Mit diesem Programm will die SPD in die Europawahl gehen
An diesem Wochenende will die SPD nicht nur Katarina Barley zur Spitzenkandidatin für die Europawahl küren. Sie wird auch ihr Wahlprogramm beschließen. Im Mittelpunkt steht dabei ein Begriff, der schon im Bundestagswahlkampf eine wichtige Rolle spielte.
Kai Doering | vorwärts
Mit einem vergleichsweise schmalen Programm zieht die SPD in den Europawahlkampf. Dabei setzt sie auf Respekt.
Der Europäischen Union ging es schon mal besser. „In Zeiten, in denen Europa erneut durch Nationalistinnen und Nationalisten sowie Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten bedroht wird, in Zeiten des Krieges auf dem Europäischen Kontinent, im Angesicht sozialer und wirtschaftlicher Schieflagen und vom zunehmend spürbaren Klimawandel braucht es neue Impulse, um den Zusammenhalt der Europäischen Union zu stärken.“ Das schreibt die SPD auf der letzten von 40 Seiten ihres Programms für die Europawahl.
Wie diese Impulse aussehen sollen, darum geht es auf den 39 Seiten davor. „Gemeinsam für ein starkes Europa“ lautet der Titel des, im Vergleich zur Bundestagswahl, schmalen Programms. Ein Begriff jedoch spielt ebenso wie vor drei Jahren eine wichtige Rolle: der Begriff des Respekts.
Die SPD macht diesen an verschiedenen Punkten fest.
Wirtschaft/Energie/Klimaschutz
Ziel der SPD ist, die Wirtschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität zu unterstützen. Dafür soll der von EU-Kommissar Frans Timmermanns entwickelte „Green Deal“ zu einer „umfassenden Standort- und Resilienzstrategie“ weiterentwickelt werden. Die europäische Energieversorgung soll dabei „erneuerbar, bezahlbar und sicher“ sein. Dafür will die SPD eine „europäische Energieunion“ etablieren. „Aus verbundenen nationalen Energienetzen muss ein europäisches Netz werden“, fordern die Sozialdemokrat*innen.
Damit „Strom dauerhaft günstig“ wird, will die „eine tiefgreifende, strukturelle Reform des EU-Strommarktdesigns“. So soll Strom aus Erneuerbaren Energien besser in den Strommarkt integriert werden. Bisher richtet sich dieser vor allem an Energie aus fossilen Quellen aus. Bei allen Veränderungen will die SPD die Bürger*innen nicht aus dem Blick verlieren. „Wir sind die Garanten dafür, dass der grüne Wandel in Europa gerecht abläuft und sozial gestaltet wird“, heißt es im Wahlprogramm.
Europäische Institutionen/EU-Erweiterung
Darin bekennt sich die SPD auch klar zu einer wachsenden Europäischen Union. „Nach jahrelanger Verzögerung ist es nun allerhöchste Zeit, die Staaten des westlichen Balkans zügig in die Mitte unserer Gemeinschaft aufzunehmen, wenn die Beitrittskriterien erfüllt sind“, heißt es im Papier. Auch die Ukraine und Moldau sollen in die EU aufgenommen werden, „sobald sie die Aufnahmekriterien erfüllen“.
Damit die Europäische Union weiter funktionsfähig bleibt, plädiert die SPD für strukturelle Reformen. So will die das Einstimmigkeitsprinzip im Europäischen Rat der Regierungen durch die Einführung von Mehrheitsentscheidungen ablösen. Einzelne Länder sollen so Entscheidungen der gesamten EU nicht mehr blockieren können. Das Europaparlament soll nach dem Willen der SPD ein „echtes Initiativrecht“ für Gesetzesvorhaben erhalten. Länder, die gegen die gemeinsamen Werte der EU verstoßen, sollen schärfer sanktioniert werden können.
Flüchtlingspolitik
In ihrem Europawahlprogramm begrüßt die SPD die Einigung der Mitgliedsstaaten auf eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Sie stellt aber auch klar: „Wir wollen, dass ein gemeinsames Systems nicht länger nur auf dem Papier existiert, sondern von allen Mitgliedsstaaten angemessen getragen wird und den schutzsuchenden Menschen in der Praxis Hilfe leistet.“ Das „individuelle Menschenrecht auf Asyl“ müsse ebenso „unumstößliche Basis“ des europäischen Asylsystems sein wie das internationale Flüchtlingsrecht.
Die SPD wirbt ebenso dafür „mehr Wege für legale Arbeitsmigration nach Europa“ zu eröffnen wie „sichere und legale Fluchtwege (zu) schaffen“. Dafür sollen auch Geflüchtete direkt aus Aufnahmenlagern nach Deutschland geholt werden. Die ziviele Seenotrettung dürfe „nicht kriminalisiert werden und wird weiter von uns unterstützt“, verspricht die SPD.
Arbeit/Soziales
Die SPD will gute Arbeitsbedingungen überall in Europa. Deshalb fordert sie in ihrem Programm für die Europawahl verpflichtende Tariftreueklauseln für die gesamte Staatengemeinschaft. Auch das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleich Ort“ müsse überall innerhalb der EU gelten. Zudem sollen Beihilfen nur gezahlt werden, wenn Standards wie Tarifbindung, Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung eingehalten werden.
Wie in Deutschland soll es auch innerhalb der EU ein Lieferkettengesetz geben. So soll verhindert werden, „dass Produkte, die durch Zwangsarbeit oder Ausbeutung von Mensch und Natur hergestellt werden, überhaupt in den europäischen Binnenmarkt gelangen.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.
Mit der Genossin Barley
wird der Europawahlkampf zum "Grand mit Vieren", ein Selbstgänger, denn auch thematisch sind die Akzente gut gesetzt. Gegen Rechts, natürlich muss das im Zentrum stehen- dann die ökologische Wende, da graben wir den Grünen das Wasser ab, nach und nach. Migration natürlich auch, wir brauchen nicht nur den weiteren Zuzug der Fachkräfte, wir müssen auch den schutzsuchenden Männern zur Seite stehen, und dürfen dann den Familiennachzug nicht vernachlässigen- insoweit glaube ich, könnten wir heute schon mehr tun (wer steht da auch der Bremse´, bei der Visaerteilung?) . Und die Erweiterung, natürlich müssen Albanien , Moldau, Georgien, die Ukraine und alle weiteren Willigen mit offenem herzen empfangen werden. Mehr ist mehr, das gilt hier ohne Zweifel. Auch die Beitrittsgespräche mit der Türkei müssen aufrecht erhalten werden, damit es schnell geht in der Zeit nach Erdogan- der ja nun leider zuviel Porzellan zerschlagen hat, sich selbst ein Bein stellt. Alles in allem: Ein ganz vorzügliches Wahlprogramm, dem eine Erfolgsgeschichte ungekannten Ausmaßes folgen wird- da gibt es keine Zweifel. Zu und zu schön, das Ganze- weiter so.