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US-Raketen in Deutschland: SPD-Präsidium begrüßt Stationierung ab 2026

Intensiv wurde zuletzt über die geplante Stationierung US-amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland diskutiert. Das SPD-Präsidium wertet diese in einer am Montag verabschiedeten Resolution als „wichtigen Baustein“, um Frieden in Deutschland zu bewahren.

von Jonas Jordan · 12. August 2024
Ab 2026 sollen unter anderem US-Marschflugkörper vom Typ Tomahawk in Deutschland stationiert werden.

Ab 2026 sollen unter anderem US-Marschflugkörper vom Typ Tomahawk in Deutschland stationiert werden.

Das SPD-Präsidium hat am Montag in einer Videoschalte eine dreiseitge Resolution mit dem Titel „Wir organisieren Sicherheit für Deutschland und Europa“ verabschiedet, die dem „vorwärts“ vorliegt. Darin formulieren die Sozialdemokrat*innen „die Rückkehr zu einer wirksamen Rüstungskontrolle in Europa“ ebenso als Ziel wie den „Aufbau einer neuen regelbasierten Friedensordnung, an die sich die Länder unseres Kontinents gebunden fühlen“. Wörtlich heißt es im Beschlusspapier: „Als SPD übernehmen wir Verantwortung dafür, dass kein Kind, das heute in Deutschland geboren wird, wieder Krieg erleben muss.“

SPD offen für Abrüstungsinitiativen

Zugleich wertet das SPD-Präsidium die Vereinbarung der SPD-geführten Bundesregierung mit der US-Administration, ab 2026 US-amerikanische Mittelstreckenraketen in Deutschland zu stationieren, als wichtigen Baustein dafür. „Dieser Schritt ist eine Reaktion auf den eklatanten Völkerrechtsbruch Russlands in der Ukraine und trägt der Bedrohung Europas durch die massive russische Aufrüstung der vergangenen Jahre gerade im Bereich der Raketen mittlerer Reichweite Rechnung“, begründet die SPD diese Haltung. Die geplante Raketen-Stationierung stärke die europäische Sicherheitsarchitektur zum Schutz der Bürger*innen in Deutschland und Europa. 

Die SPD betont im selben Absatz, dass die Offenheit für Initiativen im Bereich der Rüstungskontrolle und Abrüstung für sie zentral bleibe, um kollektive Sicherheit und internationale Stabilität nachhaltig und langfristig zu erreichen. Russland habe jedoch in den vergangenen Jahren umfassend in Kurz- und Mittelstreckenraketen investiert, die nun in der Ukraine auch bei Angriffen auf zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser, Energieversorgung, Einkaufszentren, Schulen oder Kindergärten zum Einsatz kommen. „Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine systematische Aushöhlung und Aufkündigung von Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträgen bedeuten auch einen massiven Angriff auf die bisherige europäische Sicherheitsarchitektur“, heißt es im Beschlusspapier.

„Diese Stationierung ist keine konfrontative Aufrüstung“

Daher diene die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland den Zielen, die die Bundesregierung bereits im vergangenen Jahr als Teil ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie definiert habe. „Diese Stationierung ist keine konfrontative Aufrüstung, sondern eine Stärkung der Verteidigung unseres Landes und der Bündnisfähigkeit von NATO und EU mit Waffensystemen, über die Russland seit Jahren verfügt“, macht die SPD deutlich. Europa brauche eine glaubwürdige Abschreckung, gerade um eine Ausweitung der kriegerischen Aktivitäten zu verhindern und die Ukraine darin zu unterstützen, Russland perspektivisch zu Verhandlungen über einen für die Ukraine gerechten Frieden zu bewegen, so die Argumentation des SPD-Präsidiums.

