Inland

Trumps Sparpläne in der Entwicklungshilfe: „Menschlich schwer zu ertragen“

Präsident Donald Trump stampft große Teile der US-Entwicklungshilfe ein. Wie Deutschland darauf reagieren sollte, und welche Rolle das Thema bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen spielt, erklärt Entwicklungsministerin Svenja Schulze im Interview.

von Jonas Jordan · 11. März 2025
Svenja Schulze ist seit 2021 Bundesministerin für Entwicklungshilfe.

US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, die weltweite Entwicklungshilfe drastisch zu kürzen. Was könnte das für die zivile Unterstützung der Ukraine bedeuten?

Ein Großteil des USAID-Budgets wurden in den letzten Jahren in der Ukraine eingesetzt: für die Versorgung der Menschen mit Strom und Wärme, Schulen, Krankenhäuser und Unterkünfte für Binnenvertriebene. Wenn das wegfällt, wird das die Ukraine hart treffen. Oft wird ja nur über Waffen geredet, aber für das Überleben der Ukraine kommt es auch auf diese zivile Unterstützung an. Zum Glück ist nicht nur die USA in diesem Bereich aktiv, sondern auch wir Europäer. 

Die US-Entwicklungsagentur USAID steht schon seit Wochen im Fokus von Trumps Einsparplänen. Inwieweit könnte Deutschland die Lücke füllen, wenn die USA ausfallen?

Die USA haben eine so große und prägende Rolle für das internationale System gespielt, diese Lücke kann Deutschland allein niemals schließen. Was wir tun können, ist nochmal zu priorisieren und zu prüfen, wo wir umschichten sollten. Wenn zum Beispiel die USA die Mittel für Frauen zurückfahren und dadurch viele Krankenhäuser in Krisengebieten schließen müssen, wird es nochmal dringender, dort zu investieren. Denn wir wissen, welche Folgen es für die Entwicklung ganzer Gesellschaften, für die Wirtschaft, den gesellschaftlichen Frieden hat, wenn die Hälfte der Weltbevölkerung ausgeschlossen wird. 

Großbritannien hat in der vergangenen Woche angekündigt, seine Verteidigungsausgaben künftig deutlich erhöhen zu wollen, allerdings zu Lasten der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit. Ein Fehler aus Ihrer Sicht?

Das ist ein schwerer Fehler. Ich weiß, dass der Labour-Regierung dieser Schritt nicht leichtgefallen ist. Aber es ist kurzsichtig zu glauben, dass man so seine Sicherheit erhöhen kann. Nicht umsonst betonen verschiedene Generäle, dass man neben dem Militär unbedingt auch in die Entwicklung und damit in die Prävention von Konflikten investieren muss. 

Inwiefern ist durch diese Entwicklungen die Entwicklungszusammenarbeit, wie wir sie die vergangenen Jahrzehnte kannten, im Grundsatz bedroht?

Die UN-Hilfswerke, die es heute gibt und die in der Lage sind, in den Krisengebieten dieser Welt zumindest die größte Not zu lindern, sind eine der größten zivilisatorischen Errungenschaften. Gemeinsam waren wir sehr erfolgreich. Wir haben die Kindersterblichkeit halbiert und viele Krankheiten wie Polio oder HIV zurückgedrängt. Jetzt werden Teile dieser Erfolgsgeschichte vermutlich zerstört werden. Die USA haben zuletzt 20 Prozent des gesamten UN-Haushalts finanziert. Ihr Rückzug wird Folgen haben, die menschlich schwer zu ertragen sind. 

Was bedeutet das für die anstehenden Koalitionsverhandlungen hierzulande?

Wir sollten tun, was wir können, um diese Errungenschaften zu erhalten. Nicht nur, weil es menschlich anständig ist, solidarisch zu sein und seine Nachbarn nicht verhungern zu lassen. Und Solidarität ist nicht nur ein zentraler Grundwert der Sozialdemokratie, sondern Entwicklungszusammenarbeit macht Deutschland auch erfolgreicher. Die Sondierungsergebnisse unterstreichen die Bedeutung von mehr Sicherheit und der Begrenzung von Migration. Beide Ziele lassen sich besser erreichen, wenn man auch in Prävention investiert, damit Konflikte gar nicht erst entstehen und Menschen in ihrer Heimat bleiben können. 

Werden Sie in möglichen Koalitionsverhandlungen darauf drängen, dass das BMZ ein eigenständiges Ministerium bleibt?

Deutschland profitiert von der Arbeitsteilung zwischen Auswärtigem Amt und Entwicklungsministerium, weil wir dadurch mehr Möglichkeiten haben, global um Verbündete zu werben. Ein eigenständiges Ministerium kann sich noch intensiver und auf politischer Ebene um Fachkräfte-Kooperation, stabile Wasserstoff-Lieferketten oder konkreten Klimaschutz mit unseren Partnerländern kümmern. Die SPD hat sich schon im Wahlprogramm für ein starkes, eigenständiges Entwicklungsministerium eingesetzt. Die internationale Solidarität ist Teil unserer DNA. Und der globale Blick hilft übrigens bei der Lösung vieler Probleme deutlich mehr als diese Schneckenhaus-Mentalität, die von rechts so oft propagiert wird.

Dieses Interview wurde schriftlich geführt.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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