Nach der US-Wahl: „Wenn das so kommt, kann Trump durchregieren.“
Donald Trump wird erneut Präsident der USA. Was zum Sieg über die Demokratin Kamala Harris geführt hat und wie Trump seine neue Macht nutzen könnte, sagt Reinhard Krumm von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Washington im Interview.
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Mit deutlichem Vorsprung hat Donald Trump die Präsidentschaftswahl in den USA gewonnen.
Donald Trump hat die Präsidentschaftswahl in den USA sehr deutlich gewonnen. Was hat am Ende den Ausschlag für ihn gegeben?
Im Nachhinein lassen sich natürlich viele mögliche Gründe aufzählen. Ich möchte aber auf drei eingehen, die aus meiner Sicht entscheidend gewesen sind. Zum einen ist diese Wahl eine Post-Truth-Wahl gewesen, bei der die Wahrheit keine Rolle gespielt hat. Viele der Aussagen, die Donald Trump im Wahlkampf gemacht hat, waren schlichtweg Lügen, etwa die Aussage, dass es der Wirtschaft in den USA sehr schlecht geht. Tatsache ist, dass die Wirtschaft der USA boomt, für die Hälfte des BIP aller G7-Staaten verantwortlich ist und Arbeitsplätze geschaffen hat. Trump hat es aber geschafft, den Eindruck zu erwecken, dass es nicht so sei und er der Einzige sei, der die Situation zum Besseren wenden kann.
Ein zweiter Faktor, von dem Donald Trump profitiert hat, ist die Tatsache, dass er in den USA ein sehr bekannter Mann ist, und das schon seit den 80er Jahren. Er hat Fehler gemacht, er ist abgestürzt, aber er ist wieder hochgekommen und das ist etwas, was man in den USA sehr schätzt. Und drittens ist es Kamala Harris bis zum Schluss nicht gelungen, den Wählern klarzumachen, wer sie eigentlich ist und wofür sie steht. Erste Zahlen deuten zudem darauf hin, dass sie gerade von Männern nicht gewählt worden ist. Auch deshalb, weil sie sich eine Frau als Präsidentin einfach nicht vorstellen können.
War Kamala Harris also doch die falsche Kandidatin für die Demokraten?
Es kam nach dem Rücktritt von Biden als Präsidentschaftskandidat eigentlich nur Kamala Harris als Stellvertreterin von Joe Biden als demokratische Kandidatin in Frage. Sie durfte auf die von Biden bereits eingesammelten Wahlkampfspenden zugreifen. Zudem waren andere Demokraten nicht zu einer Kandidatur bereit, weil die Startvoraussetzungen nicht besonders gut waren. Die Demokraten wollten zudem geeint in den Wahlkampf gehen und einen internen Wahlkampf vermeiden, denn die Zeit bis zur Wahl war sehr knapp war. Mit dem Ergebnis, dass die Art und Weise, wie Kamala Harris und die demokratische Partei sich nach Bidens Rückzug aufgestellt haben, exzellent waren. Ein besseres Ergebnis war wohl nicht möglich. Die demokratische Partei muss sich deshalb fragen, was in den Jahren zuvor falsch gelaufen ist.
In seiner Dankesrede hat Donald Trump angekündigt, „die Spaltung der vergangenen vier Jahre“ überwinden zu wollen. Wie glaubhaft ist das nach diesem Wahlkampf?
Ich würde ihm das gerne glauben, aber Beobachter seines Wahlkampfes sagen, dass das sehr unwahrscheinlich ist. Trump selbst hat ja die Spaltung der Bevölkerung vorangetrieben. Er steht für ein Programm, das die die Struktur des demokratischen Staates teilweise infrage stellt. Und wenn man das Urteil des Obersten Gerichtshofs dazu nimmt, dass der amerikanische Präsident nahezu in jedem Fall Immunität genießt, dann muss man davon ausgehen, dass die kommenden vier Jahre den demokratischen Bau der USA angreifen werden.
Zumal die Republikaner auch im Senat und möglicherweise im Repräsentantenhaus eine Mehrheit haben könnten. Welche Möglichkeiten gibt Trump das?
Wenn das so kommt, kann Trump durchregieren. Zumindest bis zu einem gewissen Grad, denn es gibt ja noch in den Bundesstaaten die Gouverneure. Unter den Republikanern sind nicht alle Trump-Anhänger. Die Checks and Balances sind geschwächt, wenn tatsächlich der Präsident, der Senat, das Repräsentantenhaus und das oberste Gericht in republikanischer Hand liegen.
Für die Demokraten ist dieser Wahlausgang eine herbe Niederlage. Wie muss sich die Partei verändern, um wieder erfolgreich zu werden?
Die Demokraten haben jetzt sehr, sehr viel zu tun. Und hoffentlich sind sie ehrlich genug, diese Niederlage nicht allein Kamala Harris zuzuschreiben. Die Zwischenwahlen stehen bereits in zwei Jahren an. Dann haben die Demokraten die Möglichkeit, das Repräsentantenhaus aus ihrer Sicht besser zu besetzen oder möglicherweise sogar wieder zurückzugewinnen, falls es jetzt an die Republikaner gehen sollte. Dafür müssen die Demokraten aber ihr Wählerzelt, wie sie es nennen, groß halten und weiter mit einer Stimme sprechen. Die verschiedenen Lager innerhalb der demokratischen Partei müssen weiter zusammenhalten und sich vergewissern, wofür die Partei stehen soll und welche Themen sie adressieren wollen. Wenn ihnen das gelingt, sehe ich durchaus Chancen, dass die Demokraten wieder in die Erfolgsspur kommen.
Reinhard Krumm ist Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Washington.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.
Wirtschaftsboom
Wenn man meint, daß wenn die Börsenkurse frei drehen, die Wirtschaft boomst, dann mag man Recht haben.
Aber davon ist noch keine einzige Schraube gedreht, kein Schuh besohlt, kein Acker gepflügt und erst Recht kein Brötchen gebacken.