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Sachsen: Warum Volt Wahlkampf für die SPD macht

Zur Landtagswahl in Sachsen tritt Volt nicht selbst an, sondern unterstützt die SPD. Im Interview erklärt der Landesvorsitzende Kevin Schellenberger, wie es dazu kam. Wäre so eine Kooperation auch auf Bundesebene denkbar?

von Jonas Jordan · 20. August 2024
Bei der Bundestagswahl Konkurrenten, bei der Landtagswahl Komplizen: In Sachsen unterstützt VOLT diesmal die SPD.

Bei der Bundestagswahl Konkurrenten, bei der Landtagswahl Komplizen: In Sachsen unterstützt VOLT diesmal die SPD.

Sie haben kürzlich bekannt gegeben, bei der Landtagswahl in Sachsen nicht selbst anzutreten und stattdessen die SPD zu unterstützen. Wie kam es dazu?

Bereits im vergangenen Jahr stand für uns als Landesverband Sachsen fest, dass wir die Landtagswahl nicht mit voller Kraft angehen können, da wir aktuell der Europa- und Kommunalwahl eine höhere Priorität zuordnen. Wir haben uns deshalb auf unserem Landesparteitag Anfang des Jahres dazu entschieden, selbst nicht zur Landtagswahl anzutreten. 

Als progressive Partei sehen wir uns jedoch sowohl unseren Wählerinnen und Wählern als auch der Demokratie selbst verpflichtet, unseren Beitrag zu leisten, vor allem in Zeiten von schwierigen Mehrheitsverhältnissen, wie sie in Sachsen oder Thüringen vorliegen. Wir haben uns deshalb zusätzlich dazu entschieden, eine progressive Partei in Sachsen zu unterstützen und haben einen Prozess aufgesetzt, um herauszufinden, mit wem wir zusammenarbeiten wollen. Dafür haben wir die Programme aller progressiven Parteien im Landtag mit unseren eigenen Positionen verglichen und geprüft, mit wem wir die meiste Übereinstimmung haben und anhand zusätzlicher Faktoren entschieden, welche Partei wir unterstützen wollen.

Was hat den Ausschlag zugunsten der SPD und gegenüber anderen Parteien gegeben?

Nachdem die inhaltliche Auswertung ergeben hatte, dass alle Parteien, wenn auch in unterschiedlichen Themenbereichen, sich in ihrer Gesamtheit nicht groß von der Übereinstimmung mit uns unterscheiden, haben wir weitere Faktoren in die Entscheidungsfindung mit eingebunden und haben aufgrund der bereits erfolgreichen Zusammenarbeit mit der SPD Sachsen zur vergangenen Oberbürgermeisterwahl in Dresden uns dazu entschieden, mit der SPD ins Gespräch zu gehen und eine Zusammenarbeit auf Basis gemeinsamer inhaltlicher Schnittmengen anzustreben.

Wie sieht Ihre Unterstützung im Wahlkampf aktuell aus?

Aktuell unterstützen wir mit unseren Mitgliedern die SPD vor Ort bei Veranstaltungen, der Verbreitung über unsere Netzwerke sowie über einen gemeinsamen Social-Media-Auftritt zum Herausstellen unserer gemeinsamen Schnittmengen.

Bei der Europawahl Anfang Juni haben SPD und Volt zusammen 8,7 Prozent geholt. Hoffen Sie bei der Landtagswahl auf ein ähnliches Ergebnis?

Ich bin kein Freund von selbst abgegebenen prozentualen Schätzungen, dies überlasse ich dann doch lieber den Meinungsforschungsinstituten sowie den Wählerinnen und Wählern. Ziel sollte es jedoch sein, ein Ergebnis zu erzielen, welches eine stabile Regierung mit möglichst progressiven Werten ermöglicht und eine Sperrminorität der AfD verhindert, mit der sie als Minderheit Beschlüsse blockieren könnte.

Deutschlandweit haben sieben Prozent der unter 25-Jährigen bei der Europawahl für Volt gestimmt. Inwiefern erhoffen Sie sich von Ihrer Unterstützung auch ein besseres Abschneiden der Sozialdemokratie bei jüngeren Menschen?

Junge Menschen entscheiden sich auf Basis inhaltlicher Übereinstimmungen und persönlicher Überzeugungen. Indem wir unsere gemeinsamen Schnittmengen trotz bestehender Unterschiede betonen, können wir zum Wohle der Demokratie und unserer gemeinsamen Werte den jungen Menschen Orientierung bieten. Wir glauben, dass die Unterstützung der SPD bei dieser Landtagswahl die beste Lösung für eine progressive Politik darstellt, und hoffen, durch unsere Zusammenarbeit einen positiven Beitrag leisten zu können.

Kevin
Schellenberger

Wir glauben, dass die Unterstützung der SPD bei dieser Landtagswahl die beste Lösung für eine progressive Politik darstellt, und hoffen, durch unsere Zusammenarbeit einen positiven Beitrag leisten zu können.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat auch ein Bündnis von SPD und Volt auf Bundesebene ins Spiel gebracht. Wäre das für Sie mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr denkbar?

Wir danken für das freundliche Angebot, möchten es jedoch an dieser Stelle klar ablehnen. Wir haben bei der Landtagswahl in Sachsen eine gemeinsame Basis für die Zusammenarbeit mit der SPD gefunden, basierend auf den Schnittmengen zwischen Volt Sachsen und der SPD Sachsen. Trotz dieser Zusammenarbeit bleibt Volt als sozialliberale Europapartei einzigartig und unterscheidet sich sowohl von der SPD Sachsen als auch von der Bundes-SPD in wesentlichen Punkten.

Mit einem gestärkten Team und frischen Kräften werden wir daher aufbauend auf unseren bisherigen Erfolgen zur Europa- und Kommunalwahl eigenständig zur Bundestagswahl antreten und für unsere Positionen einstehen. Einer inhaltlichen Zusammenarbeit und dem Austausch von Argumenten stehen wir dabei weiterhin offen gegenüber.

Wie werden Sie die Landtagswahl am 1. September verfolgen?

Definitiv angespannt, in dieser Landtagswahl geht es um die Zukunft von Sachsen und die Zukunft der Demokratie. Entsprechend gilt es, die Ergebnisse aufmerksam zu verfolgen, das Beste zu hoffen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

Dieses Interview wurde schriftlich geführt.

Wo Volt und SPD auf kommunaler Ebene zusammenarbeiten:

Die Zusammenarbeit zwischen der SPD und der noch jungen Volt-Partei ist auf kommunaler Ebene vielerorts bereits erprobt. So existiert in Frankfurt beispielsweise seit gut drei Jahren die sogenannte „Ampel-Plus-Koalition“ aus SPD, Grünen, FDP und Volt. Auch in Bonn gibt es seit 2021 eine sogenannte „Trauben-Koalition“ aus SPD, Grünen, Linken und Volt. In einigen Städten geht die Zusammenarbeit sogar so weit, dass SPD und Volt eine gemeinsame Fraktion bilden, beispielsweise in Stuttgart, wo diese aus sieben SPD-Ratsmitglieder und zwei Volt-Vertretern besteht, oder in München, wo 18 SPD-Mitglieder und ein Volt-Mitglied eine gemeinsame Fraktion bilden.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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1 Kommentar

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Do., 22.08.2024 - 10:51

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Ich hätte diese Partei ja eher im Dunstkreis der Grünlichen gesehen aber egal. Meint denn jemand wenn da ein paar Volt mehr anliegen erhöht sich der (Wähler)strom zur SPD ?