„Wir sind viele“: SPD-Basis unterstützt AfD-Verbotsverfahren
Am Donnerstag berät der Bundestag über einen fraktionsübergreifenden Antrag, die Verfassungswidrigkeit der AfD überprüfen zu lassen. Unterstützung kommt dabei von der SPD-Basis.
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Bevor es zu spät ist: Die SPD-Basis unterstützt ein AfD-Verbotsverfahren.
Ist die AfD verfassungsfeindlich oder nicht? Das wollen 113 Bundestagsabgeordnete verschiedener Fraktionen vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen. Ein entsprechender Antrag steht an diesem Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestags. Ab 17:30 Uhr soll er beraten werden. „Wir als Abgeordnete haben in einer solchen Situation die Pflicht, dementsprechend zu handeln, um unsere Demokratie zu schützen“, sagte die SPD-Abgeordnete Carmen Wegge, die den Antrag mit initiiert hat, bereits im vergangenen Jahr im Interview mit dem „vorwärts“.
„Die Stimme der Basis sollte eine Rolle spielen“
Unterstützung bekommen Wegge und die anderen 112 Unterzeichner*innen des Antrags nun von der SPD-Basis. Unter der Überschrift „#Wirsindviele für ein Verbotsverfahren“ ruft die Imitative „Wir sind viele“ dazu auf, den Antrag zu unterstützen. In dem Netzwerk sind mehr als 100 SPD-Ortsvereine und -Gruppen aus dem gesamten Bundesgebiet miteinander verbunden. Auch die Auslandsfreundeskreise der Partei sind dabei.
„Wir stehen vor Ort an unseren Ständen und sind täglich mit den Auswirkungen der AfD-Hetze konfrontiert“, heißt es in dem Aufruf und: „Wir rufen alle Demokratinnen und Demokraten dazu auf, ihre Stimme zu erheben und ein AfD-Verbotsverfahren zu unterstützen.“
„Die Stimme der Basis sollte unbedingt auch eine Rolle für die Abgeordneten spielen“, ist Fabienne Quednau, eine der Initiator*innen des Aufrufs, überzeugt. Mit der zunehmenden Radikalisierung der AfD habe sich die Sichtweise auf die Partei innerhalb der SPD verändert, ist sie überzeugt. Viele Ortsvereine sprächen sich inzwischen für ein Verbotsverfahren aus. Etwa in Dresden.
„Rechtsextrem ist rechtsextrem – egal, wie groß die AfD ist“
Dort beschloss ein Unterbezirksparteitag bereits Ende Oktober die Einleitung eines Verfahrens „zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Alternative für Deutschland“ zu unterstützen und die sächsischen SPD-Bundestagsabgeordneten aufzufordern, dem entsprechenden Antrag zuzustimmen. Auch in Bonn stimmten die Delegierten beim SPD-Unterbezirksparteitag im März 2024 für einen ähnlichen Antrag. Die Dresdner Ortsvereinsvorsitzenden unterstrichen ihre Forderung mit einem gemeinsamen Brief an die sächsischen SPD-Abgeordneten am Mittwoch. Dieser liegt dem „vorwärts“ vor.
„Wir stehen einer AfD gegenüber, die jetzt schon um ein Vielfaches größer ist als die SPD. Und wir sagen euch: Rechtsextrem ist rechtsextrem, verfassungsfeindlich ist verfassungsfeindlich – egal, wie groß die AfD ist“, heißt es in dem Brief. Deshalb sei es wichtig, jetzt zu handeln. „Dieses Verfahren bedeutet nicht, dass wir die AfD nicht vor allem politisch bekämpfen müssen. Aber mit einem Wegducken der SPD-Fraktion in dieser Frage können wir nichts gewinnen. Wir können nur verlieren.“
Vermutlich die letzte Gelegenheit
Genauso sieht es Chantal Messing. „Jetzt ist vermutlich die letzte Gelegenheit, das Verbotsverfahren gegen die AfD auf den Weg zu bringen“, sagt die Vorsitzende der SPD Meerbusch und fordert: „Als SPD müssen wir den Mut aufbringen und den Sprung ins Ungewisse wagen.“ Messing setzt sich schon länger für ein AfD-Verbot ein und wurde dafür vor Ort bereits massiv angefeindet. „Als stolze Partei, die in der langen Tradition steht, gegen Hitler und die Nazis gekämpft zu haben, dürfen wir auch heutzutage nicht unbeteiligt bleiben, wenn sich der Faschismus in unserem Land wieder auszubreiten versucht“, ist Messing überzeugt.
Unterstützung bekommen sie und das Ortsvereinsnetzwerk „Wir sind viele“ dabei auch von prominenten Sozialdemokrat*innen. „Ich finde es gut, dass die Parteibasis das macht. Sie bekommt besonders gut mit, wie die AfD vor Ort agiert“, sagt Thomas Kutschaty. Bis Ende 2023 war er stellvertretender Vorsitzender der SPD. „Verfassungsfeinde dürfen niemals in eine Machtposition gelangen“, ist Kutschaty überzeugt. Ein Parteiverbotsverfahren zum jetzigen Zeitpunkt sei daher der richtige Weg. „Ich wünsche mir von unseren Abgeordneten, dass sie den Antrag unterstützen.“
Die Fraktionsführung sieht den Antrag dagegen kritisch. Grundsätzlich sei sie zwar für ein Verbotsverfahren, wenn genug Belege der Verfassungsfeindlichkeit vorlägen, sagt die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast. Den fraktionsübergreifenden Antrag hält sie aber für den „falschen Weg“ und für „nicht zu Ende gedacht“.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.