„Arsch huh“: Wie ein Kölner Verein seit Jahrzehnten gegen rechts kämpft
Schon seit 1992 zeigt die Kölner Initiative „Arsch huh“ klare Haltung gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie. Zur Bundestagswahl im kommenden Jahr plant sie eine neue Kampagne.
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Ein klares Zeichen gegen rechts setzen auch die Kölner Karnevalisten auf einer Demonstration Ende Januar.
Wenn mit dä Arsch nit huhkrieje, ess et eines Daachs zo spät – „Wenn wir den Hintern nicht hochkriegen, ist es eines Tages zu spät.“ Diese auf Kölsch gesungene Textzeile scheint derzeit aktueller denn je zu sein. Sie stammt aus dem Lied „Arsch huh – Zäng ussenander“ der gleichnamigen Kölner Musikerinitiative, was auf Hochdeutsch so viel wie „Hintern hoch – Zähne auseinander“ bedeutet. Unter diesem Motto versammelten sich in der Domstadt erstmals im Jahr 1992 100.000 Menschen nach den Brandanschlägen von Mölln und Solingen, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren.
Manfred Post
Heute gibt es eine ganz andere Gefahrenlage.
Manfred Post war einer von ihnen. Als Rockbeauftragter der Stadt Köln war der Sozialdemokrat maßgeblich für die Organisation verantwortlich. Noch heute ist er ehrenamtlicher Geschäftsführer von „Arsch huh“, inzwischen ein eingetragener gemeinnütziger Verein. Als solcher hat er auch in diesen Tagen, gut 30 Jahre später, wieder zehntausende Menschen für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus auf die Straße gebracht. „Es hat mich sehr daran erinnert, wie voll die Südstadt 92 war“, sagt Post. Allerdings sieht er auch einen entscheidenden Unterschied: „Heute gibt es mit der AfD eine Partei, die bundesweit bei 20 Prozent steht. Es geht um die Gefährdung der Demokratie, die Einschränkung der Medien, den Austritt aus der EU, eine andere Gesellschaft. Das ist eine ganz andere Gefahrenlage.“
Auch deshalb will „Arsch huh“ nicht nur kurzfristig für Demonstrationen mobilisieren, sondern bis zur Bundestagswahl 2025 eine Kampagne für die Demokratie lostreten. Dabei setzt Post auf die gesamte Breite der Gesellschaft, um eine Brandmauer gegen rechts zu errichten. Immer mit der Unterstützung engagierter Musiker*innen, die damals auch für das namensgebende Lied „Arsch huh“ verantwortlich zeichneten. „Wir sind keine professionelle Politikinitiative, sondern leben vom Engagement der Musiker“, sagt Post.
Mitte der Gesellschaft im Blick
Viele der beteiligten Bands sind im Kölner Karneval unterwegs. Dadurch bestehe eine große Chance, die Mitte der Gesellschaft anzusprechen, meint Post. „Der Karneval hat sich in den letzten Jahren ziemlich gewandelt“, sagt er und erinnert an die große Rosenmontagsdemonstration gegen den Ukraine-Krieg im Jahr 2022, an der mehr als eine Viertelmillion Menschen teilnahmen. Das führt ihn zu dem Schluss: „Die Karnevalisten sind auf einem guten Wege, die Demokratie mitzuverteidigen.“
So wie Stephan Brings, der als Sänger der gleichnamigen Band mit Hits wie „Kölsche Jung“, „Superjeilezick“ oder „Sünderlein“ im Karneval für Stimmung sorgt. Seine Stimme auch für gesellschaftspolitische Themen zu erheben ist ihm schon aus historischer Verantwortung heraus wichtig. „Wir sind damit aufgewachsen und haben das von unseren Eltern übernommen. Wir kannten ehemalige Edelweißpiraten und Leute, die jahrelang in Buchenwald gesessen haben“, sagt er im Gespräch mit dem „vorwärts“.
Stephan Brings
Es bewirkt, uns zu zeigen, dass wir viele sind und eigentlich auch die Mehrheit.
Seit Jahrzehnten engagiert er sich bei „Arsch huh“, tritt beispielsweise bei Demonstrationen auf und spielt Lieder. Nicht nur in Köln, sondern auch in kleineren Städten im Umland wie Hürth oder im knapp 50.000 Einwohner zählenden Erftstadt westlich von Köln. Dort versammelten sich 2.000 Leute, von der CDU über Gewerkschaften und Kirche bis hin zu Mitgliedern der Linkspartei war die gesamte demokratische Gesellschaft vertreten. Deswegen ist Brings der Meinung: „Es hat was bewirkt und es bewirkt bei uns selbst auch, uns zu zeigen, dass wir viele sind und eigentlich auch die Mehrheit.“
In der Arbeit von „Arsch huh“ sieht er eine große Kontinuität von Anfang der 1990er-Jahre bis heute. Auch weil sie durch den erstarkten Rechtsextremismus nötig geblieben sei. „Wir haben nie aufgehört, uns zu treffen und Dinge zu organisieren, weil es einfach sein muss. Es geht gar nicht anders.“ Beispielsweise auch mit Blick auf den Kampf gegen den Klimawandel, der von vielen Rechten geleugnet wird. Auch hier hält der Verein dagegen und rief im Sommer vergangenen Jahres unter dem Motto „Arsch huh fürs Klima“ gemeinsam mit Fridays for Future während der Games Com zu einer Demonstration für mehr Klimagerechtigkeit auf.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo
für die Demokratie, das nenne ich mal
einen vorbildlichen Verein. Davon sollten sich alle anderen Vereine, auch jenseits des Karnevals, eine Scheibe abschneiden, wie man so sagt- oder ganz klar formuliert. Das ist beispielgebend. Eventuell sollte man das auch noch gesetzlich unterfüttern, mit einer Vorschrift im Vereinsrecht des BGB, das die Vereinsgründung nur zulässt, wenn ein Bekenntnis zur Demokratie abgegeben wird, das dann auch notariell beglaubigt bzw. oder beim Registergericht hinterlegt werden müsste