Kultur

Mit italienischen Verhältnissen: Das hat die 76. Buchmesse zu bieten

Am Dienstag ist die 76. Frankfurter Buchmesse eröffnet worden. Die nach wie vor größte Bücherschau der Welt greift die aktuellen Themen der Branche und die gesellschaftspolitischen Debatten der Zeit auf. Zu einem Eklat kam es im Gastland Italien.

von Lea Hensen · 15. Oktober 2024
Pavillon des Gastlandes Italien auf der Buchmesse in Frankfurt am Main

Pavillon des Gastlandes Italien auf der Buchmesse in Frankfurt am Main

Kulturstaatsministerin Claudia Roth lobte am Dienstagabend die Bedeutung des Lesens. „Je mehr wir lesen, lernen und vor allem wissen, desto bedeutungsloser wird die Angst, wird das Ressentiment und umso leidenschaftlicher unsere Lust am Neuen, am Unbekannten“, sagte die Grünen-Politikerin zum Auftakt der 76. Frankfurter Buchmesse. „Das macht Literatur zu einem Mittel gegen die schlichten Wahrheiten des Populismus, gegen Vereinfachungen, Verkürzungen und Verdrehungen, gegen Fake News, Hass und Hetze.“

Die Frankfurter Buchmesse hat seit Mittwoch, 16. Oktober, für Fachbesucher*innen und ab Freitag, 18. Oktober bis Sonntag, 20. Oktober für das Lesepublikum geöffnet. Gastland der nach wie vor weltweit größten Buchmesse ist in diesem Jahr Italien. Der Ehrengast-Pavilion wurde dazu in eine Piazza unter Sternenhimmel verwandelt. 90 Autor*innen, unter ihnen bekannte Namen wie Alessandro Baricco, Paolo Cognetti und Claudio Magris, stellen die Vielfalt der italienischen Gegenwartsliteratur vor. 

Wohl mehr Besucher als 2023

Vor der Buchmesse war es zwischen italienischen Autor*innen und der rechten Regierung von Giorgia Meloni zum Streit gekommen. So hatte das italienische Kulturministerium den berühmten Anti-Mafia-Journalisten und Meloni-Kritiker Roberto Saviano nicht zur italienischen Delegation gezählt. Daraufhin sagte eine Reihe von Autor*innen ihre Teilnahme solidarisch ab. Saviano kommt nun aber doch – auf Einladung des Hanser-Verlags. Am Samstag, 19. Oktober, spricht er im Frankfurt Pavilion mit Deniz Yücel, Co-Vorsitzender der Schriftstellervereinigung „PEN Berlin“, über „Schreiben in illiberalen Zeiten“.  

Die Besucher*innen der Buchmesse erwarten mehr als tausend Autor*innen und Sprecher*innen bei 650 Veranstaltungen. Angekündigt wurden auch Prominente wie Moderator Thomas Gottschalk und der Musiker Peter Maffay. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels rechnet mit deutlich mehr Besucher*innen als 2023, als 215.000 Menschen zur Messe nach Frankfurt kamen. Das Vor-Corona-Niveau ist damit noch lange nicht erreicht.

Deutscher Buchpreis für Autorin Martina Hefter

Traditionell zum Start der Buchmessen-Woche wurde am Montag der Deutsche Buchpreis vergeben. Die Auszeichnung ging an die Leipziger Autorin Martina Hefter für ihren Roman „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“. Darin nähert sich eine Frau Mitte 50 einem Love-Scammer an – die moderne Form eines Heiratsschwindlers, der über Social Media Liebe vortäuscht und eigentlich nur an Geld will.

Ein neuer Fokus der Buchmesse richtet sich mit 8.000 Quadratmetern Ausstellungsflächer auf die junge Lesebewegung „Young- und New-Adult“. Das Erfolgsgenre schließt die Lücke zwischen Jugend- und Erwachsenenbuch, seine Figuren befinden sich im Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenalter. Die Romane erkennt man aufwendigen Covern mit knalligem Farbschnitt. „Wir haben eine neue Art von Lesern kennengelernt“, sagte Buchmessen-Direktor Juergen Boos bei der Vorstellung des Programms. „Leser, die Fans sind.“ Am Wochenende treffen sie auf Stars des Genres wie Jane S. Wonda und D.C. Odesza auf dem Messegelände.

Netflix, Gaming und die Kultur Asiens

In der Veranstaltungsreihe „Frankfurt Calling – Perspectives on Culture and Politics“ verhandelt die Buchmesse die gesellschaftspolitischen Debatten der Zeit. Ein Highlight dürfte das Aufeinandertreffen des israelischen Bestsellerautors Yuval Noah Harari mit dem japanischen Philosophen und Kapitalismuskritiker Kohei Saito sein. Am Mittwoch, 16. Oktober, diskutieren sie um 19.30 Uhr im Saal „Harmonie“ über die Frage: „Hilft auf dem Weg in eine lebenswerte Zukunft nur noch ein Systemsturz?“

Erstmals hat Netflix einen eigenen Stand auf der Messe. Zu den Neuheiten gehört auch das Games Business Centre, in dem sich Fachbesucher*innen und Verlage mit der Gaming-Branche austauschen sollen. Die „Asia Stage“ bietet einen neuen Bereich für Lesungen und Veranstaltungen zu Literatur oder kulturpolitischen Themen aus verschiedenen Ländern Asiens. 

Die Buchmesse endet am Sonntag mit der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an die US-Historikerin Anne Applebaum

Autor*in
Lea Hensen
Lea Hensen

ist Redakteurin des „vorwärts“.

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