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Scholz warnt: Putin will Krieg und keinen Frieden

In seiner Regierungserklärung macht Bundeskanzler Olaf Scholz klare Ansagen: Sie gelten dem russischen Präsidenten, aber auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

von Lars Haferkamp · 26. Juni 2024
Olaf Scholz am 26. Juni 2024 im Bundestag – Der Kanzler stellt noch einmal klar, dass die NATO nicht Teil die Ukraine-Krieges werden wird: „Diese Grenze werden wir nicht überschreiten.“

Olaf Scholz am 26. Juni 2024 im Bundestag – Der Kanzler stellt noch einmal klar, dass die NATO nicht Teil die Ukraine-Krieges werden wird: „Diese Grenze werden wir nicht überschreiten.“

Bundeskanzler Olaf Scholz hat in seiner Regierungserklärung am Mittwoch harte Kritik an Russland geübt. Vor dem Bundestag konstatierte Scholz: „Putin setzt weiter voll auf Krieg und Aufrüstung“. Darüber dürfe niemand hinwegsehen. „Das wird am deutlichsten an seinem vermeintlichen Waffenstillstandsangebot.“ Putin habe darin die Abtretung weiterer ukrainischer Gebiete verlangt und zwar solcher „die die russischen Truppen noch gar nicht besetzt haben“. 

Das sei ebenso unannehmbar wie Putins Forderung, die Ukraine müsse entmilitarisiert werden und zugleich auf jeden militärischen Beistand verzichten. „Wer glaubt, dass die Ukraine das überleben würde und dass daraus ein dauerhafter Frieden in Europa wird, der muss schon sehr viel ,Russia Today‘ schauen“, so Scholz unter Anspielung auf den Propaganda-TV-Sender des Kreml und die putinfreundliche AfD und BSW. „Leider will Russland keinen Frieden."

Zwei-Prozent-Ziel erreicht

Und daraus müssten EU und NATO die nötigen Konsequenzen ziehen. Die Spitzen der EU treffen sich am 27. und 28. Juni und die der NATO vom 9. bis 11. Juli. Beide Gipfel waren der Anlass der Regierungserklärung des Bundeskanzlers.

Mit Blick auf die NATO betonte Scholz, „Deutschland liegt jetzt klar oberhalb des Zwei-Prozent-Zieles“. Demnach soll jedes Mitgliedsland mindestens zwei Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben. Die Bundesrepublik hatte dieses Ziel unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel nicht erreicht und damit international bei den Verbündeten für Kritik gesorgt. Dass es diesmal klappt, hängt auch mit dem von Olaf Scholz 2022 angekündigten Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr zusammen.

NATO nicht Teil des Ukraine-Krieges 

Auch sei es gut, so der Kanzler, dass die NATO genau am Tag der Regierungserklärung den scheidenden niederländischen Regierungschef Mark Rutte offiziell zum nächsten Generalsekretär ernannt habe und damit zum Nachfolger von Jens Stoltenberg. Scholz lobte „die große Einigkeit“ in der NATO, die sich auch an dieser Personalfrage zeige. „Herzliche Glückwünsche an Mark Rutte!“, sagte der Kanzler. „Er wird ein ausgezeichneter NATO-Generalsekretär werden.“

Scholz kündigte an, der NATO-Gipfel werde für eine koordinierte und stärkere Unterstützung der Ukraine durch die Allianz sorgen. „Wobei gleichzeitig sehr klar ist und das ist mir wichtig hier festzuhalten“, so der Kanzler, „durch das, was wir dort machen, wird die NATO nicht Teil des Konfliktes. Diese Grenze werden wir nicht überschreiten.“

Botschaft an die EU-Kommissionspräsidentin

Im Vorfeld des EU-Gipfels am 27. und 28. Juni lobte der Kanzler die Einigung auf die Besetzung der EU-Spitzenämter. Am Dienstag hatten sich Scholz und die sozialdemokratische Delegation mit den Verhandler*innen der konservativen und liberalen europäischen Parteien geeinigt. Demnach soll EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) für eine zweite Amtszeit unterstützt werden, der frühere sozialistische Regierungschef Portugals António Costa als EU-Ratspräsident und die liberale Ministerpräsidentin Estlands Kaja Kallas als EU-Außenbeauftragte.

