International

Harris oder Trump: Was die US-Präsidentschaftswahl für die Welt bedeutet

Bei der US-Präsidentschaftswahl im November fällt nicht nur die Entscheidung zwischen Kamala Harris und Donald Trump, sondern auch darüber, ob die Menschheit mit einer demokratischen Präsidentin globale Krisen gemeinsam angehen kann oder ein autoritärer Präsident genau das verhindert.

von Reinhard Krumm · 21. Oktober 2024
Kamala Harris bei einem Wahlkampfauftritt in Georgia: Sie könnte die erste Präsidentin der USA werden.

Kamala Harris bei einem Wahlkampfauftritt in Georgia: Sie könnte die erste Präsidentin der USA werden.

Am 5. November 2024 wird der 47. Präsident oder die erste Präsidentin der USA gewählt – erneut der Republikaner Donald Trump, Präsident von 2017 bis 2020, oder neu die Demokratin Kamala Harris, Vizepräsidentin in der Joe Biden-Administration von 2021 bis 2024. 

Der Ausgang der Wahlen, so Harris im August auf dem Parteitag der Demokraten in Chicago, könnte so entscheidend sein für Amerika, aber auch für die gesamte Welt, wie noch nie zuvor in der Geschichte der USA. Der Ausgang entscheidet darüber, ob die Welt entweder mit einer zunehmend autoritären und unberechenbaren USA in schwere Turbulenzen gerät oder mit einer demokratischen und verlässlichen USA zumindest hoffen kann, die globalen Herausforderungen gemeinsam anzugehen. 

Harris als Kandidatin des Wechsels

Denn auf der einen Seite steht mit Donald Trump ein Kandidat, der durch seine Zeit als Unternehmer im bunten New York der 1980er Jahre und durch billige Fernsehshows sehr bekannt geworden ist. Und auch wenn er sich in jüngster Zeit öffentlich immer wieder vom „Projekt 2025“ der konservativen Denkfabrik „Heritage Foundation“ distanziert hat, das einen radikalen Umbau zu einem autoritären Staat verfolgt, so gehören doch viele aus Trumps Umfeld zu dem „Projekt 2025“, das den „Trumpismus“ institutionalisieren will. Außenpolitisch pflegt der Ex-Präsident einen weitaus entspannteren Umgang mit autoritären Staatsmännern als mit Präsidentinnen und Präsidenten anderer, zumeist demokratischer Staaten. 

Auf der anderen Seite steht Kamala Harris, von der vergleichsweise wenig bekannt ist. Sie hat es aber geschafft, sich als Kandidatin des Wechsels zu präsentieren, obwohl sie seit vier Jahren Teil der US-Administration ist. Das Fernsehduell mit Trump hat sie souverän gewonnen, ihre Wahlkampagne hat deutlich an Momentum gewonnen. Sie hat den Rückstand von Joe Biden aufgeholt – der Ausgang ist nun wieder offen.

 „Alles war für immer, bis es nicht mehr war.“

Außenpolitisch würden sich die USA, genau wie unter Präsident Biden, als Partner verstehen mit einer Einschränkung – solange es den Sicherheitsprioritäten Washingtons entspricht. Die USA werden auch weiterhin wehrhaft bleiben, wie Harris auf ihrer Parteitagsrede klarstellte. Sie werde sicherstellen, dass „die USA die stärkste und tödlichste Kampfmacht in der Welt“ seien. Dabei ist es kein Widerspruch, wenn ihre außenpolitischen Berater*innen davon schreiben, dass die USA ihre internationalen Ambitionen deutlich verkleinern müssten.

Das transatlantische Verhältnis könnte sich entwickeln, wie es ein russischer Historiker einst zum Ende der Sowjetunion beschrieben hat: „Alles war für immer, bis es nicht mehr war.“ Die sehr engen transatlantischen Beziehungen werden so vermutlich nicht aufrecht gehalten werden können, unabhängig davon, wer die Wahlen im November gewinnen wird. Wenn die Interessen überlappen, dann werden sie gut sein, wenn nicht, dann kann es auch zu harter Konkurrenz kommen.

Wie in der Handelspolitik: Eine zunehmend protektionistische Industriepolitik wird von beiden Parteien gewünscht – von Trump in großem Ausmaß, von Harris vermutlich im bisherigen Rahmen der vergangenen vier Jahre. Die größten Differenzen bestehen darin, dass die Demokraten zumindest an einer gelenkten Globalisierung festhalten, stabile Partnerschaften präferieren, sich mit Blick auf die Beschäftigten für gerechtere sowie auf Klima- und Umweltschutz basierende Handelsbeziehungen einsetzen wollen. 

Wahlen zum Repräsentantenhaus und einem Teil des Senats

Welche Politik für die zukünftige Administration wünschenswert und durchsetzbar ist, hängt freilich nicht nur vom Ausgang der Präsidentschaftswahlen ab. Denn gleichzeitig stehen 33 der 100 Senatssitze zur Wahl sowie alle 435 Sitze des Repräsentantenhauses. 

Der Senat wird aktuell von den Demokraten geführt, allerdings nur mit einer Mehrheit von zwei Sitzen. Gegen beide Kammern zu regieren, ist möglich, schränkt den Gestaltungsrahmen gleichwohl deutlich ein. Auch in der Außenpolitik würden viele Initiativen schnell an ihre Grenzen stoßen, sollten Präsident und Senatsmehrheit von unterschiedlichen Parteien kommen. Das in der Verfassung verankerte Korrektiv wird zur politischen Blockade. Für eine Trump-Präsidentschaft ein wünschenswerter Effekt, für eine Harris-Präsidentschaft eher nicht. Und damit auch nicht für Deutschland und die EU. 

Autor*in
Reinhard Krumm

Dr. Reinhard Krumm leitet seit 2016 das Regionalbüro der Friedrich-Ebert-Stiftung für Zusammenarbeit und Frieden in Europa mit Sitz in Wien. Zuvor leitete er das Referat Mittel- und Osteuropa in Berlin.

Weitere interessante Rubriken entdecken

Noch keine Kommentare
Schreibe einen Kommentar

Eingeschränktes HTML

  • Erlaubte HTML-Tags: <a href hreflang> <em> <strong> <cite> <blockquote cite> <code> <ul type> <ol start type> <li> <dl> <dt> <dd> <h2 id> <h3 id> <h4 id> <h5 id> <h6 id>
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.