Inland

Flüchtlingsgipfel der Länder mit Scholz: Setzt die Union auf Krawall?

In Berlin wächst die Spannung vor der Ministerpräsident*innenkonferenz am Mittwoch zur Flüchtlingspolitik. In Teilen der Union setzt man auf Konflikt statt Konsens. Die SPD setzt auf einvernehmliche Lösungen.

von Lars Haferkamp · 5. März 2024
Hier herrschte noch Konsens statt Konflikt: Bundeskanzler Olaf Scholz (m.) mit den Ministerpräsidenten Stephan Weil (l.) und Boris Rhein (r.) nach der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. November 2023 in Berlin

Hier herrschte noch Konsens statt Konflikt: Bundeskanzler Olaf Scholz (m.) mit den Ministerpräsidenten Stephan Weil (l.) und Boris Rhein (r.) nach der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. November 2023 in Berlin

Schlägt der Konfrontationskurs von CDU-Chef Friedrich Merz gegenüber der Ampel auch auf die Ministerpräsidenten der Union durch? Das Treffen der Länderregierungschef*innen mit dem Bundeskanzler zur Asyl- und Flüchtlingspolitik am Mittwoch in Berlin dürfte darüber Auskunft geben. Aus der Union kommen Signale, die auf Konflikt statt auf Konsens deuten.

Bei ihrem Treffen wollen Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsident*innen den aktuellen Stand der Asyl- und Flüchtlingspolitik beraten. Bei der letzten Ministerpräsident*innenkonferenz (MPK) im November 2023 standen die Zeichen noch auf Einigung: Damals hatten sich Scholz und die Bundesländer darauf verständigt, dass der Bund ab 2024 für jede Person, die zum ersten mal einen Asylantrag in Deutschland stellt, eine Pauschale von 7.500 Euro pro Jahr zahlt. Doch dann folgte die Kursänderung von CDU-Chef Friedrich Merz, der auf Blockade statt auf Konsenslösungen setzt.

SPD will einvernehmliche Lösungen

Die SPD-Seite setzt auf einvernehmliche Lösungen, ist aber auch darauf vorbereitet, dass die Union Krawall macht und die Konferenz aufmischen will. Das ist vor dem Hintergrund der Landtagswahlen im Herbst für einige in der Union eine Versuchung. Aus dem Umfeld der SPD wird davor gewarnt. Denn Streit über die Flüchtlingspolitik nutze am Ende meist der AfD. Die SPD-Seite würde also gerne den Kurs der Zusammenarbeit fortsetzen, der im November zwischen den Ministerpräsident*innen und dem Kanzler geherrscht hatte.

Früher Zeitpunkt für Zwischenbilanz

Vor der MPK kritisieren einige Bundesländer, die Finanzierung des Bundes mit 7.500 Euro pro geflüchteter Person reiche nicht aus. Der Bund müsse den Betrag erhöhen. Zugleich kommt von den Kommunen Kritik an den Ländern, dass diese die Bundesmittel nicht ausreichend an Städte und Kreise weiterleiten.

Am Mittwoch soll es nun eine Bestandsaufnahme geben, was von den November-Beschlüssen umgesetzt wurde und wo noch Nachbesserungsbedarf besteht. In der SPD ist von einer Zwischenbilanz die Rede. Denn einige Beschlüsse der vorherigen MPK sind erst seit wenigen Wochen oder Monaten in Kraft, so dass man ihre Wirkung noch nicht belastbar beurteilen könne. 

Nancy Faeser verhandelt Migrationsabkommen

Bei der Zwischenbilanz geht es auch um die Bezahlkarte für Geflüchtete, verstärkte Kontrollen an den deutschen Grenzen und die Prüfung von Asylverfahren außerhalb der EU. Da sich das Letztere als schwierig gestaltet, sieht die Union Grund für Kritik.

Bereits im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP auf eine „Rückführungsoffensive“ geeinigt. Da Herkunftsstaaten ihre ausreisepflichtigen Bür­ge­r*in­nen oft nicht zurücknehmen oder die Prozesse dazu in die Länge ziehen, setzt die Ampel-Koalition auf Migrationsabkommen. Bei den SPD-Ministerpräsident*innen werden die Abkommen der Bundesregierung als nötig und sehr nützlich bewertet. 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist seit Monaten weltweit zu Gesprächen unterwegs, um entsprechende Abkommen zu unterzeichnen. Das Ziel ist, dass die Herkunftsländer sich darin möglichst verbindlich zur Rücknahme abgelehnter Asylbewerber*innen aus ihren Staaten verpflichten. Nancy Faeser hat bereits Migrationsabkommen mit Indien und mit Georgien unterzeichnet. Weitere sollen folgen. Man sei „in guten Gesprächen“ mit Moldau, Kolumbien, Usbekistan, Kirgisistan, Kenia und Marokko, so die Bundesinnenministerin.

Ob es am Mittwoch zu konkreten Beschlüssen der Regierungschef*innen mit dem Kanzler kommt, gilt zur Zeit noch als unklar. Sollten die Unions-geführten Länder dem Blockadekurs von CDU-Chef Friedrich Merz folgen, ist damit nicht zu rechnen. In Berlin wird davon gesprochen, die Union könne die Ministerpräsident*innenkonferenz zur Kritik an Scholz und der Ampel instrumentalisieren, aber nicht zu vorwärts weisenden Entscheidungen nutzen. Damit solle der Druck auf die Bundesregierung erhöht werden.

Olaf Scholz kommt Wunsch der Länder nach

Während im vergangenen November Bundeskanzler Scholz die Ministerpräsident*innen ins Kanzleramt eingeladen hatte, ist Scholz am Mittwoch Gast der Länder und dies auch nur für zwei Stunden zum Tagesordnungspunkt „Gespräch der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit dem Bundeskanzler zur Flüchtlingspolitik“. Die Sitzung findet daher auch nicht im Bundeskanzleramt statt, sondern in der Hessischen Landesvertretung in Berlin, da Hessens CDU-Ministerpräsident Boris Rhein derzeit den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz hat. 

Ursprünglich war das nächste Treffen der Länder mit dem Kanzler erst für Juni dieses Jahres geplant. In diesem März wollten sich die Regierungschef*innen der Bundesländer eigentlich ohne Scholz treffen. Nun hatten sie aber doch auf eine Konferenz mit dem Kanzler gedrängt und MPK-Chef Rhein hatte in Berlin ausdrücklich darum gebeten. Diesem Wunsch kommt Olaf Scholz am Mittwoch nun nach.

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3 Kommentare

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Mi., 06.03.2024 - 15:02

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"Setzt die Union auf Krawall?" Ausgerechnet die Union meint, Grund zum Krawall zu haben. Dabei hat doch Frau Merkel 2015 gesagt: "Wir schaffen das". Aber anstatt den Kommunen die notwendigen Mittel zur Versorgung der Migranten zu gewähren, hat sie Milliarden an Erdogan verschenkt.

Dieser hat jedoch nicht den Flüchtlingen geholfen, sondern diese nach Griechenland sowie in das Meer gejagt. Das Geld hat er - ähnlich wie Putin - zum bewaffneten Kampf im Irak verwandt.

Ich vermisse jedoch seitens der Regierung eine Verurteilung dieser Politik Erdogans. Er betreibt doch das Gleiche wie Putin.

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Do., 07.03.2024 - 06:56

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Thema" moderiert. Aufgebauscht bis dorthinaus- aber unser BK lässt sich nicht beunruhigen, und das ist gut so. Weiter geht es auf der bewährten Spur- ein Erfolgsmodel ändert man nicht oder stellt es gar in Frage