Die SPD werde sich auch in Zukunft intensiv für neue Ansätze im Bereich der Rüstungskontrolle und Abrüstung einsetzen. Hierzu brauche es zum richtigen Zeitpunkt Dialogangebote. Diese sollten neben Nuklearwaffen auch Vereinbarungen über konventionelle Waffensysteme und Regelungen zu bisher nicht erfassten Waffensystemen wie Drohnen enthalten. Voraussetzung dafür sei die Perspektive auf eine nachhaltige europäische Friedensordnung und einen gerechten Frieden in der Ukraine. „Russland zeigt allerdings aktuell keine Bereitschaft, hier eine konstruktive Rolle zu spielen“, macht die SPD deutlich.

Debatte im Bundestag nach der Sommerpause

Zugleich betont das Parteipräsidium die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Debatte über die Bedrohungslage und den daraus folgenden Schritten für Sicherheit, Freiheit und Frieden in Europa. „Diese Debatte muss offen geführt werden. Sie sollte nicht von Konfrontation geprägt sein, sondern Raum für unterschiedliche Perspektiven und Argumente lassen. Als SPD werden wir in den kommenden Wochen und Monaten weiterhin Raum für den Dialog mit unseren Mitgliedern aber auch mit Bürgerinnen und Bürgern schaffen“, heißt es in der Resolution. Auch der Deutsche Bundestag werde sich nach der parlamentarischen Sommerpause umfassend mit den aktuellen Entwicklungen rund um die geplante Stationierung der US-Raketen in Deutschland befassen.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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19 Kommentare

Gespeichert von Peter Plutarch (nicht überprüft) am Di., 13.08.2024 - 09:19

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eine parteiöffentliche Debatte über diese einsame Entscheidung des Bundeskanzlers zu führen. Diese Politikschwenk wäre auch sehr schwierig zu erklären.

Im Gegensatz zur Politik von Helmut Schmidt hat die aktuelle Bundesregierung nicht einmal den Mut entsprechende Gesprächsangebote Richtung Russland zu formulieren, um zu einer Rüstungskontrolle zurückzukehren. Das scheint schon zu viel Distanz von den USA zu sein. Eine solche ist sinnvollerweise VOR der bindenden Beschlussfassung zu führen, eine gesellschaftliche Debatte jetzt nachträglich zu fordern ist fadenscheinig und läuft darauf hinaus, den Bürgern die Notwendigkeiten zu erklären und diejenigen zu Dissidenten zu erklären, die anderer Auffassung sind.

Um zur Wahrheit zurückzukehren: Die wesentlichen Rüstungskontrollverträge aus dem Kalten Krieg sind nicht von den Russen, sondern von den USA gekündigt worden. Zuletzt der INF-Vertrag von Präsident Trump, lautstark Unterstützt von der Nato. Das sieht stark nach "Haltet den Dieb" aus, erst klauen und dann rufen.

Haben die Parteivorsitzenden überhaupt den Mut zu einer OFFENEN Debatte in dieser Frage? Der Präsidiumsbeschluss weit eher in die gegenteilige Richtung.

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Di., 13.08.2024 - 10:20

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„Als SPD übernehmen wir Verantwortung dafür, dass kein Kind, das heute in Deutschland geboren wird, wieder Krieg erleben muss.“
Wie ist dieser Satz mit der Akzeptanz der USA-gewollten Stationierung von todbringenden Raketensystem vereinbar ist erschließt sich mir nicht - vielleicht kann ich da intellektuel nicht folgen (ich bin also zu dumm dazu).
Das SPD-Präsidium stimmt zu, die Regierung stimmt zu und das Parlament (die Vertretung des Souveräns) wird nicht gefragt, denn es könnte ja sein, daß sich die böse, böse Wagenknecht (von Moskau und aus dem Saarland gesteuert) da profilieren könnte.

Gespeichert von Richard Frey (nicht überprüft) am Di., 13.08.2024 - 13:37

Antwort auf von Armin Christ (nicht überprüft)

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Das Parlament muss in dieser Angelegenheit auch nicht gefragt werden, informieren Sie sich einfach mal richtig zur Sachlage. Und Frau Wagenknecht wird zusammen mit der AfD noch genug öffentlich Gelegenheit nehmen, Putins Angriffskrieg zu unterstützen und die Ukraine zur Kapitulation und Unterwerfung auffordern.

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Di., 13.08.2024 - 10:21

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Ich verstehe die elt nicht mehr: Die ehemalige Friedenspartei SPD will US-Raketen in Deutschland stationieren. Sofern Putin auch in anderen Ländern wie Deutschland einmarschieren will, werden ihn solche Raketen ebenso wenig abhalten wie solche in der Ukraine, mit der Folge eines dritten Weltkriegs.
Diese Politik und die Majorität der FDP in der Bundesregierung mit deren abstruser AfD-Politik sowie einige andere Probleme stellen bei mir die Beibehaltung meiner über 50-jährigen SPD-Mitgliedschaft ernsthaft in Frage.

Ich hatte noch nie vor ,der BSW beizutreten. Wenn Sie meinen Kommentar richtig gelesen hätten, hätten Sie merken müssen dass ich eine andere Politik vertrete

Gespeichert von Paul Hümmer (nicht überprüft) am Di., 13.08.2024 - 11:32

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Neue Umfragen zeigen die SPD bei rund 15 Prozent. Ihr bestes Ergebnis bei Bundestagswahlen am 19. November 1972 lag bei 45,8 Prozent. Das war der Dank und der Respekt der Wählerinnen und Wähler für die in den Sechzigerjahren eingeleitete und mit Beginn der ersten sozialdemokratischen Kanzlerschaft im Jahre 1969 konsequent verfolgte Politik der Verständigung. Eine der wichtigen Aussagen lautete damals: Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein. – Ohne Zweifel hat die SPD, beginnend in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts, die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik entscheidend geprägt – nicht mit Aufrüstung, Abschreckung und Politik der Stärke, sondern mit Entspannung, mit Verständigung, mit Friedenspolitik und mit sogenannten vertrauensbildenden Maßnahmen.

Gespeichert von Richard Frey (nicht überprüft) am Di., 13.08.2024 - 13:31

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In meiner Wahrnehmung mit 55 Jahren Mitgliedschaft in der SPD hat sich meine Partei von von einer Sozialdemokratischen Partei zu einer Sozialpopulistischen Partei gewandelt und die politische Mitte komplett der CDU und den Grünen überlassen.
Sozialdemokraten wie Helmut Schmidt oder gar Jens Stoltenberg (langjähriger sozialdemokratischer Ministerpräsident Norwegens und Nato-Generalsekretär) haben in der zu einer weiteren linken Kleinpartei mutierenden SPD kaum noch einen Platz.
Frieden ist nicht durch Unterwerfung vor einem skrupellosen Verbrechter und Massenmörder zu erreichen sondern nur durch glaubwürdige Abschreckung. Und dazu dienen die Raketen, auf die ich auch gerne verzichten würde, wären die Verhältnisse anders und in Russland eine frei gewählte demokratische Regierung und nicht ein Diktator an der Macht der sein Land ruiniert.

Gespeichert von Michael Grumm (nicht überprüft) am Di., 13.08.2024 - 14:47

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Nach 38 Jahren SPD Mitgliedschaft habe ich mich genau aus diesem Grund entschlossen auszutreten, es geht nicht, dass SPD Bundeskanzler und Parteispitze bei so weitreichenden Beschlüssen, die uns keinen Frieden näher bringen, sondern mittelfristig weiter auf Eskalation abzielen nicht einmal die Parteibasis fragen, wie die Mitglieder über die Stationierung von US Langstreckenraketen und Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete weltweit denken. Das ist kein die Mitgliedschaft wertschätzender Führungsstil, sich noch nicht einmal ein breit angelegtes parteinternes Meinungsbild darüber zu schaffen. Man sollte sich genau sowohl die letzten und vor allem die nächsten Wahlergebnisse anschauen und die Parteiführung wird feststellen, dass immer weniger Wähler sich für die SPD entscheiden und auch die Mitgliederzahlen weiter nach unten gehen werden. Und das ist auch kein Ostdeutsches Phänomen sondern spielt sich auch so in den übrigen Bundesländern ab.