Scholz betonte, bei der Wahl zum EU-Parlament hätten drei von vier Europäer*innen eben nicht für Populisten gestimmt. „Das darf nicht untergehen“, unterstrich er. „Deshalb habe ich mich auch dafür eingesetzt, dass sich die Kommission im Parlament nicht abhängig macht von extremistischen und populistischen Kräften.“ Es sei gut, dass es im EU-Parlament eine klare Mehrheit der proeuropäischen Kräfte gebe. „Und ich erwarte, dass sich die künftige Kommission exakt auf eine solche Mehrheit im Parlament stützt“, so der Kanzler in Richtung Ursula von der Leyen, die in Aussicht auf eine Wiederwahl im Wahlkampf mit einer Zusammenarbeit mit Rechtsaußen-Parteien geliebäugelt hatte.

EU-Kommission soll keine Zugeständnisse nach Rechtsaußen machen

Auch René Repasi, Vorsitzender der SPD-Europaabgeordneten, stellte noch einmal klar, „dass eine Kommissionsspitze nicht mit den Stimmen der Sozialdemokrat*innen und den Rechtsradikalen zugleich gewählt“ werden dürfe. Man könne zwar rechtsradikale Abgeordnete nicht daran hindern, für von der Leyen zu stimmen. „Es darf jedoch keine politischen Zugeständnisse von dieser Kandidatur an die Rechtsradikalen geben. Das ist unsere rote Linie“, so Repasi.

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Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Mi., 26.06.2024 - 18:54

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Diplomatie ist angesagt nicht Eskalation ! Gerade hat sein Stellvertreter Habeck in China all Fettnäpfe besetzt und dann sowas. Olaf Scholz konnte auch mal anders und überlegter: 1988 sagte er: "USA und NATO sind die größte Gefahr für den Weltfrieden"

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Fr., 28.06.2024 - 10:53

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Das gilt für unseren Bundeskanzler generell und für das letzte „vermeintliche Waffenstillstandsangebot“ im Besonderen. Darin will, so der Kanzler, Putin sogar ukrainische Gebiete, „die die russischen Truppen noch gar nicht besetzt haben“. Natürlich geht das nicht. Genau so wenig wie „Putins Forderung, die Ukraine müsse entmilitarisiert werden und zugleich auf jeden militärischen Beistand verzichten“. Die Forderung der Russischen Föderation nach einer neutralen, also nicht zur Nato gehörenden Ukraine hält der Kanzler nicht für erwähnenswert, obwohl sie bei allen Friedensangeboten Russlands eine Konstante ist.

