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Thüringen-Wahlkampf: Weihnachtsgeld für Rentner und eine Warnung vor der AfD

In einem Monat wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. Zum Beginn der heißen Wahlkampfphase war SPD-Spitzenkandidat Georg Maier am Dienstag im Norden des Freistaats unterwegs und warb etwa für ein Weihnachtsgeld für Rentner*innen. In Sachen AfD wurde ein Unternehmenschef sehr deutlich.

von Kai Doering · 30. Juli 2024
Rente, Pflege, Löhne: Georg Maier im Gespräch auf dem Wochenmarkt in Sondershausen

Rente, Pflege, Löhne: Georg Maier im Gespräch auf dem Wochenmarkt in Sondershausen

Die Frau mit den schlohweißen Haaren erkennt Georg Maier sofort. „Guten Morgen, Herr Maier“, sagt sie im Vorübergehen. Dann hält sie an und dreht sich um. „Sie wissen nicht, wer ich bin, aber ich kenne Sie aus dem Fernsehen.“ „Das passiert mir öfter“, sagt Georg Maier und lächelt. Seit sieben Jahren ist er Innenminister, der dienstälteste in der Geschichte Thüringens. Doch dass ihn die Menschen auf der Straße erkennen, freut ihn in diesen Tagen besonders. Schließlich wird in Thüringen am 1. September ein neuer Landtag gewählt und Georg Maier geht für die SPD als Spitzenkandidat ins Rennen. Da ist Bekanntheit eine besonders harte Währung.

Wahlkampf zwischen Blumenkohl und Hackepeter

An diesem Morgen ist Maier nach Sondershausen gekommen, eine Kreisstadt im Norden Thüringens mit gut 20.000 Einwohner*innen. Auf dem Marktplatz am Fuße des Schlosses sind Stände aufgebaut. Es gibt „Erfurter Blumenkohl“ und „frische deutsche Kartoffeln“, ein Kilo „Hackepeter“ kostet 6,99 Euro. Zwischen den Ständen läuft Georg Maier im blauen Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln umher und spricht die Menschen an.

Es geht um die Ärzteversorgung auf dem Land, Energiepreise, die zu hoch und Renten, die zu niedrig sind. „Machen Sie mal, dass wir Rentner keine Steuern bezahlen müssen“, ruft ihm eine Frau zu. „Solange wie das nicht ist, kriegt jeder von mir Pfeffer.“ Georg Maier hört aufmerksam zu, wenn er antwortet, ist seine Stimme ruhig, aber bestimmt. „Mir ist es wichtig, die Themen in den Vordergrund zu stellen, die wir hier angehen können“, sagt er.

Ein Weihnachtsgeld für Rentner*innen

Während die AfD auf ihren Plakaten eine Abschaffung der Rundfunkgebühren fordert (was nicht in Thüringen entschieden würde) und das Bündnis Sarah Wagenknecht ein Ende des Kriegs in der Ukraine (was ebenfalls nicht in Thüringen entschieden wird), setzen die SPD und Georg Maier auf einen höheren Landesmindestlohn von 15 Euro, die Gebührenfreiheit von Kita und Hort sowie die Einstellung von 1.800 zusätzlichen Polizist*innen bis 2029.

Und dann ist da noch die Idee mit dem Weihnachtsgeld für Rentner*innen: Wer in Thüringen nur die Grundrente bezieht, soll Ende des Jahres 500 Euro zusätzlich erhalten. Die SPD bezeichnet den Vorschlag selbst als „das erste konstruktive Konzept, um die Thüringer Rentnerinnen und Rentner besser zu stellen“. Profitieren sollen rund 54.000 Rentner*innen im Freistaat. Den Landeshaushalt würde das etwa 27 Millionen Euro kosten.

Unterstützung aus dem Saarland

Auf dem Sondershausenser Marktplatz kommt der Vorschlag an. Immer wieder kommt Georg Maier darüber ins Gespräch. Neben ihm steht dabei Anke Rehlinger. Die saarländische Ministerpräsidentin ist für einen Tag nach Thüringen gekommen, „um meinen Freund Georg Maier im Wahlkampf zu unterstützen“. Nach den Gesprächen auf dem Marktplatz erlebt sie eine faustdicke Überraschung. Als sie und Maier in Anschluss das Unternehmen „K-UTEC“ am Stadtrand von Sondershausen besuchen, steht sie mit einem Mal einem Bekannten gegenüber.