Gespeichert von Harry Schreyer (nicht überprüft) am Di., 13.08.2024 - 17:19

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Ja, ich halte die Zustimmung zu so einer weitreichenden (im wahrsten Sinne) Aufrüstung für äußerst problematisch. Das kann man auch nicht mit den Kindern, die in Frieden aufwachsen sollen begründen, weil doch schon Krieg herrscht.
Jedoch sehe ich ein dreifaches Dilemma der SPD - und des Präsidiums: Erstens hat offensichtlich der Kanzler mit Präsident Biden entschieden, zweitens will das Präsidium ihm jetzt den Rücken stärken und drittens muss man wohl das Parlament nicht um Zustimmung fragen, aber nach der Sommerpause soll die Entscheidung des Kanzlers im Bundestag debattiert werden.
im Klartext: ein möglicher demokratischer Willensbildungsprozess beginnt erst nach einer bereits erfolgten und wohl nicht mehr rücknehmbaren Entscheidung des Kanzlers. Das schadet dem demokratischen Selbstverständnis einer sozial-demokratischen Partei und der Demokratie insgesamt. "Die da oben" machen doch was sie wollen.
Scholz hat bei Gerhard Schröder gelernt und wohl mitgenommen, dass Basta-Entscheidungen möglich sind. Vielleicht dachte er auch, es sei gerade "Führung bestellt" worden sagt aber nicht von wem. Schröder hatte zwar gedacht, es gebe nicht mehr links und rechts in der Politik (Anthony Giddens) aber übersehen, dass Giddens, auf den diese Ansicht zurückgeht - und der natürlich wesentlich differenzierter argumentierte - gefordert hatte, dass dann aber die Demokratie auch "demokratisiert" werden müsse, also Debatten mit den Wählern, Parteimitgliedern, Bürgern geführt werden müssen. Wenn das fehlt schadet das der Demokratie, die wir doch sonst schützen wollen.

Gespeichert von Günther Hauk (nicht überprüft) am Di., 13.08.2024 - 21:22

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Es hat mich schon sehr irritiert, wie der Plan zur Stationierung der Raketen hier vermeintlich an der Verfassung vorbei in Washington verkündet wird. Was sagt der Verteididungsauschuss dazu? In welchem Haushalt ist das vorgesehen? Steht das im 100 Mrd. Sondervermögen?
Wir haben eine Parlamentsarmee, "die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben" (Art. 87a), so dachte ich. Wird hier nicht das Parlament übergangen?
Der wissenschaftliche Dienst des BT belehrt uns eines Besseren. Nach BVerfG-Urteilen aus den 80ern ist das aufgrund völkerrechtlicher Verträge von 1949 und 1954 möglich. Sogar die Stationierung von C-Waffen sei hier im Rahmen der Bündnisabschreckung ohne Parlamentszustimmung möglich.
In meinen Augen ist das schon starker Tobak und beweist für mich, wie stark Deutschland noch immer eingebettet ist in die alten Strukturen des Kalten Krieges. Wie soll sich daraus ein souverän emanzipiertes Europa in einer multipolaren Welt etablieren können? Da wünscht man sich ja fast schon den Wahlsieg von Donald bei, weil das uns zwingen würde, europäische Interessen in erneuerten und zeitgemäßen Bündnisstrukturen, vor allem in der zentralen Achse des Weimarer Dreiecks zu vereinbaren. Ich denke, dass wird auf lange Sicht sowieso kommen. Warum versucht es der Bundeskanzler nicht erst? Er ignoriert stoisch die offenen Türen Frankreichs. Ich versteh's nicht! "Wir brauchen mehr Europa, nicht weniger" - dachte ich...