Ich kenne, vielleicht etwas zu hoch gegriffen, drei Friedensangebote, -gespräche der Russischen Föderation: In allen war die neutrale Ukraine eine zentrale russische Forderung.
Das erste Angebot machte Russland im Dezember 2021, also kurz vor seinem Überfall auf die Ukraine. USA/Nato waren zu Gesprächen bereit, „wiesen aber russische Forderungen nach einem Ende der Nato-Erweiterung zurück“ (Wolfgang Richter, Blätter ..., 3(2022)67).
Ein zweites Angebot hat Paul Schäfer, geläuterter ehemaliger Obmann der Linkspartei im Verteidigungsausschuss, als „das Elend der linken Legenden“ (Blätter ..., 2(2023)68), besonders aber als „die Johnson Legende“ (Blätter ...,4(2023)68) ausführlich dargestellt. Im März 2022 fanden Gespräche zwischen Ukraine und Russland statt, die, so Schäfer, „in der linken Medienwelt ... (als) große Annäherung, sogar ein Friedensvertrag habe vorgelegen,“ gefeiert wurden. Schäfer räumte ein, dass ein einer Journalistin (am 29.3.22) „zugespielter Zehn-Punkte-Friedensplan“, Wikipedia nennt ihn den von „ukrainischer Seite verfassten Vertragsvorschlag für einen Waffenstillstand Istanbul Kommuniqué“, sich inhaltlich deckte mit „Positionen, die Wolodymyr Selenskyj unmittelbar vor und nach Beginn des Krieges mehrfach öffentlich formuliert hatte. Selenskyj war damals zu weitreichenden Zugeständnissen bereit: Die Ukraine wollte sich als neutralen Staat definieren, der sich keinem militärischen Block anschließt, ... Alle weiteren Details sind unklar bis strittig“.
Schäfer erwähnt dann noch die „Financial Times“ vom 16.3.22, die von einem 15-Punkte-Plan berichtete, der „ein bestimmtes Maß an Übereinstimmung ... bei den inhaltlichen Ausführungen“ aufwies und resümierte: „Von einem fertig ausgehandelten Friedensvertrag, der nur noch der Absegnung durch die jeweiligen Präsidenten bedurfte, kann also keine Rede sein“.
In zeitlicher Nachbarschaft zu den Friedensverhandlungen Russlands mit der Ukraine war die Nato sehr aktiv.
Ob auf dem Nato-Sondergipfel am 23.3.2022 über die angelaufenen Verhandlungen Russlands mit der Ukraine gesprochen wurde, ist nicht bekannt. Allerdings lässt Abschnitt 4 (meine Nummerierung) darauf schließen, dass die Staats- und Regierungschefs der NATO ihre eigene Vorstellung von Verhandlungen mit Russland aufzeigen wollten (Gemeinsame Erklärung vom 24. März 2022): „Russland muss seine ernsthafte Bereitschaft zu Verhandlungen unter Beweis stellen, indem es sofort eine Waffenruhe umsetzt. Wir rufen Russland auf, sich konstruktiv auf glaubwürdige Verhandlungen mit der Ukraine einzulassen, um konkrete Ergebnisse zu erzielen, angefangen von einem belastbaren Waffenstillstand bis hin zu einem vollständigen Rückzug seiner Truppen aus ukrainischem Hoheitsgebiet“. Von einer neutralen Ukraine ist da nicht die Rede, auch nicht von anderen „weitreichenden Zugeständnissen“, zu denen Selenskyj bereit gewesen ist.

Am 9.4.22 traf Boris Johnson Selenskyj in Kiew ein und, jetzt kommt das Elend der linken „Johnson Legende“, „Johnson (und die Nato) wies ... den angeblich schon verabredeten `Friedensplan` ab“. Tatsächlich aber, so Schäfer, hätten es die „Kriegsverbrechen wie in Butscha“ Selenskyj „nahezu unmöglich gemacht, mit Putin Friedensverhandlungen zu führen“, während die Kriegsgräuel den Westen bewegt haben, seine „Zögerlichkeit bei der Militärhilfe“ zu beenden, wodurch sich der „Ukraine andere Perspektiven als die Kapitulation eröffnet“ hätten. So richtig zufrieden ist Schäfer aber nicht mit seiner (hier sehr verkürzt wiedergegebenen) Beweisführung. Darum kommt er auf den „springenden Punkt: Die Weigerung Russlands, seine Aggression zu beenden.“

Die Tagesschau meldete am 25.4.2022 hohen Besuch in Kiew: US-Außenminister Blinken und US-Verteidigungsminister Austin. "Wir wollen die Ukraine als weiterhin souveränes Land sehen, ein demokratisches Land, das in der Lage ist, sein souveränes Territorium zu schützen“ so Austin und fügte hinzu, „wir wollen, dass Russland so weit geschwächt wird, dass es zu so etwas wie dem Einmarsch in die Ukraine nicht mehr in der Lage ist“. Blinken ergänzte: „Was die Ziele von Russland angeht, so ist Russland bereits gescheitert und die Ukraine erfolgreich". Was die beiden US-Minister mit Selenskyj besprochen haben, verrieten sie natürlich nicht, aber ihre Presse-Statements zielten nicht direkt auf Friedensverhandlungen – oder?

