Job Turbo: Wie Geflüchtete dem deutschen Arbeitsmarkt helfen
Hundertausende Geflüchtete machen sich fit für eine reguläre Arbeit in Deutschland. Sie stärken die Wirtschaft und werden Teil der Gesellschaft. Das hilft allen.
imago / Funke Foto Services
Ausbildung erfolgreich abgeschlossen: Die Geflüchteten Abdoulaye Diallo (l.) und Zakaria Salaoutchi sind seit einem Jahr Bäcker-Gesellen.
Mehr als 100.000 Geflüchtete aus der Ukraine haben in diesem Jahr Integrationssprachkurse abgeschlossen, rund 100.000 weitere werden dies in den kommenden Monaten tun. Hinzu kommen rund 200.000 Menschen aus anderen Herkunftsländern. Für Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ein Potenzial von 400.000 Menschen „für unseren Arbeitsmarkt“, sagt er. Um Geflüchtete schnell und möglichst nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren, kündigte der Minister im Oktober in einer Pressekonferenz mit einem sogenannten Job-Turbo Maßnahmen an, um „Integration zu beschleunigen“.
Fortschritt braucht Fachkräfte
Bereits im März hatte er gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser eine Reform der Fachkräfte-Zuwanderung auf den Weg gebracht. „Fortschritt braucht Fachkräfte“, so das zentrale Anliegen. Das Gesetz sieht drei Wege zur Fachkräfteeinwanderung vor, wonach etwa 75.000 Menschen aus dem außereuropäischen Ausland nach Deutschland kommen sollen, um Lücken auf dem Arbeitsmarkt zu schließen. Neben der qualifizierten Einwanderung in Deutschland brauche es laut Heil aber auch mehr Arbeitsmarktintegration von Menschen, die bereits hier seien und einen Schutzstatus hätten.
Da jedoch der Weg „von der Schulbank der Integrationskurse an den Arbeitsplatz kein Selbstläufer ist“, müssten viele Akteure ihren Beitrag leisten, Verfahren zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen beschleunigt und berufsbegleitende Sprachkurse angeboten werden sowie ausreichend Angebote zur Kinderbetreuung zur Verfügung stehen. Im Rahmen des Job-Turbos sollen beispielsweise Jobcenter und Geflüchtete künftig Kooperationspläne erstellen, um Potenziale zu erfassen oder auch Maßnahmen zu Anpassungsqualifikationen zu vereinbaren. Es gehe „um eine Perspektive echter Integration“, sagt Heil. „Wer in Deutschland arbeitet, wird Teil der Gesellschaft.“
Um diese „große Integrationsaufgabe zu schultern“ lud er im November Vertreter*innen aus Wirtschaft, Gewerkschaften, der Bundesagentur für Arbeit (BA) und aus kommunalen Spitzenverbänden zu einem Arbeitsmarktgipfel in sein Ministerium. In einer Erklärung bekräftigten sie, das Vorhaben der Bundesregierung zu unterstützen und Geflüchtete „passgenau und nachhaltig“ in Arbeit zu bringen.
Knapp 20 Prozent der Ukraine-Geflüchteten arbeiten
Dass Integration Teamplay braucht, besonders die Kooperation mit der Wirtschaft, zeigen die Geschichten von Tetiana Kononenko und Natalya Kryshen. Die zwei Frauen aus der Ukraine sind nach Orientierungs- und Sprachkursen, teils vom Jobcenter, aber auch vom Unternehmen Deutsche Bahn finanziert, nun als Elektromechanikerinnen angestellt.
Arbeitsminister Heil besuchte sie im November an ihrem neuen Arbeitsplatz in einem ICE-Betriebswerk im Berliner Stadtteil Rummelsburg. Sie hatten ebenso wie Anastasia Pupchenko kurz nach Kriegsausbruch ihre Heimat verlassen und über das Internet erfahren, dass die Deutsche Bahn Geflüchtete einstellt und Hilfestellung leistet. Pupchenko absolvierte nach ihrem ersten Sprachkurs eine Ausbildung an Bord der Züge als Stewardess. Im Dezember schloss sie eine weitere Ausbildung als Inkassoverantwortliche an, mit der sie sich zur Restaurantleiterin weiterentwickeln kann.
140.000 der nach Deutschland geflüchteten Ukrainer*innen habe man bereits in Arbeit gebracht, das sind knapp 19 Prozent. Für Heil ein Anfang, der ihm bei weitem nicht reiche. Er werde nicht müde, zu erklären, dass die Menschen nicht der Sozialleistungen wegen nach Deutschland gekommen seien, sondern vor Putins Angriffskrieg geflohen sind. Mit Blick auf die Haushaltsdebatte und um Kosten und Einsparungen erklärt er: „Die beste Einsparung im sozialen Bereich ist es, Menschen in Arbeit zu bringen.“ Soziale Transferleistungen würden so eingespart, gleichzeitig bringe Arbeit das Land voran.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.