Gespeichert von Tom Kaperborg (nicht überprüft) am Mi., 14.08.2024 - 10:39

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Es glauben doch ernsthaft einige Kommentatoren hier, dass man mit "Diplomatie pur", d.h. ohne angemessene Firepower dahinter, mit Russland zu einer friedlichen Koexistenz kommen kann - nicht nur duetschlandweit - also uns schwach machen oder schwach lassen, damit Russland vom Kriege ablaesst. Geht so nicht, denn solche Attitueden der imperialen Eroberung oder "Rueckeroberung" aus russischer Sicht koennen auf dem Verhandlungswege nur mit entsprechendem militaerischen Gewaltpotential im Gepaeck "diplomatisch" gestoppt werden. Auch Hr. Brandt's bemerkenswerte "Annaeherung" an den "Osten" seinerzeit war nur moeglich mit der geballten Feuerkraft der NATO im Hintergrund. Ansonsten werden wir zur Duldsamkeit gegenueber russischer Agressionen in Europa mit aengstlicher Miene genoetigt sein. Wenn man mit Gewaltverbrechern zu tun hat und das ist auf staatlicher Ebene mit Russland unter Putin ja der Fall, muss man zur ueberweaeltigenden Gegengewalt bereit sein, auch innerlich. Da sehe ich wieder mal Teile der SPD sich mit den russlandgesteuerten Kommunisten (bsw, linke) und sogar rechtsaussen afd inhaltlich in Uebereinstimmung bringen. So wird man zu Putin's Lakai in falschem Glauben etwas fuer den Frieden zu tun. Je mehr wir bewaffnet sind, desto eher wird Russland Verhandlungen anstreben - mit Schwaechlingen verhandeln solche Leute nicht und wenn dann werden sie ihre Bedingungen diktieren. Einfach zu verstehen, aber die ideologischen Bahnen zu verlassen ist mit steigender Verfestigung und Sturheit ebensolcher individuell unangenehm. Die einfachsten Dinge werden unverstaendlich. Frieden ohne Waffen geht, sofern ALLE keine Waffen halten. Hat auch nur einer Waffen, so ist die Logik klar: Die anderen brauchen auch welche. Die Sorge um die Waehler ist in diesem inhaltlichen Punkt kaum relevant: Die paar Kommunisten sind bereits bei der Linken, der bsw ist eine Ein-Frau-Show von Russlands Gnaden wie die SED und die SPD wird die numerisch relevanten Waehler aus der "Mitte" (ja die nehmen alle fuer sich in Anspruch) nur gewinnen, wenn die Sicherheit, innere und hier auessere, klar gewaehrleistet ist. Im Osten glauben offenbar viele noch, dass Nachgiebigkeit Russland besaenftigen koennte - die Story mit dem gereizten Baeren und der "sich ausdehnenden NATO", der Baer sich wieder beruhigt, wenn man ihm die Ukraine ueberlaesst. Chamberlain gruesst aus dem Jahre 1938! Frieden schaffen mit Waffen und Abschreckung ist das GEbot der Stunde und da sind die paar Raketchen noch zu wenig, bestenfalls ein erster Schritt. Russland darf sich "bedroht fuehlen" und zielt bereits seit langem auf uns und wir sollen immer noch schwach und nachgiebig bleiben? Diese Frage ist fuer mich existenziell, so dass ich die SPD nicht waehle, wenn da keine Klarheit herrscht. Soviel zu den Austrittsankuendigungen und dem befuerchteten Waehlerschwund der lieben Mitforisten. Da bin ich Westdeutscher mit "transatlantischer Praegung". Wenn Deutsche lieber in einem Land unter russischer Hegemonie leben wollen: Die DDR war doch perfekt fuer solche - ich befuerworte entschieden die amerikanische Hegemonie und NATO in meinem Land. Zieht Trump die USA dort raus, so werden wir uns mit Ruestungsfragen in vielfach gesteigerter Form auseinandersetzen muessen -mit 3% BIP kommen wir dann nciht mehr hin. Russland ist die Bedrohung und nicht wir.

