TV-Duell zwischen Höcke und Voigt: Die Banalisierung des Rechten
Statt klare Kante gegen Rechtsextremismus zu zeigen, streitet sich der Thüringer CDU-Chef Voigt im TV-Duell mit AfD-Mann Höcke über die korrekte Bezeichnung von rohem Hackfleisch. Ein weiterer Schritt zur Normalisierung des Rechtsextremismus in Deutschland
IMAGO / Müller-Stauffenberg
Demonstration gegen Rechtsextremismus
„Faschisten hören niemals auf, Faschisten zu sein. Man diskutiert mit ihnen nicht, hat die Geschichte gezeigt.“ Viele Menschen zitieren am Donnerstagabend in den sozialen Medien diese Zeilen aus dem Lied „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ des Musikers Danger Dan. Passenderweise. Denn zur besten Sendezeit zeigt der Privat-Sender „Welt-TV“ ein sogenanntes Duell zwischen dem Rechtsextremisten Björn Höcke und Mario Voigt von der CDU.
Staatstragend und naiv
Dieses Format strotzt nur so vor Naivität. Erstens die Moderation, Welt TV-Chefmoderatorin Tatjana Ohm und -Chefredakteur Jan Philipp Burgard empfangen die beiden Thüringer Politiker im Berliner Studio des Fernsehsenders pünktlich um 20.15 Uhr. Im Hintergrund das Thüringer Landeswappen, die ganze Aufmachung staatstragend, als würde an diesem Abend die Landtagswahl im Freistaat entschieden. Schon zum Einstieg zitiert Ohm Höckes Satz vom AfD-Parteitag im Magdeburg 2023 „Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann.“ Ein Satz, der nur so trieft vor EU-Feindlichkeit, vor Demokratieverachtung und Rechtsextremismus. Für „Welt TV“ offenbar eine These, über die man doch mal diskutieren kann.
Und anscheinend ist das Springer-Medium damit nicht alleine, denn stolz verkündete der Sender im Vorfeld, es hätten sich mehrere Medien um die Austragung dieses Duells beworben, ehe man selbst den Zuschlag bekommen habe. Kaum verwunderlich, wenn man sich die Nach-Berichterstattung anderer Medien anschaut. Auch sie zeigen dadurch ihre Naivität, heben sie Höcke doch auf ein Podest und adeln dieses Wetteifern zwischen einem rechtskonservativen CDU-Politiker und einem Rechtsextremisten als demokratischen Wettstreit.
Nichts aus dem Dammbruch gelernt
Schließlich scheint auch die Thüringer CDU nichts aus der jüngeren politischen Geschichte des Landes gelernt zu haben. Viele erinnern sich noch gut an den „Dammbruch“ im Februar 2020, als FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit den Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Die Union sackte daraufhin in Umfragen kurzzeitig bis auf zwölf Prozent ab, zeigte sich geläutert und versprach Neuwahlen im darauffolgenden Jahr. Die Neuwahlen blieben bekanntlich aus, die Läuterung auch. Schon im vergangenen Jahr bröckelte die Brandmauer der CDU wieder, als sie im Landtag erneut gemeinsame Sache mit der AfD machte, deren Thüringer Landesverband der Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem einstuft.
Dass CDU-Landeschef Voigt nun mit Höcke gemeinsam in die TV-Manege stieg, zeigt letztlich nur eines: Der Unionspolitiker will sich wenige Monate vor der Landtagswahl um jeden Preis profilieren. Denn wenn die CDU wirklich zu ihrem Wort steht, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, wird Björn Höcke kaum Chancen haben, im Herbst Ministerpräsident des Freistaates zu werden. Die Wahl dürfte vielmehr zwischen dem amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow und Voigt entschieden werden. Ramelow gilt jedoch als deutlich beliebter als sein konservativer Kontrahent.
Am Ende profitiert nur Höcke
Letztlich profitiert von der ganzen Farce – ähnlich wie beim Dammbruch 2020 – nur einer: Björn Höcke. Denn dieses TV-Duell war nur ein weiterer Schritt zur Normalisierung des Rechtsextremismus in Deutschland. Höcke hat sich in den vergangenen zehn Jahren regelmäßig durch seine Äußerungen demaskiert, seine Partei kommt in Umfragen in Thüringen trotzdem regelmäßig auf 30 Prozent und mehr. Für ein „Wehret den Anfängen“ ist es längst zu spät, für die klare Kante gegen Rechtsextremismus nie. Doch stattdessen wird dieser verharmlost, indem sich Voigt und Höcke zur besten Sendezeit darüber zanken, ob man in Thüringen Mettbrötchen oder Gehacktes zu rohem Hackfleisch sagt. Es ist – frei nach Hannah Arendt – die entsetzliche Banalisierung des Rechten.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo
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