Soziale Politik

SPD-Finanzexperte Schrodi: „Das Kindergeld muss um 9 Euro angehoben werden.“

Die Kinderfreibeträge müssen in diesem Jahr steigen, das Kindergeld soll es nach dem Willen von Finanzminister Lindner nicht. Das ist ungerecht, sagt SPD-Finanzfachmann Michael Schrodi – und macht einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung.

von Vera Rosigkeit · 26. Januar 2024
Wenn die Kinderfreibeträge steigen, muss es das Kindergeld auch, fordert SPD-Finanzfachmann Michael Schrodi.

Wenn die Kinderfreibeträge steigen, muss es das Kindergeld auch, fordert SPD-Finanzfachmann Michael Schrodi.

Für 2024 greifen Steuererleichterungen, die die Ampelkoalition eingeführt hat. Was ändert sich ab diesem Jahr?

Bei der Einkommensteuer haben wir mehrere Maßnahmen ergriffen, um Bürger*innen zu entlasten: Darunter fällt beispielsweise die Anhebung des Grundfreibetrags im Einkommenssteuertarif. Für 2023 wurde er um 561 Euro auf 10.908 Euro angehoben, in 2024 um 696 Euro auf 11.604 Euro. Damit greift der Eingangssteuersatz von 14 Prozent erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 11.604 Euro. Zu den steuerlichen Erleichterungen zählen auch die Anhebung des Unterhalthöchstbetrags und der Freigrenze beim Solidaritätszuschlag. Außerdem steigen die Kinderfreibeträge und, was uns als SPD besonders freut, es gibt eine deutlich höhere Einkommensgrenze bei der Arbeitnehmersparzulage. Das alles sind Maßnahmen, die im Geldbeutel der Menschen ankommen.

Foto: imagoWarum ist die Arbeitnehmersparzulage für die SPD so wichtig?

Wir haben die Grenze, bis zu der man die Sparzulage beantragen kann, massiv angehoben ­– von bislang 17.900 Euro auf 40.000 Euro bzw. 80.000 Euro für zusammen Veranlagte. Bis zu dieser Einkommensgrenze können nun Arbeitnehmer*innen eine Zulage bekommen, wenn sie sparen wollen. Das bedeutet, dass sie nun von viel mehr Menschen in Anspruch genommen werden kann. Das ist ein großer Erfolg. 

Laut Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) sollen vor allem Gutverdienende von den Steuererleichterungen profitieren. Stimmt das?

Das IW hat bei seinen Berechnungen allgemeine steuerliche Entlastungen, wie beispielsweise die Rücknahme der Mehrwertsteuerentlastung in der Gastronomie, mit einbezogen. Das ist so, als wenn man Äpfel mit Birnen vergleicht, denn diese Ausgaben sind in erster Linie abhängig vom Konsumverhalten. Statistisch betrachtet besuchen Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen deutlich weniger häufig eine Gaststätte als solche mit hohem Einkommen. Die hätte man demnach bei einem Beibehalten der Mehrwertsteuerentlastung deutlich mehr entlastet. Indem diese verbrauchsabhängigen Steuern von hohen Einkommen mit kleinen und mittleren gleichgesetzt wurden, errechnete das IW, dass geringe und kleine Einkommen weniger in der Tasche haben als vorher. Das ist aber nicht realistisch.

Stattdessen haben wir jetzt von den kleinen bis zu den großen Einkommen Steuererleichterungen im Einkommensteuertarif. Die Anhebung des Grundfreibetrags greift bei allen, bevorzugt jedoch geringe und mittlere Einkommen. Die Anhebung des Kinderfreibetrags hingegen bevorzugt höhere Einkommen.

Wie bevorzugt der Kinderfreibetrag höhere Einkommen?

So wie der Grundfreibetrag die steuerliche Freistellung des Existenzminimums für Erwachsene ist, ist der Kinderfreibetrag die steuerliche Freistellung für das Existenzminimum für Kinder. Neben dem steuerlichen Freibetrag gibt es das Kindergeld. Das bekommen alle. Allerdings profitiert man ab einem bestimmten Einkommen, etwa ab 35.000 Euro, mehr vom Freibetrag als vom Kindergeld, da der Kinderfreibetrag das zu versteuernde Einkommen mindert. Bei einem hohen Einkommen zieht der Kinderfreibetrag am oberen Ende die Steuerbelastung ab, also dort, wo ein Spitzensteuersatz von 42 Prozent fällig ist. Das ist ab einem Einkommen von mehr als 66.000 Euro der Fall. Beim Einkommen von vielleicht 40.000 Euro liegt der Steuersatz niedriger. Deshalb bringt hier der Kinderfreibetrag weniger. Das ist ungerecht. Das wissen wir, deshalb soll es eine Kindergrundsicherung geben.

Was würde sich mit der Kindergrundsicherung hier ändern? 

Zunächst ist die Einführung einer Kindergrundsicherung die Antwort darauf, dass nicht mehr diejenigen mit höchsten Einkommen über den steuerlichen Freibetrag mehr im Geldbeutel haben als diejenigen mit geringerem und mittlerem Einkommen. Die Kindergrundsicherung würde Schluss machen mit dieser Unterscheidung. Auch deshalb ist sie für uns eine Gerechtigkeitsfrage.

Wie könnten Eltern neben der Einführung einer Kindergrundsicherung noch entlastet werden?

Indem die Höhe des Kindergeldes angepasst wird. Die Kinderfreibeträge sollen noch einmal erhöht werden, das sieht das Existenzminimum so vor. Weil wir 2023 diesen großen Schritt auf 250 Euro gemacht haben, sieht Finanzminister Christian Lindner bisher vor, das Kindergeld in diesem Jahr nicht entsprechend zu erhöhen. Das sehen wir als SPD anders. Wir sagen, dass diejenigen mit kleinem Einkommen auch entlastet werden müssen. Deshalb muss hier nochmal nachgebessert werden und das Kindergeld ebenfalls um 9 Euro pro Kind und Monat angehoben werden.

Außerdem ist im Inflationsausgleichsgesetz für die Jahre 2023 und 2024 noch ein Inflationsausgleich vorgesehen. Da die Inflation niedriger ausgefallen ist als angenommen, haben wir im Einkommensteuertarif mehr Entlastungen vorgesehen als sich die Preise durch die Inflation erhöht haben. Von dieser Überkompensation profitieren am allermeisten die höchsten Einkommen.

Der Hamburger Senat hat deshalb einen Bundesratsantrag gestellt, der vorschlägt, diesen Inflationsausgleich für diejenigen, die über dem Spitzensteuersatz liegen, für das Jahr 2024 nicht vollständig auszugleichen: Den höchsten Einkommen soll diese Überkompensationen genommen werden. Wir begründen das so, dass Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen von der Inflation stärker betroffen sind als die mit höchstem Einkommen. 

So hätten wir die Kosten für eine weitere Erhöhung des Kindergeldes bereits gegenfinanziert. Das halten wir als SPD volkswirtschaftlich und auch aus Gerechtigkeitsgründen für richtig.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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1 Kommentar

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Mo., 29.01.2024 - 07:10

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"Kleingeld" ins Spiel gebracht wird. ) €, ich bitte Sie, das ist ja nicht einmal als Trinkgeld akzeptabel. Unter 50 € lohnt es gar nicht, die Debatte zu erhöhen. Das Kindergeld ist weiterhin viel zu niedrig, und wer Kinder hat, ist arm, zumindest ist er armutsgefährdet, und das ist eine Schande für ein reiches Land, wie Deutschland es ist.
Kinder sind unsere Zukunft, wenn wir die heute vernachlässigen, haben wir morgen die Konsequenzen zu tragen. Also- am besten Kindergeld verdoppeln, dann klappt es auch bei der nächsten Pisastudie.