Inland

Studie „Jugend in Deutschland“: Die junge Generation rückt nach rechts

Die Ergebnisse der diesjährigen Jugend-Trendstudie zeigen: Junge Menschen blicken zunehmend pessimistisch in ihre Zukunft. Das hat auch Auswirkungen auf die politische Einstellung – mit einem klaren Profiteur.

von Finn Lyko · 23. April 2024
Junge Menschen fühlen sich von der Politik oft nicht gehört, das zeigt die aktuelle Jugend-Trendstudie.

Junge Menschen fühlen sich von der Politik oft nicht gehört, das zeigt die aktuelle Jugend-Trendstudie.

Junge Menschen blicken „so pessimistisch wie noch nie“ in die Zukunft, stellt Simon Schnetzer, Leiter der aktuellen Trendstudie „Jugend in Deutschland“ fest. Für den derzeitigen „Krisenmodus“ sei kein Ende in Sicht – und junge Menschen entsprechend verunsichert. Inflation, Krieg oder Klimakrise sorgten zudem für einen klaren Abwärtstrend in der Bewertung der eigenen Lebensqualität, so Schnetzer.

Die größte Sorge junger Menschen sei dabei die Inflation, heißt es in der Studie. Direkt darauf folgen der Krieg in der Ukraine und in Nahost, die mangelnde Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum, die Spaltung der Gesellschaft, die Klimakrise und Altersarmut. All diese Faktoren erhöhen auch die psychische Belastung junger Menschen, die unter den Befragten der Jugendstudie „so hoch wie noch nie“ seien – etwa zehn Prozent der 14- bis 29-Jährigen befänden sich in psychologischer Behandlung.

Die Pandemie ist vorbei, die Verunsicherung bleibt

Doch während insbesondere die aus Krisen resultierende psychische Belastung junger Menschen spätestens seit der Coronapandemie bekannt ist, zeigt die Jugend-Trendstudie für das Jahr 2024 eine neue Entwicklung: Bei der Frage nach Parteipräferenzen geht vor allem die AfD als klarer Gewinner hervor.

Im Vergleich zur Studie des Vorjahrs legte die in Teilen rechtsextreme Partei bei der Frage nach Parteipräferenz um zehn Prozentpunkte zu, die CDU/CSU um vier. Die Regierungsparteien verloren jeweils zwischen vier und sechs Prozentpunkte. Somit könne man durchaus von einem Rechtsruck, vor allem aber von einem „Oppositionsruck“ sprechen, sagt der Co-Autor der Studie, der Soziologe Klaus Hurrelmann.

Das liegt vor allem an einem: dem vorherrschenden Gefühl, der Staat kümmere sich nicht – viele Menschen wüssten dadurch nicht mehr, wen sie wählen sollten. Zwar sei die Pandemie vorbei, doch die von starker Verunsicherung geprägte Atmosphäre dieser Zeit sei geblieben, so Hurrelmann. Viele sehnten sich nach Stabilität, und seien dadurch anfällig für die Parolen der AfD – denn die wisse den Pessimismus der Jugend für sich zu nutzen. Auch die Präsenz der in Teilen rechtsextremen Partei in den Sozialen Medien sei dabei nicht zu unterschätzen.

Mehr Teilhabe als Lösung

Viele seien frustriert darüber, in der Vergangenheit nicht gehört worden zu sein und keinen Einfluss auf wichtige Entscheidungen gehabt zu haben. Das trage maßgeblich zu der bestehenden Unsicherheit bei, heißt es in der Jugend-Trendstudie.

Es brauche daher mehr Gelegenheiten zur Teilhabe, betonen die Leiter der Studie. Man müsse junge Menschen wieder begeistern, erklärt Simon Schnetzer. Denn das Interesse für Politik und die Bereitschaft, Dinge anzupacken, seien durchaus vorhanden.