„Das letzte Mal haben wir uns am 9. Juni 2023 gesehen“, begrüßt sie der Geschäftsführer der Firma, Heiner Marx, ebenfalls ein gebürtiger Saarländer. Im vergangenen Jahr lernten sich beide bei einem Empfang in der Mongolei kennen. Damals begleitete Rehlinger SPD-Chef Lars Klingbeil in ihrer Rolle als Asien-Beauftragte der Partei. „Es ist schon toll, wie sich Kreise schließen“, sagt die Ministerpräsidentin und lacht laut. Und auch sonst gibt es einige Verbindungen zwischen dem Saarland und der Firma, die auf bergmännische und verfahrenstechnische Fragestellungen bei der Salzgewinnung spezialisiert ist.

Die klare Bitte den Firmenchefs

So verfüllt K-UTEC alte Salzstollen unter Sondershausen mit Schutt und anderem Abraum in erster Linie aus saarländischen Gruben. Zudem werden hier Bergmechaniker*innen „für die halbe Republik“ ausgebildet, wie Heiner Marx berichtet. Dabei steigen die Umsätze seiner Firma kontinuierlich. „Seit der Wende haben wir noch nie rote Zahlen geschrieben“, betont Marx. Damit das so bleibt, hat er an Georg Maier eine deutliche Bitte: „Tun Sie alles dafür, diese negativen Nationalisten zu verhindern“, sagt der K-UTEC-Chef mit Blick auf die AfD, die in jüngsten Umfragen bei der Landtagswahl stärkste Kraft werden könnte. Für seine Firma, die weltweit tätig ist und in der Menschen aus neun Nationen arbeiten, sei das fatal, betont Marx.

Georg Maier gefällt dieser klare Appell. Erst vor wenigen Tagen hatte er in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ gewarnt: „Die AfD ist pures Gift für die Wirtschaft“ und mehr Einsatz von Unternehmen und Verbänden gegen die als rechtsextrem eingestufte Partei gefordert. „Wenn Menschen wir Björn Höcke hier etwas zu sagen hätten, wäre das tödlich für die Wirtschaft“, erneuert Maier seine Warnung im Konferenzraum der K-UTEC. Das könne die gute wirtschaftliche Entwicklung, die Thüringen genommen habe, abwürgen.

„Thüringen ist ein Industrieland, auch wenn das manch einen überrascht“, betont Maier und rechnet vor, dass im Freistaat auf 1.000 Einwohner*innen mehr Industriearbeitsplätze kämen als in Nordrhein-Westfalen. „In Thüringen ist alles nur kleinteiliger.“

Sicherheit unter und über der Erde

Zum Abschluss führt Heiner Marx seine Gäste noch durch den Betrieb. Es geht durch Labore und Hallen. Irgendwann erzählt er, dass sich Sondershausen an manchen Stellen wegen der Salzgewinnung über die Jahre um fast zweieinhalb Meter abgesenkt habe. Mit der Verfüllung der Stollen habe die K-UTEC damit Schluss gemacht. „Wir können heute davon ausgehen, dass es keine Absenkungen mehr geben wird“, sagt Marx. „Da ergänzen wir uns gut“, antwortet Georg Maier. „Sie sorgen für Sicherheit unter der Erde und ich als Innenminister über der Erde.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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3 Kommentare

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Mi., 31.07.2024 - 11:35

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Statt Jubelwahlkampf, und das noch mit Promis, zu machen solltet ihr euch drum kümmern die 5%-Marke zu knacken. Ärztemangel: wahrlich ein Problem, speziel in ländlichen Regionen, aber solange sich die SPD den Lauterbach leistet muss man schon an der Glaubwürdigkeit arbeiten.

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Do., 01.08.2024 - 17:07

Antwort auf von Armin Christ (nicht überprüft)

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"und das noch mit Promis"

Ja, SPD-"Promis" aus dem Westen kommen gerade in Ostdeutschland besonders gut an. Die SPD beweist wieder ihr besonderes Gespür für die Stimmung der Menschen vor Ort.