Meinung

Autos und Klimaschutz: Der Verbrenner-Populismus der CDU

Ab 2035 sollen innerhalb der EU keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden. Obwohl die Initiative von ihrer eigenen Kommissionspräsidentin kam, macht die CDU nun dagegen mobil – mit mehr als fragwürdigen Argumenten.

von Kai Doering · 13. Juni 2024
Ab 2035 dürfen in der EU keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr neu zugelassen werden. CDU und CSU nutzen das für ihren Populismus.

Ab 2035 dürfen in der EU keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr neu zugelassen werden. CDU und CSU nutzen das für ihren Populismus.

Die Abstimmung war schnell beendet. Ende Mai wollte die CDU per Online-Umfrage wissen: „Unterstützen Sie die Forderung zur Rücknahme des Verbrenner-Verbotes?“ Keine 24 Stunden später wurde die Umfrage wegen angeblicher Manipulation vom Netz genommen. Nach Informationen der „Bild“ hatten sich bis dahin mehr als 85 Prozent der Teilnehmer*innen für ein Verbot des Verbrennungsmotors ausgesprochen – und damit gegen die Position der CDU gestimmt.

Verbrenner- Ende: Darauf hat sich die EU geeinigt

Im Europawahlkampf hatte diese das Thema für sich entdeckt und mit markigen Worten für eine Rücknahme des EU-weiten Verbrenner-Endes ab 2035 geworben. „Das Verbrenner-Aus schadet dem Wohlstand in unserem Land“, behauptete etwa CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Und sein CSU-Gegenstück Martin Huber verstieg sich gar zu der Aussage: „Der Verbrennermotor ist Basis unseres Wohlstands in Deutschland. Es wäre Irrsinn, diese Technologie einfach zu verbieten.“

Das jedoch ist gar nicht vorgesehen. Im vergangenen Jahr einigten sich die EU-Staaten und das Parlament darauf, dass die sogenannten CO2-Flottengrenzwerte für Autos und Transporter ab 2035 auf null sinken sollen. Neu zugelassen Autos dürfen danach beim Fahren kein CO2 mehr ausstoßen. Für Autos, die vorher zugelassen wurden und Gebrauchtwagen, ändert sich nichts. Auch dürfen in Deutschland weiterhin Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor herstellt werden. Vorgeschlagen hatte die entsprechenden Gesetze die EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen (CDU), um die Klima-Ziele einzuhalten. Rund 20 Prozent der EU-weiten CO2-Emissionen entstehen derzeit im Straßenverkehr.

Die Autohersteller haben sich schon angepasst

Die Autohersteller haben bereits reagiert. Die Zeitpläne, ab wann keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr angeboten werden sollen, stehen lange fest. Die meisten planen bereits ab 2030 nur noch elektrisch. Das ist weniger eine Umwelt- als vielmehr eine Kostenfrage: Benzin wird immer teurer, Autos mit Verbrennungsmotor im Vergleich zu Elektrofahrzeugen immer unattraktiver.

CDU und CSU ficht das jedoch nicht an. In einem Antrag, der am Donnerstag im Bundestag beraten wird, fordern sie von der Bundesregierung, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass „die Neuzulassung und der Weiterbetrieb von ausschließlich mit klimafreundlichen Kraftstoffen betriebenen Fahrzeugen – auch solchen mit Verbrennungsmotor – über das Jahr 2035 hinaus ohne Enddatum“ möglich wird.

Die Probleme der E-Fuels

Dabei setzen die Unionsabgeordneten vor allem auf sogenannte E-Fuels. Bei der Herstellung diese synthetischen Kraftstoffe wird der Luft CO₂ entzogen und mithilfe von Strom ein flüssiger Kraftstoff erzeugt, der wie Benzin und Diesel im Motor verbrannt wird. Bei der Verbrennung wird nur so viel CO₂ freigesetzt, wie zuvor bei der Erzeugung gebunden wurde, so das Versprechen.

Allerdings: Für die Herstellung von E-Fuels wird sehr viel Strom benötigt. Klimafreundlich ist das Verfahren also nur, wenn der Strom aus Erneuerbaren Quellen stammt. Ein weiterer Haken: Das CO₂ wird nicht unbedingt dort wieder ausgestoßen, wo es bei der Herstellung des Kraftstoffs gebunden wurde. Wurde das E-Fuel in den USA hergestellt, aber in Europa verbrannt, steigen hier die CO₂-Emissionen.

E-Fuels sind bereits jetzt ausgenommen

Hauptargument gegen E-Fuels sind aber ihre hohen Produktionskosten und der geringe Wirkungsgrad. Während die Kosten für Elektrofahrzeuge und Strom seit Jahren sinken, ist die Herstellung von E-Fuels nicht nur teuer. Es ist wird auch viel zu wenig davon produziert, um eine ganze Fahrzeugflotte betanken zu können. Expert*innen raten deshalb dazu, E-Fuels lieber dort einzusetzen, wo es bisher keine Alternativen etwa durch Elektroantriebe gibt: in Schiffen etwa oder in Flugzeugen und LKW.

All das wissen CDU und CSU, doch es hält sie nicht ab, weiter für den Verbrenner zu trommeln. Auch ihr Argument, mit ihrem Antrag auf E-Fuels abzuzielen, zieht nicht, denn die sind auf europäischer Ebene bereits jetzt vom Verbrenner-Aus ausgenommen. Fahrzeuge, die mit E-Fuels betrieben werden, dürfen auch ab 2035 neu zugelassen werden. Dafür wird bis Herbst dieses Jahres eine neue Fahrzeugkategorie namens „e-fuels only“ schaffen. Das Vorgehen der Union ist also nur eines: purer Populismus.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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1 Kommentar

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Sa., 15.06.2024 - 15:16

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"Wurde das E-Fuel in den USA hergestellt, aber in Europa verbrannt, steigen hier die CO₂-Emissionen." Ein bischen mehr Grundkenntnisse in Sachen Geologie/Meteorologie wäre schon wünschenswert, denn egal wo das CO2 ausgestoßen wird, innerhalb kürzester Zeit hat es sich in der globalen Atmonsphäre verteilt.
Das Jahr 1816 nennt man das Jahr ohne Sommer mit Mißernten und Hungersnöten Weltweit, weil 1815 der Vukan Tambora (heute Indonesien) ausgebrochen war und den Himmel verdunkelte.