International

Europawahl: Wie die SPE den Rechten die Stirn bieten will

Bei der Europawahl im kommenden Jahr befürchten viele einen Rechtsruck. Bei ihrem Kongress in Málaga hat sich die SPE bereits auf die Auseinandersetzung eingeschworen. Hoffnung macht vor allem ein Wahlsieger.
von Kai Doering · 11. November 2023
Gefeiert wie ein Popstar: Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez
Gefeiert wie ein Popstar: Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez

Als Pedro Sánchez die Halle des Kongresszentrums betritt, wird er gefeiert wie ein Popstar. Zahlreiche Gäste sind zum zweiten Tag des SPE-Kongresses in Málaga gekommen, die meisten von ihnen Mitglieder oder Sympathisant*innen der PSOE, der sozialistischen Partei Spaniens. Am Eingang hatte sich am Morgen eine lange Schlange gebildet. In der Halle sitzen sie nun auf Tribünen und wollen gar nicht mehr aufhören zu klatschen.

Die zwei Kunststücke des Pedro Sánchez

Denn Pedro Sánchez hat geschafft, was viele nicht für möglich gehalten haben: Erst hat er bei der Parlamentswahl im Juli mit der PSOE ein deutlich besseres Ergebnis erzielt als vorausgesagt war. Die rechtspopulistische Vox-Partei stürzte hingegen ab. Das zweite Kunststück gelang Sánchez erst vor wenigen Tagen: Er handelte ein Regierungsbündnis aus, das auch zwei katalanische Parteien unterstützen – eine Tatsache, die in Spanien kontrovers diskutiert wird, da ihren Mitgliedern eine Amnestie rund um die rechtswidrige Volksabstimmung zur Loslösung Kataloniens 2017 in Aussicht gestellt wurde.

In der Kongresshalle in Málaga spielt all das aber keine Rolle. Und so erhält Sánchez donnernden Applaus als er auf der Bühne ankündigt: „Spanien wird wieder eine sozialdemokratische Regierung haben.“ Bereits in der kommenden Woche könnte es soweit sein. Dass es dazu kommen wird, liegt zum einen an Sánchez‘ Verhandlungsgeschick, zum anderen daran, dass sie Spanier*innen nicht den Versprechen der Rechtspopulisten erlegen sind.

Die Europawahl als Richtungsentscheidung

„Wir konnten im Juli dieses Jahres die reaktionäre Welle in Spanien beenden. Im kommenden Juni werden wir die reaktionäre Welle in Europa beenden“, ruft Sánchez mit Blick auf die Europawahl. Das allerdings dürfte noch einmal schwieriger werden. Die Rechtsextremen in Europa hätten sich in den vergangenen Jahren verdoppelt. Inzwischen gehörten sie fünf nationalen Regierungen innerhalb der EU an, rechnet Sánchez vor.

Verantwortlich dafür seien vor allem die konservativen Parteien. Sie übernähmen mehr und mehr die Positionen der Rechtspopulisten und Rechtsextremen und beteiligten sie an der Regierung. „Die Zusammenarbeit mit den Rechtsextremen öffnet eine Tür, die sich nur schwer wieder schließen lässt“, warnt Pedro Sánchez in Málaga. Bei der Europawahl entscheide sich deshalb der künftige Kurs der Europäischen Union. „Bekämpfen wir den Klimawandel oder nicht? Setzen wir uns für gleiche Rechte für Frauen ein oder nicht? Ist die EU ein inspirierendes Projekt für die Welt oder nicht?“, zählt Sánchez einige Punkte auf.

Den Menschen die Angst vor der Zukunft nehmen

Die Warnung des spanischen Ministerpräsidenten unterstreicht auch Frans Timmermans. Der frühere EU-Kommissar steckt gerade im Wahlkampf. Ende November möchte er Ministerpräsident der Niederlande werden. „Wo Rechtsextreme an der Regierung sind, saugen sie die konservativen Parteien auf“, sagt Timmermans. „Wer versucht, ihnen nachzueifern, scheitert.“ Aufgabe der Sozialdemokrat*innen müsse deshalb sein, ein Gegenmodell anzubieten.

„Menschen, die Angst vor der Zukunft haben, suchen Lösungen, die nicht aufgehen. Unsere Aufgabe ist es, diese Ängste zu zerstören“, sagt Timmermans. Konkret könne das gelingen, indem Arbeit weniger besteuert werde, Reichtum dafür mehr. „Wenn Reiche etwas weniger haben, ändert das ihr Leben nicht. Wenn Arme etwas mehr haben, verändert das ihr Leben sehr“, sagt Timmermans. „Wir müssen die Herausforderungen des täglichen Lebens der Menschen verstehen“, pflichtet ihm später auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil zu.

Den Rechten etwas entgegensetzen

In Zeiten der Unsicherheit müssten die Sozialdemokrat*innen besonders auf die Sorgen der Menschen eingehen. Davon ist auch Stefan Löfven überzeugt. „Solidarität für den Einzelnen ist Solidarität für alle“, sagt der der SPE-Vorsitzende. Und die Europäische Union sei für die Sozialdemokrat*innen „die Verkörperung unseres Grundwertes der Solidarität“. Für den bevorstehenden Europawahlkampf bedeute das, ein positives Gegenbild zum Schwarz-Weiß der Rechtspopulisten zu entwerfen.

„Wir werden immer dagegen kämpfen, dass die Rechtsextremen salonfähig werden“, verspricht Löfven. Die PSOE und Pedro Sánchez in Spanien hätten gezeigt, „dass sozialdemokratische Ideen noch immer mehrheitsfähig“ sind. „Ihr“, sagt Löfven an Sánchez gewandt, „habt die Saat gegen die Rechtsextremen gesät.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare