Falk Wagner: Das ist der jüngste SPD-Landesvorsitzende
Falk Wagner ist der jüngste SPD-Landesvorsitzende. Eigentlich hatte er gar nicht vor, Politiker zu werden, und wurde es dann eben doch – in Bremen. Seine erste Bewährungsprobe wird nun die Bundestagswahl.
Markus Tollhopf
Begeistert von Bremen: Falk Wagner steht seit November 2024 an der Spitze des Landesverbandes.
Ein bisschen war es Friedrich Merz, der ihn zum Sozialdemokraten machte. Zwar hatte die damalige CDU-Chefin Angela Merkel den Fraktionsvorsitzenden 2002 in die zweite Reihe verbannt. Doch die Forderungen der Union trugen noch seine Handschrift: Kopfpauschale in der Krankenversicherung, Einheitssteuersatz, ja sogar die Abschaffung von BAföG war im Gespräch. Die CDU drohte die Bundestagswahl zu gewinnen, und dem Gymnasiasten Falk Wagner gefiel das nicht. Und so trat er 2004 mit 15 Jahren der SPD bei.
20 Jahre später: In Berlin ist gerade die Koalition geplatzt, Neuwahlen stehen an, und Friedrich Merz will Bundeskanzler werden. Wagner, 35 Jahre alt, sitzt im SPD-Büro in Bremen. „Der Mann verfolgt mich“, sagt er. Denn nur wenige Tage nach dem Ampel-Aus hat auch er eine höhere Stufe auf der politischen Bühne betreten: Im November wählte ihn der Bremer Landesverband zum Vorsitzenden. Unter den Landeschef*innen der Sozialdemokraten ist er der jüngste.
Statt dem „Job in zweiter Reihe“ wurde es die Politik
Wie viele andere Genoss*innen muss er nun im Schnellverfahren den Wahlkampf auf die Beine stellen: Listen aufstellen, Plakate in Druck geben, Klausurtagungen organisieren. „Den Start hatte ich mir schon etwas ruhiger vorgestellt“, sagt Wagner mit dem typisch trockenen norddeutschen Humor. Dennoch ist offensichtlich: Die neue Arbeit macht ihm sehr viel Spaß.
Dass das so ist, hat wohl weniger mit der neuen Stelle zu tun als mit Bremen. Denn eigentlich hatte der hochgeschossene Hamburger nie vor, Politiker zu werden. 2008 zieht er fürs Studium aus der knapp dreimal größeren Hansestadt an die Weser. Er studiert Sozialwissenschaften, dann Arbeitsmarktforschung im Master und will später mal im gemeinnützigen Sektor arbeiten. „Ein Job in zweiter Reihe“, sagt er über seine damaligen beruflichen Vorstellungen. „Ich wollte nicht unbedingt jemand sein, der vor der Kamera steht.“
Ein Herz für Bremen
Von seiner Wahlheimat ist der Student schnell begeistert. Wenn er über Bremen spricht, gerät er ins Schwärmen. Eine Großstadt von idealer Größe, sagt er, mit toller Lebensqualität. Fast überallhin fahre er mit dem Fahrrad. Ganz besonders gefällt ihm das politische Klima in dem Stadtstaat, der seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs durchgängig von der SPD regiert wird.
2012 wird er Landesvorsitzender der Jusos, 2016 Vorsitzender des Ortsvereins im Stadtteil Walle. Rückblickend sagt er: „Politik macht hier in jungen Jahren Spaß, weil sie nicht – wie man damals sagte – ,von oben herab‘ ist.“ Der kleinste Stadtstaat sei weniger hierarchisch als Hamburg oder Berlin, die Senatsmitglieder kenne man in der Regel persönlich. „Auch die höherrangigen Politiker halten sich in Bremen nicht für was Besseres, sondern schütteln den Menschen auf dem Markt die Hand und stellen sich wie alle anderen in die Schlange.“
Nach dem Studium macht er ein Ausbildungsprogramm im höheren Verwaltungsdienst. Doch der Politikbetrieb hat ihn angesteckt: Seit 2018 schon Vorsitzender des Unterbezirkes Bremen, zieht Wagner 2019 zum ersten Mal in die Bremische Bürgerschaft. 2023 wird er wiedergewählt. Auch das ein großer Vorteil an Bremen: Die Bürgerschaft ist ein Halbtagsparlament, nebenher kann er weiter in der Finanzbehörde arbeiten.
Einsatz für junge Menschen
„In Bremen führst du als Bürgerschaftsabgeordneter ein relativ normales Leben und bist nah an der Alltagsperspektive vieler Menschen dran.“ Bei den Alltagsfragen der Menschen will der 35-Jährige seine Sichtweise als Jungpolitiker einbringen. Als Student hat er im Wohnheim gewohnt, „19 Quadratmeter für nur 220 Euro inklusive Strom.“ Diese Unterstützung will er auch jungen Menschen bieten, die einen Beruf erlernen, und hat sich dafür über Jahre für den Bau eines Wohnheims für Auszubildende eingesetzt. Im Sommer soll es eröffnet werden. „Für mich ist das eine Form der Anerkennung“, sagt Wagner.
Viele Menschen in Bremen identifizieren sich mit der SPD, weil sie in den 1970ern die Universität durchgesetzt hat, so der Landesparteichef. Dass das Bundesland bei der Neuwahl wieder als rote
Hochburg hervorgeht, ist für ihn aber nicht gesetzt. „Wir schaffen es meistens, aber wir müssen uns ins Zeug legen und bei den Bremerinnen und Bremern dafür werben, dass wir unsere beiden Städte am besten verkörpern.“ Gemeint sind Bremen und Bermerhaven.
Für Genoss*innen, die „jung, links und wild“ sind, sei die Stadt noch immer ein fruchtbarer Boden. Meint er damit sich selbst? Wagner zögert – und lacht erneut. „Politisch schon. Als Persönlichkeit war ich, glaube ich, noch nie besonders wild.“