Geschichte

Engels-Haus: Warum sich ein Besuch in Wuppertal lohnt

Vor 175 Jahren kämpfte der politische Philosoph Friedrich Engels für Demokratie und Freiheit. Eine Ausstellung im Engels-Haus in Wuppertal erinnert nun an sein revolutionäres Wirken.

von Jonas Jordan · 7. Mai 2024
Ein Miniaturmodell des Geburtshauses von Friedrich Engels im heutigen Wuppertal.

Ein Miniaturmodell des Geburtshauses von Friedrich Engels im heutigen Wuppertal.

Friedrich Engels war nie in Wuppertal. Den Namen trägt die durch die Vereinigung von Elberfeld und Barmen gegründete Stadt erst seit 1930. Und doch gilt der deutsche Philosoph heute als wohl berühmtester Sohn Wuppertals. 

In Elberfeld ging er zur Schule, in Barmen wurde er geboren. Hier steht auch das Friedrich-Engels-Haus, das bereits 1970 anlässlich seines 150. Geburtstages im Beisein von Willy Brandt eröffnet wurde. Der berühmte Gesellschaftstheoretiker hat hier sicherlich viel Zeit verbracht. 

Ein Geschenk aus China

Das Haus gehörte seinem Großvater, Friedrich Engels wohnte wenige Meter weiter. Sein Geburtshaus wurde 1943 bei einem Bombenangriff zerstört und nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgebaut. An das Haus erinnert ein etwas verwitterter Gedenkstein aus dem Jahr 1958. 

Deutlich jünger ist die Statue wenige Schritte entfernt. Seit 2010 blickt der fast vier Meter große Friedrich Engels nachdenklich dem Besucher entgegen. Ein Geschenk der Volksrepublik China, geschaffen von dem Bildhauer Zeng Chenggang.

Die chinesische Engels-Statue in Wuppertal

Ähnlich wie das Karl-Marx-Haus in Trier wird auch Engels‘ Erinnerungsstätte von zahlreichen Besucher*innen aus Fernost frequentiert. Schulklassen oder Funktionär*innen der Kommunistischen Partei, die auf den Spuren ihrer ideologischen Vorbilder durch Deutschland reisen. Dabei mögen die Ideale, für die Engels einst kämpfte, wenig zur totalitär regierten Volksrepublik passen.

An den jungen Revolutionär, der hier vor genau 175 Jahren für Demokratie und Freiheit kämpfte, erinnert derzeit eine Ausstellung im Engels-Haus.

Kommandeur mit 28 Jahren

Im Elberfelder Aufstand hatte er mit damals 28 Jahren im Mai 1849 das Kommando über die Artillerie und die Leitung der Befestigungsarbeiten inne. Die revolutionären Bestrebungen waren bereits ins Hintertreffen geraten, auch Engels‘ Hoffnung, die Kämpfe von Elberfeld mögen sich auf das gesamte Rheinland ausdehnen und zu einem Aufbäumen für die Demokratie werden, erfüllte sich bekanntlich nicht. 

Das liberale Bürgertum Elberfelds fürchtete, dass Friedrich Engels eine „rote Republik“ anstrebe. Bereits nach wenigen Tagen musste er seine Heimatstadt wieder verlassen. Später suchte ihn die Polizei per Steckbrief. Und doch wurde fast genau 100 Jahre später nicht einmal 90 Kilometer entfernt das Grundgesetz in Bonn unterzeichnet, in dem genau diese Ideale Einzug erhielten.

An das Jubiläum des Grundgesetzes wird dieser Tage viel erinnert, an das der Revolution von 1848/49, die ersten Bemühungen für Demokratie in einem längst noch nicht geeinten Deutschland wenig. 

Umso wichtiger ist die Ausstellung unter dem Titel „Marx, Engels und die Revolution“, die in Zusammenarbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Stadt Wuppertal, dem Museum für Industriekultur und dem Karl-Marx-Haus entstanden ist. Im Revolutionsjahr 1848 veröffentlichen die beiden Revolutionäre, die sich wenige Jahre zuvor kennengelernt haben, ihr berühmtes Manifest der Kommunistischen Partei. Laut den Autor*innen der Ausstellung jedoch zu knapp vor der Revolution, um darin eine Rolle zu spielen.

Nach der Revolution ins Exil

Eine Rolle sowohl im Revolutionsgeschehen von 1848/49 als auch in der Ausstellung spielen hingegen Frauen wie Mathilde Franziska Anneke. Sie war als Journalistin im Kölner Arbeiterverein aktiv, wo sie Marx und Engels kennenlernte. Sie kämpfte in der Reichsverfassungskampagne 1849 in der Pfalz und in Baden. Nach der gescheiterten Revolution ging sie mit ihrem Mann ins Exil, wo sie sich gegen die Sklaverei engagierte. 

Auch andernorts beteiligten sich Frauen aktiv an den revolutionären Kämpfen. So schwärmte Engels von zwei Französinnen im Barrikadenkampf, die in der Februarrevolution ihr Leben ließen. Das Wahlrecht und politische Teilhabe blieb ihnen jedoch noch lange verwehrt. Erst 70 Jahre später mit der Gründung der Weimarer Republik wurde dies Wirklichkeit.

Nach der gescheiterten Revolution verließen Marx und Engels Deutschland. Sie gingen ins Exil nach England. Dort unterstützte der Industriellensohn Engels den Freund aus Trier großzügig, der 1867 den ersten Band des „Kapitals" veröffentlichte. 

Nach Marx‘ Tod im Jahr 1883 publizierte Engels aus dessen gesammeltem Nachlass auch die beiden weiteren Bände. Früh erkannte er die Zeichen der Zeit und warnte in einer Artikelreihe im „vorwärts“ vor einem Aufrüsten in Europa, das Jahrzehnte später in den Beginn des Ersten Weltkrieges mündete.

Warnungen im „Vorwärts“

Der große Theoretiker, der er zu dieser Zeit war, wirkte also viel mehr in England als in Wuppertal. Insofern wirkt die Statue des nachdenklichen, älteren Engels wenige Meter vom Standort seines Geburtshauses entfernt nicht ganz passend. Auch deshalb wollten die Macher in Wuppertal lieber den jungen Revolutionär dargestellt haben. Die chinesischen Gönner entschieden sich anders. Sei’s drum, ein Besuch der Ausstellung im Engels-Haus lohnt sich trotzdem.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

Weitere interessante Rubriken entdecken

0 Kommentare
Noch keine Kommentare