Ich finde im Vorwärts manchmal Kommentare, die spannender sind als die ursächlichen Texte. TOM KAPERBORG, IT-Fachmann, wenn ich mich recht erinnere, legt hier einen solchen vor.
„Frieden ohne Waffen geht, sofern ALLE keine Waffen halten. Hat auch nur einer Waffen, so ist die Logik klar: Die anderen brauchen auch welche“. Zwei Sätze, die auf den ersten Blick von bestechender Logik sind, auf den zweiten in mehrfacher Hinsicht aber falsch. (Ich rede hier nicht über Sätze von Tom Kaperborg, wie käme ich dazu, sondern über die Grundidee der Abschreckung, die sie leicht verständlich wiedergeben, und die von all unseren Wortgewaltgen als das Allheilmittel für Frieden propagiert wird.)

Wenn alle keine Waffen haben, ist Frieden nicht gewiss: Man kann den Nachbarn auch vor einen Zug, Bus oder die Treppe hinunterstoßen. Und was Hände allein anstellen können, muss hier nicht ausgebreitet werden. Wenn alle Waffen haben, ist Friede auch nicht sicher: Neben der gleichen Anzahl und Zerstörungskraft der Waffen, kommt es auf die Wirtschaftskraft der Nachbarn an, auf ihre Bevölkerungszahlen, deren Leidensfähigkeit und Kriegstüchtigkeit, auf die Geographie u. a. Außerdem können subjektive Einschätzungen der Handelnden objektiven Kriterien widersprechen. Mit modernen Waffen ein umfassendes Abschreckungsgleichgewicht herzustellen ist grundsätzlich (fast) nicht möglich, zumal mit jeder „Modernisierung“ seines Waffenarsenals jeder Nachbar offen oder insgeheim ein bisschen mehr abschrecken möchte, als sein Nachbar kann. Die Nato-Strategie sagt das lapidar so: „Technologische Vorherrschaft bestimmt zunehmend den Erfolg auf dem Schlachtfeld (Strategisches Konzept der NATO 2022, 29.06.2022). Der Nachbar muss natürlich nachziehen.

Aus all dem folgt: Abschreckung funktioniert nur, wenn beide Nachbarn die Idee der Abschreckung gleichsinnig befolgen. Um das einigermaßen zuverlässig zu erreichen, müssen beide Nachbarn ein Mindestmaß an Kooperation hinbekommen, sei sie auch nur stillschweigend. „Rationalität und das gegenseitige Verständnis der Ziele und Absichten ist die Basis für erfolgreiche Abschreckung“ (IP • Januar / Februar 2016), stellt Claudia Major (SWP) fest, die wir aus vielen Talkshows kennen – nicht gerade als „Putin's Lakai“ oder „Ein-Frau-Show von Russlands Gnaden“.

Schauen wir auf die Realität der Abschreckung, so müssen wir lange suchen, um ein Beispiel für gelungene Abschreckung zu finden. Im Ukraine-Krieg hat Abschreckung nicht funktioniert - größere Abschreckung als durch die Nato gibt es auf der Welt ja wohl nicht, und Scholz, Macron und andere haben Putin unmissverständlich „Don`t“ gewarnt. Der Krieg im Gaza ist auch keine Abschreckung fürs Lehrbuch. Haben sich die Taliban von den USA abschrecken lassen, oder der Irak? (Irak ist vielleicht kein gutes Beispiel.)

Abschreckung verliert auch ihre Wirkung, wenn wir an die hybride Kriegsführeng denken. Ein Nachbar muss den Nachbarn heute ja gar nicht mehr mit Waffen bedrohen. Infrastruktur ist leicht zu zerstören, wenn der Nachbar es darauf anlegt. Das Internet (daher der Bezug oben zur IT-Kompetenz) lädt den russischen Geheimdienst geradezu ein, „systematisch, unsere Demokratie zu destabilisieren“ (SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese im Vorwärts (12.8.24)). Und selbst vor „SPD und Bundeswehr ... (macht) Putins Krieg ... gegen Deutschlands Demokratie“ nicht Halt (4.7.24). (Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, sind wir doch gerade dabei, das wirtschaftliche, private und öffentliche Leben komplett dem Internet zu übergeben.)

