Zehn Fragen und Antworten zu einem möglichen AfD-Verbot
Seit der Enthüllung der Deportationspläne der AfD fragen sich immer mehr Menschen: Sollte die AfD verboten werden? Und was würde ein solches Verbot im Kampf gegen den Rechtsextremismus bewirken? Wir beantworten die zehn wichtigsten Fragen rund um ein mögliches AfD-Verbot.
Imago/Kira Hofmann
Diese Woche kam es in ganz Deutschland zu Demonstrationen gegen die AfD.
Die Debatte rund um die Prüfung eines möglichen Verbots der AfD ist wieder neu entbrannt. Verschiedenste Stimmen aus Politik und Gesellschaft haben bereits öffentlich Stellung bezogen, Zehntausende besuchten diese Woche Demonstrationen gegen Rechts und eine Petition zur Prüfung eines Verbots der AfD durch das Bundesverfassungsgericht wurde bereits von mehreren Hunderttausend unterzeichnet. Viele Fragen rund um ein mögliches Parteiverbot bleiben jedoch offen.
Ist die AfD eine verfassungsfeindliche Partei?
Während die AfD-Landesverbände Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bereits vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem und somit verfassungswidrig eingestuft wurden, gilt die Bundespartei bisher als rechtsextremistischer Verdachtsfall und wird daher vom Bundesverfassungsschutz beobachtet. Ein klares Urteil existiert somit in Bezug auf die Bundespartei bislang nicht. Es bleibt jedoch offen, welche Auswirkungen die Recherchen des Netzwerks „correctiv“, die klare verfassungsfeindliche Bestrebungen offenlegten, auf eine mögliche Einstufung haben könnten.
Was spricht für und gegen ein Verbot der AfD?
Im Rahmen der Debatte rund um ein mögliches Verbot der AfD werden immer wieder Argumente dafür und dagegen abgewogen.
So wird für ein Verbot argumentiert, dass im Fall der AfD, die bereits in drei Bundesländern vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wurde, der Staat nun in der Pflicht sei, ein Verbotsverfahren in die Wege zu leiten. Auch besteht die Auffassung, dass allein die Debatte um ein AfD-Verbot, und somit erst recht ein tatsächliches Verbot, die Wähler*innen aufrütteln könne. In Anbetracht des weiteren Erstarkens der AfD sei ein ausschließlich inhaltliches Bekämpfen der AfD laut den Befürwortern eines Verbots nicht ausreichend, man solle vielmehr auf alle verfügbaren Instrumente zum Schutz der Demokratie zurückgreifen.
Gegner*innen eines Verbotsverfahrens verweisen wiederum auf einen möglicherweise kontraproduktiven Effekt innerhalb der Bevölkerung. So ist die Befürchtung, dass sich Teile der Bevölkerung so weiter von der Demokratie entfremden könnten, oder ein Verbot, insbesondere ein gescheitertes Verbotsverfahren, der AfD weitere Sympathien einbringen könne. Auch würde ein Verbot an den rechtsextremen Einstellungen in der Bevölkerung grundsätzlich nichts ändern – es sei besser, die AfD inhaltlich zu stellen, und den Wähler*innen die Konsequenzen der Positionen dieser Partei zu verdeutlichen.
Wie positionieren sich die SPD und andere Bundestagsparteien zu einem AfD-Verbot?
Einen einheitlichen Standpunkt der SPD gibt es in dieser Debatte bislang nicht. So fordern unter anderem 25 Bundestagsabgeordnete der SPD die Prüfung eines Verbotsverfahrens und auch SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken zeigte sich offen für ein Verbotsverfahren. Der Ostbeauftragte Carsten Schneider sprach sich Anfang des Monats jedoch noch gegen ein AfD-Verbot aus.
Auch andere Bundestagsparteien haben bislang keine einheitliche Position zu einem möglichen AfD-Verbot. So schließt der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck ein Verbot nicht aus, FDP-Justizminister Marco Buschmann befürchtet jedoch für den Fall, dass das Verfahren scheitern sollte, einen „PR-Sieg“ für die AfD, und CDU-Chef Friedrich Merz plädiert wiederum dafür, die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD zu suchen.
Welche Erfolgsaussichten hätte ein Verbotsverfahren gegen die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht?
Vor dem Hintergrund der Recherchen von „correctiv“ wird der mögliche Erfolg eines AfD-Verbots nun von manchen als deutlich wahrscheinlicher eingeschätzt als noch zum Jahreswechsel. Zu den ohnehin in den letzten Jahren diskutierten Gründen für ein Verbot der Partei machen nun die Offenlegungen in den Recherchen deutlich, dass Pläne zu verfassungswidrigem Handeln vorliegen, an denen nach Angaben von „correctiv“ auch hochrangige AfD-Mitglieder beteiligt sind.
Welche Lehren lassen sich aus den beiden gescheiterten Verbotsverfahren gegen die NPD ziehen?
Im Jahr 2003 scheiterte das erste NPD-Verbotsverfahren wegen dem zu hohen Anteil staatlicher V-Leute in Gremien wie Bundes- oder Landesvorständen der NPD. Das zweite Verbotsverfahren im Jahr 2017 scheiterte wegen mangelnder Relevanz der Partei. Zwar wurde die Politik der NPD als verfassungswidrig eingestuft, das Potenzial, diese Politik auch umzusetzen, habe die NPD jedoch nicht.
Mit Blick auf die Wahlergebnisse der AfD bei den letzten Landtagswahlen sowie aktuelle Umfragewerte, nach denen die AfD bei der Bundestagswahl mit rund 20 Prozent zweitstärkste Kraft werden könnte, lässt sich das Argument einer mangelnden Relevanz im Fall der AfD eindeutig entkräften.
