitzende, konterte Merz in aller Deutlichkeit und bezeichnete Forderungen nach Sozialkürzungen als „Bullshit“. 

Es ging dabei nicht nur um einen Streit zwischen zwei Parteivorsitzenden. Vor dem Hintergrund einer lahmenden Konjunktur, wachsenden Arbeitslosenzahlen und einer erwarteten Lücke von mehr als 30 Milliarden Euro im Bundeshaushalt für das Jahr 2027 fragten sich viele: Wie handlungsfähig ist diese Regierung? Droht ein lähmender Dauerkrach wie zu Zeiten der Ampel-Koalition?

Vier Parteivorsitzende betonen das Gemeinsame

Ganz anders war die Stimmung am Mittwochabend am Rande der ersten Sitzung des Koalitionsausschusses nach der parlamentarischen Sommerpause im Bundeskanzleramt. 45 Minuten nahmen sich die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD, um nach den ersten Sitzungsstunden während einer Pressekonferenz zu erklären, welche politischen Schwerpunkte die Bundesregierung in den kommenden Monaten setzen wird. Vor allem aber betonten sie, nach den jüngsten Turbulenzen nun wieder auf das Gemeinsame zu setzen.

„Wir sind uns einig, dass wir den Sozialstaat in Deutschland erhalten wollen“, sagte Merz. „Um das zu ermöglichen, muss er aber reformiert werden.“ Der Umbau des Bürgergeldes zu einer Grundsicherung sei im Koalitionsvertrag festgeschrieben worden. Eckpunkte hierfür und für weitere für Sozialreformen sollen bis zum Jahresende festgelegt werden. „Wir müssen sparen und die Zielgerichtetheit des Sozialstaates verbessern“, forderte der Kanzler und lobte das „gute Klima“ der Gespräche im Koalitionsausschuss: „Wir haben uns gemeinsam entschlossen, Deutschland voranzubringen.“ 

Um zwei deutsche Schlüsselindustrien besser aufzustellen, kündigte er einen Stahl- und Autogipfel an. Auch die gescheiterte Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Richterin am Bundesverfassungsgericht hatte den Koalitionsfrieden belastet. Merz gehe davon aus, dass sich die Fraktionen von CDU/CDU und SPD schnell auf eine gemeinsame Kandidatin einigen werden, erklärte er vor der Presse.

Friedrich Merz wendet sich an Bärbel Bas

Während Merz sprach, wandte er sich immer wieder an Bas, die rechts neben ihm saß. Auch die Sozialdemokratin betonte den Willen, die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfit zu machen. „Es geht nicht darum, den Sozialstaat zu schleifen, sondern auch für kommende Generationen zu sichern“, sagte sie. Erkenntnisse dazu, wie das gelingen kann, erhofft sie sich von der Sozialstaatskommission der Bundesregierung.  Klar sei aber: Die Konjunktur müsse angekurbelt und mehr Menschen in Arbeit gebracht werden. Da war Bas ganz bei Merz.

Versöhnliche Töne gab es auch von Markus Söder. „Wir sind zum Erfolg für unser Land verdammt“, so der CSU-Chef. „Wir sind handlungsfähig und handlungswillig.“ Söder hatte zuletzt ein „grundsätzliches Update des Sozialstaates“ gefordert. Dazu am Mittwochabend kein Wort. Der bayerische Ministerpräsident konzentrierte sich auf die Stärkung der Wirtschaft, besonders durch eine Absenkung der Energiekosten. Auch Söder betonte den konstruktiven Geist der Gespräche im Koalitionsausschuss, machte aber im Namen der Unionsvertreter*innen aber auch scherzhaft klar: „Wir werden keine Sozis werden.“ Auf die Koalition würden einige schwere Entscheidungen zukommen. 

Auch der Bundesfinanzminister bezeichnete bessere Wirtschaftsdaten und die Sicherung von Arbeitsplätzen als „absolute Top-Priorität“. Lars Klingbeil setzte hierbei auf die Effekte des Investitionsboosters und andere Vorhaben der Bundesregierung. Auch über die milliardenschwere Haushaltslücke im übernächsten Jahr habe man am Mittwoch gesprochen. Bei deren Schließung müsse es gerecht zugehen, erklärte der SPD-Co-Chef. „Alle vier Parteivorsitzenden wollen diesen Prozess gemeinsam begleiten“, betonte Klingbeil. Dann wurde der Koalitionsausschuss fortgesetzt.

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