Ein letzter Einwand: Was wird eigentlich geschehen, wenn ein Nachbar, sagen wir die Nato, seine konventionelle Abschreckung so weit ausdehnt, dass der andere Nachbar, nehmen wir an die Russische Föderation, wirtschaftlich nicht in der Lage ist zu folgen? Wir sollten mal darüber nachdenken.

„Angemessene Firepower“, „militärisches Gewaltpotential im Gepäck“ und auch die „geballte Feuerkraft der NATO“ sind keine guten Ratgeber, nie, auch nicht in einem zum Krieg eskalierten Konfliktsystem.

.. ich kann Ihren Ausfuehrungen auch zustimmen: Waffen sind nicht die endgueltige Loesung, die es aufgrund der zutiefst menschlichen Verfuehrbarkeit durch Diktatoren kaum geben wird - Idealismus in die andere Richtung. Ich denke aber dass eine ueberlegene Bewaffnung den diplomatischen Bemuehungen zur Hand geht, indem es die Moeglichkeit der Gewaltanwendung nicht nur auf Seiten der Aggressoren belaesst - der von der Agression betroffene ist ohne angemessene Bewaffnung in einer Position der Schwaeche. Im Falle der Unkraine, das beste Beispiel, wuerde das die Aufgabe der Selbstaendigkeit und die Unterordnung unter Russland bedeuten. Unterwerfung um des lieben Friedens willen? Offenbar haben viele Waehler von afd,bsw,linken das im Sinn: "LAsst micht mein kleinbuergerliches Leben leben und wer hier die Oberhand hat ist mir egal, die Hauptsache es ist bald Ruhe". Ja so moechten die Putins das bei uns haben. Unterwerfung koennte auch uns drohen, wenn man der russischen BEdrohung durch nicht nur militaerische Gewalt nichts entgegensetzt. Ungarns Orban ist da schon 1 Schritt weiter. Im Uebrigen gilt dasselbe auch fuer den hybriden Krieg im Informationsraum. Nur der ist nicht statt der konventionellen kinetischen Auseinandersetzung sondern als Ergaenzung zu dieser in Erscheinung getreten.

Letztendlich ist die ausserordentliche Leistung der Ukrainer dem imperialen russischen Vormachtsbetreben entgegen zu treten fuer sie selbst existentiell notwenig und in jeder Hinsicht unterstuetzenswert. Eine Ukraine in der NATO (nach dem ganzen unsaeglichen Krieg) wird die Sicherheit in Europa deutlich verbessern und die Ukraine koenne ihren Staat so gestalten, wie sie es wollen und nicht wie Russland es gerne haette.

Noch dazu: "Was wird eigentlich geschehen, wenn ein Nachbar, sagen wir die Nato, seine konventionelle Abschreckung so weit ausdehnt, dass der andere Nachbar, nehmen wir an die Russische Föderation, wirtschaftlich nicht in der Lage ist zu folgen?" - Juengstes Beispiel war der Warschauer Pakt u. die Sowjetunion - war doch anfangs gut gelaufen fuer uns. Aber leider nicht mehr, als man statt den Russen wirkilich zu helfen demokratische Strukturen und flaechendeckende relative wirtschaftliche Prosperitaet zu schaffen, lediglich an den Rohstoffen und Ausweitung der eigenen Einfluesse interessiert war - vielleicht war der Westen dfamals auch ueberfordert mit der Gesamtsituation nach 1990. Dann kam Putin - das lief nicht gut und es war bald nach seinem "Amtsantritt" und spaeter zunehmend zu sehen, dass er "sein" Land auf einen Krieg mit dem Westen vorbereitete - es gab entsprechende Berichte im oeffentl. rechtl. Fernsehen.

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Mi., 14.08.2024 - 12:27

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"....Völkerrechtsbruch durch Russland wegen des Einmarsches russischer Truppen am 24. Februar 2022 auf das Staatsgebiet der Ukraine"
Was war das am 24. März 1999 als die NATO (inclusive BRD) völkerrrechtswidrig die Bundesrepublik Jugoslawien überfiel ?
Also völkerrechtswidrige Kriege in Europa sind keine russische Erfindung !!!

Gespeichert von Tom Kaperborg (nicht überprüft) am Do., 15.08.2024 - 11:02

Antwort auf von Armin Christ (nicht überprüft)

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Jugoslawien wurde also ueberfallen? Interessant Ihre Sichtweise, entspricht aber nicht den Tatsachen. Und dass dann "Russland" einen Schuss gut hat, nach dieser Aktion? So liest sichn Ihre Formulierung. Wie im Kindergarten, gegenseitiges Aufrechnen, wie du mir so ich dir. Ist eigentlich alles egal, moralisieren ist auch fehl am Platz: Es geht um militaerische Macht, die ausgeuebt werden kann oder nicht. Ist sie abwesend, so wird das Vakuum schnell ausgefuellt durch den willigen Aktuer und das ist Russland mit seinen imperialen Attitueden. Wir muessen uns und gemeinsam moeglichst vielen Europaeern genau diese Bedrohung vom Hals halten. Ueberlaesst man die Ukraine Putin, so wird sie in einigen Jahren "umgedreht" und gegen den boesen von Amerika kontrollierten Westen gerichtet. So geht das mit der militaerischen MAcht - the world is a ghetto - da hat man besser die benoetigten Waffen und ist bereit diese auch einzusetzen, wenn man angegriffen wird. Immer dieses Aufrechnen "die NATO hat x und Russlandf hat y" - noch ein bisschen Moral dazu und fertig ist die Bedenkentraegerei. 1999, Jugoslawien? Was hat das mit dem Ueberfall auf die Ukraine zu tun? Nichts! Immer die alten Geschichten wieder auskramen? Was ist mit dem heiligen roemischen Reich deutscher Nation? Bleiben wir in der Gegenwart und denken an die Zukunft mit den Lehren aus der Vergangenheit. Mir ist lieber 15% Verteidigungshaushalt vom BIP und dafuer keine russische Hegemonie. Helmut Schmidt war da vorbildlich und hatte genuegend Verstaendnis. Ich sehe die SPD in dieser Tradition und nicht als russischen Einflussfaktor in unserer Hemisphaere, denn in solchem Falle gehoerte sie dahin, wo die Linke bereits ist: Unter 5 % und damit aus dem Bundestag.

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Mi., 14.08.2024 - 17:36

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Die Entscheidung, die in paternalistischer Manier von ganz oben getroffen wurde verärgert natürlich einige Menschen. Leute, in ein paar Tagen sind Wahlen in Thüringen und Sachsen; es geht um die 5% und eine SPD Führung tut alles um sozialdemokratische Politik zu verunmöglichen.
Es ist an der Zeit wieder wie in den 1980er Jahren gegen das Aufstellen von Mordgerät zu mobilisieren; es muss dabei auch deutlich werden wir endlicch eine neue Friedensordnung anstreben. Kriegshetzer und Militaristen sollten keinen Platz in der SPD haben !

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Fr., 16.08.2024 - 14:57

Antwort auf von Armin Christ (nicht überprüft)

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Ja, leider wird bei diesen Beschlüssen - ohne Mitwirkung der Partei - nicht einmal mehr, wie Ralf Stegner richtig betonte, auf gleichzeitige Verhandlungen gesetzt, die damals in Reykjavik noch zu einem Erfolg geführt haben, sondern es wird nur noch mit Waffen gestrotzt, das Geld, das für andere Projehkte wie Umwelt und Soziales dringend benötigt wird, ausschließlich für Rüstung ausgegeben. Und so wundert man sich hinterher, wenn die AfD in Ostdeutschland Wahlen gewinnt.