SPD-Expertin: Startchancenprogramm wird Wirkung entfalten

„Wir müssen als Ampel unsere Fortschrittsversprechen einhalten“, fordert die jugendpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Leni Breymaier, als eine Konsequenz der Studienergebnisse. Dazu gehörten auch ein verantwortlicher Umgang mit der Schuldenbremse, Maßnahmen für bezahlbaren Wohnraum, Bildungs- und Klimaschutzinvestitionen, gezielte Hilfen für benachteiligte junge Menschen sowie eine ausreichende finanzielle Ausstattung des Kinder- und Jugendministeriums auf Bundesebene.

Gleichzeitig verweist Breymaier auf Dinge, die bereits beschlossen wurden, aber noch ihre Wirkung entfalten müssten: „Das Startchancenprogramm, also eine Milliarde vom Bund jedes Jahr in den nächsten zehn Jahren, nicht als Gießkanne, sondern wo es sehr nötig ist, das sind die wichtigen Antworten“, ist Breymaier überzeugt.

Die SPD versuche zudem „verstärkt auf die jungen Menschen zuzugehen – auch im Internet“, betont Breymaier. Die 50 SPD-Abgeordneten unter 35 Jahren „können hier echte Brückenbauer sein“, ist sie überzeugt. „Und wir müssen auf allen Kanälen kommunizieren, es reicht nicht mehr um 20 Uhr in der Tagesschau zu sein. Ich glaube an die Jugend und ich hoffe, die Jugend glaubt auch an uns, an die Gestaltungskraft der Demokratie.“

Autor*in
FL
Finn Lyko

ist Volontärin in der vorwärts-Redaktion.

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5 Kommentare

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Mi., 24.04.2024 - 06:47

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wie wichtig das Demokratiefördergesetz und die Zuwendungen für regierungsnahe Nichtregierungsorganisationen der Genossen Faeser sind, um dem zu begegnen. Ich höre schon aus Kreisen des politischen Gegner, dass die Ursachen dieses Rechtsschwenk der Jugend ausländerfeindlich konnotiert wird. Die jugendlichen leben in einer Gesellschaft, die eine andere soziologische Zusammensetzung aufweist als der Durchschnitt oder die Älteren. Sie sind Minderheit unter häufig von bestimmten Gruppen zugewanderter Menschen dominierten Altersgenossinnen und -genossen. In diesem Zusammenhang verweisen sie dann auch auf den Trend, zum Islam zu konvertieren, um Ruhe auf dem Schulhof zu haben.
Dies - so wird behauptet- mache die Jugendlichen besonders empfänglich für Parteien, die einen Schwerpunkt auf Deutsch legen und weniger internationalistisch, als dies bei uns im linken Spektrum der Fall ist. Ich glaube das nicht, und wenn es doch so sein sollte, dann müssen die deutschen jugendlichen halt noch intenisiver geschult werden-ggf auch in besonderen Bildungseinrichtungen.

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Mi., 24.04.2024 - 13:38

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Eine sehr gefährliche Entwicklungwegen der Unzufriedenheit (keine Perspektiven, Umweltzerstörung, Kriege etc.). Eine enorme Ursache für diese Anzeichen ist in der Blockadepolitik der FDP zu finden, so dass man glauben könnte, Lindner,Wissing & Co. würden es darauf anlegen, mit der AfD zu koalieren, weil viele politischen Ziele (Kürzung der Sozialausgaben, Steuererleichterungen für die Reichen, Wiederbelebung der Atomkraftwerke, Einschränkung des Streikrechtes etc.etc.) sich gleichen, wobei die Unionsparteien natürlich in die gleiche Richtung tendieren.

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Mi., 24.04.2024 - 16:08

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Kleiner Tipp, der natürlich nicht beherzigt weden wird: Es liegt nicht an der Kommunikation oder an den Kanälen. Es liegt an den realen Zuständen, die die Politik gerne ausblendet und die Mainstreammedien gerne verschweigen, die aber gerade für Jugendliche alltägliche Realität ist. Und es gibt eben nur eine Partei, die diese Probleme anspricht statt sie kleinzureden und zu verharmlosen oer gar ins Gegenteil zu verkehren. Solange das so bleibt, wird es auch weiteren Zulauf für diese Partei geben. Nur Ehrlichkeit kann jetzt noch helfen.