Migration: Was die Ampel noch bis Jahresende beschließen will
Mehr Abschiebungen, frühere Einbürgerungen: Gleich mehrere migrationspolitische Vorhaben der Ampel-Regierung werden in dieser Woche in erster Lesung im Bundestag beraten. Ein Überblick
IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Bundesinnenministerin Nancy Faeser spricht am Donnerstagmorgen im Bundestag.
Am Donnerstagmorgen um 9 Uhr debattiert der Bundestag in erster Lesung über das Rückführungsverbesserungsgesetz der Bundesregierung, nur wenige Stunden später ist ebenfalls in erster Lesung das Gesetz zur Modernisierung des Staatsbürgerschaftsrechts dran. „Das sind beides Dinge, die wir mit den Ministerpräsidenten der Länder vereinbart haben“,sagt die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, am Mittwochvormittag bei einem Pressegespräch. „Wir setzen das schnell um. Auch da zeigt sich, dass wir voll handlungsfähig sind“, kündigt Mast an. Beide Gesetze sollen im besten Fall noch bis Ende des Jahres beschlossen werden. Doch worum geht es konkret?
Mehr Abschiebungen
Mit dem Rückführungsverbesserungsgesetz will die Bundesregierung Abschiebungen von Ausreisepflichtigen vereinfachen. Im Kern geht es also darum, dass mehr Personen ohne Bleibeperspektive Deutschland verlassen sollen. Dafür ist unter anderem vorgesehen, die Höchstdauer des sogenannten Ausreisegewahrsams von derzeit zehn auf 28 Tage zu verlängern, um den Behörden mehr Zeit zu geben, eine Abschiebung vorzubereiten. Auch sollen Mitarbeiter*innen von Behörden beispielsweise die Möglichkeit bekommen, in Gemeinschaftsunterkünften auch in Räumen Dritter nach Personen zu suchen, die abgeschoben werden sollen. Denn dies sei, wie häufig argumentiert wird, einer der Gründe, warum derzeit etwa zwei Drittel aller Abschiebungen scheitern. Und das, obwohl die Zahl der Abschiebungen bereits um 27 Prozent höher ist als im Vorjahr zu diesem Zeitraum.
Damit Deutschland ein solidarisches Land sein könne, brauche es klare Regeln, sagt Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Donnerstagmorgen im Bundestag. „Dazu gehört auch, dass diejenigen, die kein Bleiberecht haben, unser Land wieder verlassen müssen. Schnell und zuverlässig. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass Migration in der Gesellschaft insgesamt anerkannt wird und Integration funktioniert“, fügt die SPD-Politikerin an.
Außerdem ist mit dem Gesetz auch ein härteres Vorgehen gegen Schleuser*innen geplant. Auch Mitglieder krimineller Vereinigungen sollen künftig leichter ausgewiesen werden können. Zudem ist geplant, Abschiebungen in Zukunft nicht mehr vorab anzukündigen. Widerspruch und Klage gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote sollen keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Wohnsitzauflagen und räumliche Beschränkungen sollen ebenfalls künftig sofort durchgesetzt werden können. Die Fälle, in denen Staatsanwaltschaften bei Abschiebungen aus der Haft zu beteiligen sind, sollen reduziert werden.
Schnellere Arbeitsmöglichkeit
Geflüchtete mit Bleibeperspektive sollen dagegen schneller die Möglichkeit erhalten, in Deutschland arbeiten zu dürfen. Asylbewerber*innen, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben, sollen deshalb künftig frühestens nach drei und spätestens nach sechs Monate eine Arbeit aufnehmen können. Bislang galt eine Frist von neun Monaten. „Auch das ist dringend notwendig. Denn Arbeit ist der entscheidende Faktor für Integration“, meint Faeser.
Für Geduldete wird die Frist verlängert: Sind sie vor dem 31. August 2022 nach Deutschland gekommen, sollen sie im Regelfall die Erlaubnis erhalten, eine Arbeit aufzunehmen. Menschen aus sicheren Herkunftsländern und Geflüchtete, deren Identität nicht geklärt ist, sollen auch weiterhin nicht arbeiten dürfen.
Frühere Einbürgerungen
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Staatsbürgerschaftsrechtes will die Bundesregierung Zugewanderten den Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit erleichtern und zugleich einen Anreiz zur schnellen Integration schaffen. Vorgesehen ist, dass Menschen neben der deutschen auch ihre vorherige Staatsbürgerschaft haben können. Zugleich soll eine Einbürgerung in der Regel bereits nach einem Aufenthalt in Deutschland von fünf statt bisher acht Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen auch schon nach drei Jahren. Kinder ausländischer Eltern sollen unmittelbar mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn ihre Eltern mindestens fünf Jahre in Deutschland leben. Bislang lag der Zeitraum bei acht Jahren.
Voraussetzung für eine Einbürgerung ist, dass der Lebensunterhalt für sich selbst und die unterhaltspflichtigen Angehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialhilfe (SGB XII) oder Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bestritten werden muss. Ausnahmen davon sollen für Personen gelten, die in den vergangenen zwei Jahren mindestens 20 Monate in Vollzeit erwerbstätig waren, für Menschen, die mit einer in Vollzeit tätigen Person sowie einem Kind in familiärer Gemeinschaft leben sowie für die sogenannten Gastarbeiter*innen und Vertragsarbeitnehmer*innen, die bis 1974 in die Bundesrepublik beziehungsweise bis 1990 in die ehemalige DDR eingereist sind.
Gast- und Vertragsarbeiter*innen müssen dem Gesetzentwurf zufolge zudem keinen Einbürgerungstest absolvieren und lediglich mündliche deutsche Sprachkenntnisse nachweisen.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo