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Rechtsextremistischer Verdachtsfall: So reagiert die SPD auf das AfD-Urteil

Der Verfassungsschutz darf die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall weiter beobachten. Das bestätigte ein Gericht in Nordrhein-Westfalen nun bereits zum zweiten Mal. Stimmen aus der SPD begrüßen das Urteil.

von Lea Hensen · 13. Mai 2024
Das OVG Münster hat sein AfD-Urteil erlassen.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat geurteilt, dass die AfD rechtsmäßig als rechtsextremistischer Verdachtsfall gilt.

Der Verfassungsschutz stuft die AfD zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster am Montag nun in zweiter Instanz bestätigt und damit einer Klage der Partei gegen die Einstufung eine Absage erteilt. 

Die Sicherheitsbehörden dürfen die Rechtspopulisten weiterhin mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten. Das Gericht fand genügend Anhaltspunkte für Bestrebungen der Partei, die sich gegen die Menschenwürde bestimmter Gruppen und gegen das Demokratieprinzip richten würden. 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser begrüßte die Entscheidung für eine „wehrhafte Demokratie“. „Unser Rechtsstaat hat Instrumente, die unsere Demokratie vor Bedrohungen von innen schützen“, sagte die SPD-Politikerin nach der Urteilsverkündung. „Genau diese Instrumente werden auch eingesetzt – und sind jetzt erneut von einem unabhängigen Gericht bestätigt worden.“ 

Faeser betonte aber auch, dass der Verfassungsschutz seine Entscheidungen selbstständig treffe. „Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat einen klaren gesetzlichen Auftrag, gegen Extremismus vorzugehen und unsere Demokratie zu schützen – dabei arbeitet es eigenständig“, erklärte die Ministerin. Dies sei kein „Mittel der politischen Auseinandersetzung“. „Wir werden die rechtliche Bewertung weiter von der politischen Auseinandersetzung, die wir in Parlamenten und öffentlichen Debatten führen, klar trennen.“

AfD-Urteil: Partei weiterhin politisch stellen

SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken sagte nach dem Urteil am Montag: „Für uns steht außer Frage: Die AfD ist eine rechtsextremistische Partei, die von völkischer Ideologie durchdrungen ist und die die Demokratie bedroht." Die Belege, die dem Urteil in Münster zugrunde lagen, würden eine sehr klare Sprache sprechen.

Daher begrüße die SPD das Urteil. Gleichzeitig müssten Straftaten weiter verfolgt werden, illegale Finanzströme der AfD aufgedeckt und ausgetrocknet, und ihre Verbindungen zu verbotenen rechtsextremistischen Organisationen offengelegt werden. „Wir werden die AfD auch weiterhin politisch stellen und ihrer Hetze mit aller Entschlossenheit und rechtsstaatlichen Mitteln entgegentreten“, sagte Esken. Die AfD sei keine Partei für Arbeitnehmer*innen, sondern eine Partei der „reichen Eliten", die den Zusammenhalt gefährden und die Demokratie untergraben würden. 

„Niemals werden wir zulassen, dass die Rechtsextremisten unsere Freiheit, unsere Demokratie und unseren Wohlstand zerstören", so Esken. Sie appellierte an die Erklärung, die die Sozialdemokrat*innen in Europa zuletzt in Berlin unterzeichnet hatten, um eine Zusammenarbeit von „Demokrat*innen mit Antidemokrat*innen" auszuschließen. 

Dagegen hatte sich die Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei (EVP), die amtierende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, offen gezeigt für eine Zusammenarbeit mit der ultrarechten und rechtspopulistischen Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR). 

Esken forderte, dass sich auch die Konservativen dem Berliner Appell anschließen. „Denn rechtsextreme Parteien sind in Europa nur dann stark, wenn Konservative umfallen und ihnen die Türen zur Macht öffnen.“

AfD-Urteil: AfD kann Antrag in Leipzig stellen

Die Angriffe der vergangenen Tage auf Politik*innen wie Franziska Giffey oder Matthias Ecke seien nicht zu dulden und müssten „mit aller Härte des Rechtsstaats mit spürbaren Konsequenzen" geahndet werden, so Esken. „Wenn Demokrat*innen im öffentlichen Raum ihre Meinung nicht mehr äußern können, ohne Angst um Leib und Leben zu haben, dann gewinnen die Hetzer und die Spalter." 

Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, und der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion, Dirk Wiese, sehen in dem Urteil eine Bestätigung dafür, dass sich die AfD „als Ganzes zu einer völkischen Partei radikalisiert, die Menschen systematisch herabwürdigt, rechtsextremistische Positionen einnimmt und nach außen die Interessen Moskaus und Pekings vertritt". Die Beobachtung der Partei mit nachrichtendienstlichen Mitteln sei „nicht nur angezeigt, sondern dringend notwendig.“

Die AfD kann zwar keine Revision, aber einen Antrag auf Zulassung am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig stellen. „Selbst wenn es nach einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde zu einer Revision am Bundesverwaltungsgericht kommen sollte, sind wir uns sicher, dass das Urteil bestätigt wird“, sagten die SPD-Politiker*innen. „Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist eindeutig und umfassend seinem gesetzlichen Auftrag nachgekommen, unsere Verfassung und unserer Demokratie zu schützen. Unsere wehrhafte Demokratie und unser Rechtsstaat funktionieren.“

AfD-Urteil: „Reines Ablenkungsmanöver"

Serpil Midyatli, Landesvorsitzende der SPD Schleswig-Holstein und stellvertretende SPD-Vorsitzende, findet das Urteil aus Münster wenig überraschend. Die Berufung der AfD sei von Anfang an ein „reines Ablenkungsmanöver“ gewesen, das in die Verharmlosungsstrategie der Partei passe. 

Niemand, der klar bei Verstand ist, hätte gedacht, dass diese Berufung erfolgreich sein wird“, so Midyatli. Es sei trotzdem wichtig, dass der demokratische Rechtsstaat die Möglichkeit zur Berufung biete

Midyatli forderte den Verfassungsschutz auf, „jetzt schnell für Klarheit bei der Neueinstufung der AfD als rechtsextreme Partei zu sorgen". „Ich bleibe dabei: Wo rechtsextrem drin ist, muss auch rechtsextrem draufstehen”, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD.

Auch der Vorsitzende der sächsischen SPD, Henning Homann, begrüßte das Urteil aus Münster. „Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Das hat heute das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt“, so Homann.  

Das Gericht zeichne mit seinem Urteil ein realistisches Bild: „Der rechtsextreme Flügel um Höcke, Krah und Urban hat in der Partei das Sagen. Weidel und Chrupalla sind nur noch Pappkameraden.“ Der sächsische Landesverfassungsschutz stuft die AfD bereits als gesichert rechtsextremistisch ein. „Auch das ist völlig zutreffend“, so Homann.

AfD ist seit 2021 „rechtsextremistischer Verdachtsfall“

Ronja Endres, Co-Vorsitzende SPD in Bayern, kommentierte das Urteil auf X. „Alle, die die #noAfD wählen, wissen genau was sie tun. Sie wählen diese Partei, weil sie rechtsextreme Werte vertreten“, schrieb sie. Carmen Wegge äußerte sich ähnlich. „Wer die AfD wählt, wählt also auch Rechtsextremist*innen und Faschist*innen. Also lasst es", schrieb die SPD-Bundestagsabgeordnete auf X.

Der Verfassungsschutz hatte die AfD 2021 vom Prüffall zum „rechtsextremistischen Verdachtsfall" hochgestuft. Das Verwaltungsgericht in Köln bestätigte die Einstufung 2022 und wies damit eine erste Klage der AfD zurück. Doch die Partei klagte erneut. 

Autor*in
Lea Hensen

ist Redakteurin des „vorwärts“.

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