Ukraine-Hilfe: Warum Kanzler Scholz die Schuldenbremse aussetzen will
Noch vor der Bundestagswahl könnte der Bundestag ein weiteres Unterstützungspaket für die Ukraine beschließen. Das hat Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwochabend angekündigt. Er knüpft die Zustimmung allerdings an eine Bedingung.
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Bundeskanzler Olaf Scholz zu Ukraine-Hilfen: „Wir brauchen eine ehrliche Debatte.“
Ende Januar kommt der Bundestag zu seiner letzten regulären Sitzungswoche vor der Bundestagswahl am 23. Februar zusammen. Dann stehen noch einige wichtige Abstimmungen an, etwa zur Entkriminalisierung von Abtreibungen. Geht es nach Olaf Scholz, könnte noch ein Beschluss hinzukommen: über ein drei Milliarden schweres Hilfspaket für die Ukraine, das vor allem Luftabwehr-Systeme umfassen soll.
Scholz: „Das Geld ist sonst nicht da.“
„Ich würde auch jetzt das noch beschließen, wenn alle mitmachen bei einem Beschluss: Wir finanzieren das extra über Kredite“, sagte der Bundeskanzler am Mittwochabend im Fernsehsender RTL. Dafür jedoch müssten „einige über ihren Schatten springen“. Denn Scholz will dem Paket nur dann zustimmen, wenn das Geld zusätzlich aufgenommen und dafür die Schuldenbremse ausgesetzt wird.
„Ich bin für zusätzliche Mittel für die Ukraine – wie im November vorgeschlagen. Das können wir noch beschließen, wenn alle sagen: Wir finanzieren die Hilfen über eine gesonderte Kreditaufnahme“, präzisierte Scholz auf der Plattform X. Dieser Weg sei notwendig, denn „das Geld ist sonst nicht da“, schrieb Scholz und forderte: „Wir brauchen eine ehrliche Debatte.“
Auch Grüne, FDP und Union haben sich für weitere Hilfen zur Stärkung der Luftabwehr in der Ukraine ausgesprochen. „Einer entsprechenden Vorlage im Haushaltsausschuss würde die Unionsfraktion zustimmen“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Thorsten Frei. Allerdings wollen Union und FDP dafür nicht die Schuldenbremse antasten. Und auch die Grünen plädieren dafür, die drei Milliarden als „außerplanmäßige Ausgabe“ zu tätigen.
Scholz warnt vor „ungedecktem Scheck“
Artikel 112 des Grundgesetzes räumt eine solche Möglichkeit ein, allerdings nur „im Falle eins unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses“. In der Vergangenheit waren „außerplanmäßige Ausgaben“ etwa dann getätigt worden, wenn eine Naturkatastrophe hohe zusätzliche Ausgaben erfordert hatte. Ob die Unterstützung der Ukraine davon gedeckt wäre, ist unter Jurist*innen umstritten.
Und: Auch die „außerplanmäßige Ausgabe“ müsste finanziert, das Geld an anderer Stelle im Haushalt eingespart werden. In einem Interview mit den „Westfälischen Nachrichten“ vom Mittwoch rechnete Scholz mit einer Deckungslücke von 16 Milliarden Euro im – noch nicht beschlossenen – Haushalt für 2025. „Wenn wir jetzt weitere drei Milliarden Euro für bilaterale Waffenhilfe für die Ukraine beschließen wollen, wäre das ein ungedeckter Scheck“, so der Bundeskanzler.
Rückendeckung bekommt Scholz für seinen Vorschlag von SPD-Chef Lars Klingbeil. „Wir haben immer gesagt: zusätzliche Mittel nicht auf Kosten von Rente oder Bildung“, schrieb Klingbeil auf X. „Der Vorschlag des Kanzlers ist deshalb richtig und muss schnell im Bundestag entschieden werden.“
Auch der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Rolf Mützenich stellte sich hinter den Kurs von Scholz. „Ich fordere die anderen Fraktionen auf, sich jetzt rasch zu diesem rechtlich zulässigen und notwendigen Schritt zu verhalten“, sagte Mützenich Medienberichten zufolge gegenüber der dpa. „Wir können noch vor der Bundestagswahl hierzu entscheiden.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.