Am 17.6.22 „erklärte (die Ukraine), nicht weiter verhandeln zu wollen“.

Bedenkenswert an der Ablehnung des letzten „vermeintlichen Waffenstillstandsangebots“ ist, dass Scholz dabei die von Russland geforderte Neutralität der Ukraine nicht erwähnt. Und wenn man genau hinhört, dann sind nicht einmal Gespräche mit Putin nötig, denn der könne von jetzt auf gleich den Krieg beenden, indem er seine Soldaten aus der Ukraine zurückzieht. Dummerweise wird Putin das nicht machen. Beide Forderungen sind für die jeweils andere Partei nicht akzeptabel. Aber, dachte ich, das ist doch kein Grund, Verhandlungen abzulehnen, denn es ist doch immer so in Verhandlungen, dass erst der Verhandlungsprozess eine Angleichung der maximalen Ausgangspositionen und damit eine für beide Parteien akzeptable Lösung findet.

Würde Scholz (die Nato) „das ... vermeintliche Waffenstillstandsangebot“ Putins als Gesprächsangebot annehmen, dann stünden der Nato-Strategie Osterweiterung russische strategische Überlegungen gegenüber. Direkt nach dem Zusammenbruch der UDSSR wusste die Nato noch, „das Bündnis wird bei der Erfüllung seines Ziels und seiner grundlegenden Sicherheitsaufgaben auch weiterhin die legitimen Sicherheitsinteressen anderer Staaten achten“ ((NATO - Official text: The Alliance's 1999 Strategic Concept, 24-Apr.-1999; Last updated 06-Nov-2008, 7.4.23).). Ich habe nicht geprüft, wann dieser gescheite und darum Grundsatz der Geostrategie aus der Nato-Strategie gestrichen worden ist, aber heute lautet die Strategie gegenüber der Ukraine (und der Russischen Föderation) schnörkellos, „eine starke, unabhängige Ukraine ist für die Stabilität des euro-atlantischen Raumes unerlässlich“. Und ganz selbstverständlich versteht sich die Nato als Ordnungsmacht generell „auch in strategischer Entfernung“ (NATO-Gipfel 2022). Das nahezu übermächtige Problem, in dem wir – eigentlich große Teile der Erde – uns befinden, ist dadurch entstanden, dass die Nato für sich geostrategisches Danken und Handeln beansprucht, es im Falle der Ukraine und Georgiens der Russischen Föderation aber nicht zubilligt. Deswegen ist die Nato überhaupt nicht bereit, mit Russland eine Regelung für die Ukraine zu suchen, die für alle Drei akzeptabel ist. Um es mit H. A. Winkler zu sagen: „Versuche, mit Moskau über eine andere Form (außer dem Nato-Beitritt) von Sicherheit für ehemalige Sowjetrepubliken wie die Ukraine oder Georgien ins Gespräch zu kommen, gab es nicht. ... Der Westen hätte (sonst) seine Prinzipien verraten“. Krieg in der Ukraine mit unseren Waffen, mit unserem Geld, aber mit ukrainischem Personal wegen unserer Prinzipien?
„Putin setzt weiter voll auf Krieg und Aufrüstung“, motiviert sich Scholz selbst, obwohl er nicht erst seit Kamala Harris (Spiegel, 15.6.24) genau weiß, dass es im Ukraine-Krieg um unsere, um „Amerikas ... strategische Interessen“ geht.

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