Welche politischen Parteien wurden in der Bundesrepublik Deutschland bislang verboten? Und mit welcher Begründung?
In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland kam es erst zwei Mal zu einem Parteiverbot durch das Bundesverfassungsgericht. Im Jahr 1952 wurde die Sozialistische Reichspartei (SRP) verboten, 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).
In beiden Fällen wurden die jeweiligen Parteien aufgrund ihrer Verfassungswidrigkeit verboten. Die SRP, die sich selbst als Nachfolgepartei der NSDAP verstand, wurde wegen ihrer offenen Bezugnahme auf diese für verfassungswidrig erklärt, aufgelöst und verboten. Vier Jahre später wurde die KPD verboten, da ihre Ziele sowie die oftmals absichtlich aggressiven Äußerungen darüber, wie man diese Ziele verfolgen wolle, laut dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbar seien.
Ist es nicht undemokratisch, eine Partei zu verbieten?
Als Teil des politischen Konzepts einer „wehrhaften Demokratie“ sind Parteiverbote nach Artikel 21 des Grundgesetzes explizit vorgesehen. Da ausschließlich verfassungsfeindliche Parteien, die also durch ihr Wirken die Demokratie gefährden, verboten werden können, kann man ein Parteiverbot vielmehr als ein Mittel zum Schutz der Demokratie betrachten. Zudem sind solche Verbote auch in anderen demokratischen Staaten, so zum Beispiel in Spanien, möglich.
Wer kann ein Parteiverbot beim Bundesverfassungsgericht beantragen?
Ein Parteiverbot kann nur von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden. Selbst wenn die rechtlichen Voraussetzungen für ein Verbot erfüllt sind, besteht jedoch keine Pflicht, dies tatsächlich zu tun – ein Verbotsantrag ist eine politische Entscheidung.
Welche Kriterien müssen für ein Parteiverbot erfüllt sein?
Wenn eine Partei darauf abzielt, die freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGO) zu beeinträchtigen und zu beseitigen, gilt sie als verfassungswidrig und kann somit verboten werden, das besagt Artikel 21 des Grundgesetzes. Der Schutz der Menschenwürde, die Demokratie und der Rechtsstaat stellen hierbei laut Bundesverfassungsgericht die drei zentralen Grundprinzipien der fdGO dar. Eine reine Ablehnung dieser Prinzipien reicht jedoch für ein Verbot nicht aus, vielmehr muss sich die Partei aktiv und planvoll für die Abschaffung der fdFO einsetzen.
Insbesondere ein völkisches Denken ist laut Bundesverfassungsgericht mit der fdGO unvereinbar, zudem steht es im Widerspruch zum Volksbegriff des Grundgesetzes und verletze die Menschenwürde sowie das Demokratieprinzip, da es eingebürgerte Menschen nicht als gleichwertig anerkennt.
Was würde ein Verbot der AfD im Kampf gegen den Rechtsextremismus bewirken?
Ein AfD-Verbot würde, falls erfolgreich, ein klares Zeichen gegen Rechts setzen, und somit zeigen, dass unsere Demokratie wehrhaft ist. Menschen, die für demokratische Werte und für ein respektvolles Miteinander in der Gesellschaft einstehen wären somit in ihren demokratischen Grundwerten bestätigt, und die AfD würde nicht mehr staatlich teilfinanziert werden. Auch könnte durch einen Verbotsbeschluss des Bundesverfassungsgerichtes AfD-Wähler*innen deutlich vor Augen geführt werden, wie demokratiefeindlich die Partei tatsächlich ist – was sie möglicherweise dazu bringen könnte, ihre Wahl zu überdenken.
Auch wenn ein Verbot der AfD das Grundproblem – nämlich die rechtsextreme Gesinnung erheblicher Teile ihrer Wählerschaft – nicht löst: die AfD als parlamentarischer Arm der Rechtsextremen würde durch ein erfolgreiches Verbotsverfahren wegfallen.
Unsere tägliche AfD…
Unsere tägliche AfD-Verbotsforderung gib uns heute. Es wird langsam langweilig. Eigentlich weiß man ja ganz genau, das ein Verbot nicht funktionieren wird, sonst hätte man das Verfahren schon längst eingeleitet. Man hofft aber, durch die permanenten Verbotsforderungen Eindruck auf die potentiellen Wähler zu machen. Das wird jedoch nicht funktionieren, wie eigentlich alles was man bisher versucht hat. Kleiner Tipp: Versucht es doch mal mit der "guten Politik", die Scholz versprochen hat.
Verfassungswidrigkeit stellt nur das BVerfG fest.
Zum Verbot der SRP 1952 ist nichts weiter zu sagen, da die SRP sich selbst in der Nachfolge der NSDAP sah.
Zum Verbot der KPD 1956 ist noch hinzuzufügen, dass es bereits einen kalten Krieg des Westens mit dem 'Ostblock' gab, es in der alten BRD viele Kommunistenhasser gab und die KPD als politische Alternative (zur SPD) aus dem Weg geräumt werden sollte.
Unter heutigen rechtsstaatlichen Bedingungen und mit der Erfahrung aus diesen Verbotsverfahren wäre ein heutiges Verbot der KPD nicht mehr möglich.
Nicht nur aus den Erfahrungen mit den gescheiterten Verbotsverfahren gegen die NPD sondern vor allem aus programmatischer Hinsicht ist ein Verbotsverfahren gegen die AfD illusorisch.
Unvoreingenommenheit nicht vorhanden
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