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Tierwohl: Wie eine Kennzeichnung für mehr Transparenz beim Einkauf sorgt

Seit 2023 muss bei Schweinefleisch Auskunft über die Haltungsform gegeben werden. Bald soll das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz auch für andere Fleischsorten gelten. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

von Finn Lyko · 8. Februar 2024
So können Verbraucher*innen sehen, unter welchen Bedingungen das Tier gehalten wurde.

So können Verbraucher*innen sehen, unter welchen Bedingungen das Tier gehalten wurde.

Ob Bio- oder Vegan-Label, Nutri-Score oder Tierwohlkennzeichen: Seit geraumer Zeit findet man auf den meisten Lebensmitteln verschiedenste Kennzeichnungen, die Verbraucher*innen Auskunft über Lebensmittel geben – von Zusammensetzung bis hin zur Produktion. Mit dem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz wird zudem seit dem vergangenen Jahr Fleisch nach staatlich festgelegten Haltungsformen gekennzeichnet.

Was regelt das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz?

Seit August 2023 gilt in Deutschland das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz. Es regelt die staatliche Kennzeichnung von tierischen Lebensmitteln – so erhalten Verbraucher*innen Auskunft über die Haltungsform, aus der ein tierisches Produkt entstammt. Die Kennzeichnung beschränkt sich zunächst auf Schweinefleisch und ist bislang freiwillig, ab Herbst 2025 gilt sie dann jedoch verpflichtend für sämtliches Fleisch von Tieren, die in Deutschland gehalten, geschlachtet und verarbeitet werden. Nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft soll die Kennzeichnungspflicht außerdem zügig auf u. a. andere Tierarten ausgeweitet werden. Eine freiwillige Verwendung anderer Lebensmittelkennzeichnungen bleibt neben der staatlichen Variante weiterhin möglich.

Wie werden die Produkte gekennzeichnet?

Im Tierhaltungskennzeichnungsgesetz wird zwischen den folgenden fünf Haltungsformen unterschieden, nach denen die Produkte mit einer Skala gekennzeichnet werden:

„Stall“: Die gesetzlichen Mindestanforderungen sind erfüllt.

„Stall+Platz“: Die Tiere sollen mindestens 12,5 Prozent mehr Platz zur Verfügung haben als gesetzlich vorgeschrieben. Zudem müssen Ställe durch verschiedene Elemente strukturiert und es muss Beschäftigungsmaterial für die Tiere vorhanden sein.

„Frischluftstall“: Die Tiere sollen 45 Prozent mehr Platz zur Verfügung haben als gesetzlich vorgeschrieben. Ställe müssen außerdem mindestens an einer Seite offen sein.

„Auslauf/Freiland“: Die Tiere sollen doppelt so viel Platz in den Ställen haben wie vorgeschrieben, zudem muss während der letzten Mastphase ganztägiger Auslauf gewährleistet sein.

„Bio“: Tierhaltung gemäß der EU-Ökoverordnung, mit mehr Auslauffläche und mehr Platz im Stall als bei Haltungsform 4.

Inwiefern unterscheidet sich die Kennzeichnung gemäß des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes beispielsweise vom Tierwohl- oder Bio-Label?

Eine staatlich bestimmte Kennzeichnungsnorm soll vor allem dazu dienen, Verbraucher*innen neutrale Informationen zur Tierhaltung an die Hand zu geben, damit jede*r diese Informationen gegebenenfalls beim Einkauf berücksichtigen kann. Im Gegensatz zu den anderen, freiwilligen Kennzeichnungsformen für tierische Lebensmittel, wie das Tierwohl- oder Bio-Label, ist die Kennzeichnung gemäß des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes zudem ab 2025 verpflichtend.

Was bedeutet das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz für Landwirt*innen?

Da das Gesetz lediglich die Kennzeichnung von Lebensmitteln regelt, sind damit keine neuen Anforderungen an die Tierhaltung verbunden. Somit entsteht einzig durch eine Mitteilungspflicht und die Erfüllung von Aufzeichnungspflichten ein unmittelbarer Aufwand für Landwirt*innen.

Welche Kritik gibt es am Tierhaltungskennzeichnungsgesetz?

Bislang wurde das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz in erster Linie von Tierschützern kritisiert. Der Fokus der Kritik liegt dabei vor allem auf der Tatsache, dass für das Siegel lediglich die Haltungsform während des sogenannten „produktiven Lebensabschnitts“ des Tieres (bei Schweinen also die Mast) berücksichtigt wird; Bedingungen bei Transport und Schlachtung spielen für die Kennzeichnung keine Rolle. Auch geht manchen das aktuelle Gesetz nicht weit genug; denn andere Siegel haben deutlich strengere Bedingungen als das gesetzlich festgeschriebene.

Welche weiteren Veränderungen im Bereich Tierwohl sind für die nächsten Jahre geplant?

Tierwohl ist und bleibt ein aktuelles Thema der Politik. So soll das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz in Zukunft auf weitere Fleischsorten und tierische Produkte ausgeweitet werden. Verschiedene Supermarktketten wollen zudem bis 2030 Produkte aus schlechter bewerteten Haltungsformen komplett aus ihrem Sortiment streichen. Eine geplante Tierwohlprämie bleibt ebenfalls weiterhin Thema, allerdings scheitert sie bislang an Fragen der Finanzierung.

Wo gibt es weitere Informationen zum Thema Tierhaltungskennzeichnung?

Ein FAQ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Einführung einer verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung ist unter diesem Link zu finden.

Autor*in
FL
Finn Lyko

ist Volontärin in der vorwärts-Redaktion.

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1 Kommentar

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Fr., 19.01.2024 - 09:45

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halte ich für ungeschickt, denn bei diesem Thema sollten wir uns Vorrangig auf die Haltung solcher Nutztiere konzentrieren, die auch tatsächlich hier verzehrt werden. Dazu gehören neben Geflügel vorrangig Schafe, aber auch Rinder. Schweinehaltung hat keine Zukunft, abgesehen vielleicht von exportorientierten Betrieben, so dass sie auch in der hiesigen Landwirtschaft sehr stark rückläufig ist, bei sich abzeichnendem vollständigen Produktionsende. Was noch gebraucht wird, stammt schon heute großenteils aus Dänemark.
Je lebensnaher ein Beispiel in einem Presseartikel gewählt wird, desto größer ist die dadurch erzielte Aufmerksamkeit und damit auch die Reichweite des Artikels.
Ansonsten gehe ich konform mit dem Autoren