International

So will die SPD die internationale Ordnung gerechter machen

Die globalen Gewichte der Macht haben sich verschoben. Multilaterale Organisationen bilden diese Entwicklung jedoch nicht ab. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil will das ändern.

von Finn Lyko · 12. März 2024
Eine der drei südafrikanischen Hauptstädte: Kapstadt.

Eine der drei südafrikanischen Hauptstädte: Kapstadt.

Anfang März ist Lars Klingbeil erstmals in seiner Rolle als SPD-Parteivorsitzender nach Afrika gereist. In Namibia, Südafrika und Ghana traf er sozialdemokratische Politiker*innen wie auch Vertreter*innen verschiedener Interessensgruppen. 

Mit im Gepäck hatte Klingbeil eine Vision: und zwar eine neue Ausrichtung der Politik in einer Welt, die zunehmend multipolar wird – eine moderne Nord-Süd-Politik in der Tradition von Willy Brandt.

Denn diese sei nötig – insbesondere angesichts weltweit zunehmender Krisen, so heißt es in einem Papier, das Klingbeil nun vorgelegt hat. Es enthält einen Fahrplan, wie sich die gegenwärtigen Schieflagen überwinden lassen.

Dem Parteichef zufolge nehmen globale Herausforderungen zu und die Machtverhältnisse wandeln sich, doch weder multilaterale Organisationen noch die internationale Finanzarchitektur bilden dies bislang ab. 

Es brauche eine neue Art der Zusammenarbeit mit den Ländern des Globalen Südens, schreibt der Parteivorsitzende. Die internationale Ordnung müsse demokratischer werden, um Frieden, Sicherheit und Wohlstand zu garantieren.

Fünf Punkte für Kooperation und Gerechtigkeit

Um einen solchen Wandel hin zu mehr Kooperation und Gerechtigkeit anzustoßen, schlägt Klingbeil in seinem Papier „Fünf Punkte für die Demokratisierung der internationalen Ordnung“ verschiedene Maßnahmen vor. So sollen die Beziehungen zu Staaten des Globalen Südens „nachhaltig und strategisch“ durch Reformen auf verschiedenen Ebenen, vor allem der Vereinten Nationen und des wirtschaftlichen Bereichs, ausgebaut werden.

Mehr Teilhabe in Politik und Wirtschaft

Noch in diesem Jahr bereiten Deutschland und Namibia gemeinsam den diesjährigen UN-Zukunftsgipfel vor. Dies sei ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer demokratischeren internationalen Ordnung, schreibt Klingbeil in seinem Papier. Es brauche jedoch zusätzlich auch eine Reform des UN-Sicherheitsrats hin zu einer stärkeren Vertretung afrikanischer, lateinamerikanischer und asiatischer Länder, fordert er, die Vereinten Nationen müssen reformiert werden, um mehr Repräsentation der Länder des Globalen Südens zu ermöglichen.

Im wirtschaftlichen Bereich schlägt der SPD-Parteivorsitzende ebenfalls verschiedene Reformen vor. Man unterstütze die geplanten Reformen der Weltbank, um fairere Finanzierungsangebote möglich zu machen, schreibt Lars Klingbeil. Auch setze man sich dafür ein, dass Programme des Internationalen Währungsfonds Ungleichheit vorbeugen.

Weiter fordere man Möglichkeiten für hoch verschuldete Staaten des Globalen Südens, einen Teil ihrer Schulden gegen Verpflichtungen zu tauschen – so beispielsweise Investitionen in soziale und ökologische Transformationen im gleichen Wert. Dadurch solle der Überschuldung vieler Staaten Einhalt geboten werden, was diesen wiederum ermöglichen würde, durch gezielte Investitionen ihre eigenen Gesellschaften zu stärken. 

Auch sollen private Gläubiger stärker in die Pflicht genommen werden, damit sich diese nicht an hoch verschuldeten Staaten bereichern können, fordert Klingbeil. Zudem solle Steuergerechtigkeit durch eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent weiter vorangetrieben werden. Dies sei ein wichtiger Schritt, um die Steuerbasis rohstoffreicher Länder des Globalen Südens besser zu schützen.

Abgrenzung zur Konkurrenz durch gemeinsame Werte und Nachhaltigkeit

Insbesondere in Konkurrenz zu China oder Russland wolle man den Ländern des Globalen Südens von europäischer Seite attraktive und nachhaltige Angebote der Zusammenarbeit machen – insbesondere solchen Staaten, die ähnliche Werte und Ziele verfolgen, schreibt Klingbeil. Denn diese sollen gerechter an globaler Politik beteiligt werden. In diesem Anliegen sei auch der Beitritt der Afrikanischen Union zur G20 von großer Bedeutung – „aber das kann nur der Anfang sein“.

Am Abend des 18. März 2024 wird der Parteivorsitzende auf der Veranstaltung des Geschichtsforums der SPD „Nord-Süd – Neu denken“ im Willy-Brandt-Haus in Berlin eine programmatische Rede zu den Punkten des Papiers halten. An der daran anknüpfenden Podiumsdiskussion werden neben Lars Klingbeil auch Entwicklungsministerin Svenja Schulze, der brasilianische Finanzminister Fernando Haddad und die Präsidentin der International Crisis Group, Comfort Ero, teilnehmen.

Autor*in
FL
Finn Lyko

ist Volontärin in der vorwärts-Redaktion.

Weitere interessante Rubriken entdecken

2 Kommentare

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Mi., 13.03.2024 - 11:01

Permalink

Da gab es mal gute Ansätze: Brand - Palme - Kreiski, aber die Chancen wurden vertan als mal sich dem Globalisierungswahn hingab und glaubte im Schlepptau der USA an der Weltbeherrschung teil zu haben.
Die Glaubwürdigkeit in den Ländern des Süden ist Großteils verspielt durch die Doppelmoral spezell auch von SPD-Akteuren (Guaido, Bolsonaro, Natanjahu,Anez .......)

Gespeichert von Nils Michaelis am Do., 14.03.2024 - 09:08

Antwort auf von Armin Christ (nicht überprüft)

Permalink

Bei allem Respekt für Ihre Kritik: Welche "SPD-Akteure" meinen Sie denn? Doch nicht etwa die in Klammern angeführten Personen? Anez und Guaido gehören linksgerichteten Parteien in Bolivien bzw. Venezuela an. Bolsonaro und Netanjahu kommen aus einem ganz anderen politischen Spektrum in Brasilien und Israel...

Viele Grüße

Nils Michaelis (Redakteur des vorwärts)