Inland

Deportationspläne der AfD: „Mama, die meinen ja uns!“

Die Enthüllungen der Rechercheplattform „Correctiv“ bewegen Hunderttausende im Land. Serpil Midyatli haben sie auch persönlich getroffen. Im Video-Gespräch erzählt die SPD-Vizevorsitzende über Rassismus im Alltag und die Sorgen ihrer Söhne.

von Kai Doering · 22. Februar 2024
SPD-Vize Serpil Midyatli:  „Die wollen das Land komplett in eine andere Richtung drehen.“

SPD-Vize Serpil Midyatli:  „Die wollen das Land komplett in eine andere Richtung drehen.“

Als die Rechercheplattform „Correctiv“ Anfang Januar ein geheimes Treffen von Rechtsextremen in Potsdam enthüllte, war das für Serpil Midyatli ein Schock. Überraschend fand die stellvertretende SPD-Vorsitzende die Pläne für die massenweise Ausweisung von Menschen mit Migrationsgeschichte aber nicht. „Wir spüren das im Alltag schon lange“, erzählt Midyatli im Gespräch mit dem „vorwärts“. Das „Wir“ meint sie ganz persönlich. Regelmäßig gebe es etwa „Blicke im Supermarkt“, erzählt Midyatli, deren Eltern einst aus der Türkei nach Deutschland kamen. Insgesamt werde die Stimmung in der Bevölkerung feindseliger.

„Jetzt wissen wir, was sie vorhaben.“

Die „Remigrationspläne“ sorgten deshalb auch in Midyatlis Familie für Diskussionen. „Mein Sohn hat zu mir gesagt: ‚Mama, die meinen ja uns‘“, erzählt die SPD-Politikerin. Den 14-Jährigen und seinen Bruder hätten die Correctiv-Enthüllungen ganz anders getroffen als sie selbst. „Wir kennen ja noch die Baseballschläger-Jahre“, sagt Midyatli mit Blick auf die rechte Gewalt in den 1990er Jahren. „Meine Söhne sind mit einem ganz anderen Selbstverständnis aufgewachsen. Für sie ist Deutschland Heimat.“

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Gleichzeitig ist Serpil Midyatli froh über Recherchen. „Jetzt wissen wir, was sie vorhaben und können dagegen vorgehen.“ Anders als nach dem rassistischen Anschlag von Hanau 2020 und der Mordserie des NSU könne niemand mehr sagen, dass es sich um Einzelfälle handele. „Die Enthüllungen zeigen: Da ist ein Plan dahinter. Die wollen das Land komplett in eine andere Richtung drehen.“

„Die müssen wissen, dass wir es ernst meinen.“

Umso mehr freuen Midyatli die zahlreichen Demonstrationen überall im Land. Viele hätten verstanden: „Es geht nicht nur um die Menschen mit Migrationshintergrund.“ Nun müsse die Politik handeln. Midyatli lobt in dem Zusammenhang die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, etwa das Disziplinarrecht zu verschärfen und Finanzströme stärker zu kontrollieren. „Die müssen wissen, dass wir es ernst meinen“, sagt Serpil Midyatli mit Blick auf die Rechtsextremen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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5 Kommentare

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Do., 22.02.2024 - 15:49

Permalink

"Deportationspläne der AfD"

Correctiv hat doch inzwischen einen Rückzieher gemacht. Angeblich hätte Correctiv nie von "Depostationsplänen" gesprochen. Entsprechende Texte auf deren Website wurden stillschweigend auch so geändert. Woher hat Vorwärts die Information, dass dort doch von "Deportationsplänen" gesprochen wurde?

Deportation wörtlich zitiert oder nicht. Wichtig ist allein, dass der AfD geschadet wird, da muss man auch mal fünfe gerade sein lassen, finde ich jedenfalls. Es gilt das so genannte Balkan Prinzip- man wirft mit Dreck, und es bleibt immer etwas kleben. Wir müssen den Kampf gegen rechts mit allen , ggf auch mit grenzwertigen Mitteln führen. Deshalb ist auch nicht zu beanstanden, wenn im ÖRR bei Zufallsbefragungen der "Mann von der Straße" immer einer von uns ist. Die Botschaft ist es, die wirkt.

Es stimmt, das bei dem Treffen über "Remigration" gesprochen wurde. Hinter dem Kampfbegriff der Neuen Rechten verbirgt sich allerdings nichts anderes als die erzwungene Ausweisungen von Menschen, die einen Aufenthaltstitel oder sogar die Staatsbürgerschaft des Landes haben.

Potsdam. In Rostock, also in MV- wo Genossin Schwesig wunderbar regiert, ist dies ein so bezeichneter Amtsbereich - da laufen oder liefen erst kürzlich Stellenausschreibungen. Wer wollte, konnte also mit dienstlichem Salär die Remigration betreiben. Das wird nun aber geändert, ich denke, es wird irgendwas mit Rückführung o.ä. werden. Am besten wäre es natürlich, man würde gänzlich auf Rückführungen oä verzichten, und alle schutzsuchenden Männer bei uns aufnehmen

Den Kampfbegriff gibt es schon deutlich länger, hier gut erklärt bei der bayerischen Staatsregierung:
https://www.bige.bayern.de/infos_zu_extremismus/rechtsextremismus/ideologie_und_strategie/neue_rechte/index.html