SPD warnt Merz: „Wenn er das macht, ist das das Ende der Brandmauer.“
Die SPD warnt Friedrich Merz vor einer Zusammenarbeit mit der AfD. Der CDU-Vorsitzende hat angekündigt, Anträge zur Migrations- und Sicherheitspolitik in den Bundestag einzubringen und dabei Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen. Eine SPD-Abgeordnete spricht von einem „Freifahrtschein“.
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Die SPD warnt die CDU vor einem Ende der Brandmauer zur AfD.
Nach der tödlichen Messerattacke eines offenbar psychisch gestörten Asylbewerbers in Aschaffenburg will CDU-Chef Friedrich Merz in der kommenden Woche mehrere Anträge zur Migrations- und Sicherheitspolitik in den Bundestag einbringen. „Wer diesen Anträgen zustimmen will, der soll zustimmen. Und wer sie ablehnt, der soll sie ablehnen. Ich gucke nicht rechts und nicht links. Ich gucke in dieser Frage geradeaus“, sagte Merz am Freitag in Berlin. Damit nimmt der CDU-Kanzlerkandidat in Kauf, dass eine Mehrheit für die Anträge mit den Stimmen der AfD-Abgeordneten zustande kommt. Parteichefin Alice Weidel hatte Merz bereits am Donnerstagabend in einem offenen Brief ein Angebot zur Zusammenarbeit in dieser Frage gemacht.
„Freifahrtschein für die Zusammenarbeit mit der AfD“
Aus der SPD wird der CDU-Vorsitzende für sein Vorgehen scharf attackiert. „Wenn Friedrich Merz das macht, ist das der Dammbruch und das Ende der Brandmauer“, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion Katja Mast am Freitag. „Das wäre der Freifahrtschein für die Zusammenarbeit mit der AfD.“ Diese hatte Merz immer wieder kategorisch ausgeschlossen. Weder vor, noch nach der Bundestagwahl „noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt gibt es eine Zusammenarbeit meiner Fraktion mit Ihren Leuten“, hatte Merz in der Bundestagsdebatte am 13. November Richtung AfD gesagt. Davon scheint er nun abzurücken.
„Ich habe den Eindruck, dass Friedrich Merz noch stark in der Oppositionsrolle verhaftet ist“, kommentierte Katja Mast das Verhalten des CDU-Vorsitzenden. Zuvor hatte bereits SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich Merz zur Mäßigung aufgerufen. „Punktekataloge, vermeintlich starke Worte, schnelle Forderungen werden weder dem Leid der Opfer noch den trauernden Eltern, Angehörigen und Freunden gerecht“, sagte Mützenich der „Augsburger Allgemeinen“. Er warne davor, „vollmundige Ankündigungen zu machen, die nicht nur praxisuntauglich sind, sondern auch gegen internationales Recht verstoßen“, sagte der SPD-Politiker.
GdP: Merz-Forderungen sind „nicht umsetzbar“
Unterstützung für seine Kritik bekam Mützenich von der Gewerkschaft der Polizei. „Wir haben eine Länge von 3.800 Kilometern Binnengrenzen. Wir sind mit der Art und Weise der Grenzkontrollen, die wir jetzt schon betreiben am Rande des Machbaren“, sagte Andreas Roßkopf, bei der GdP zuständig für den Bereich Bundespolizei, gegenüber dem MDR. CDU-Chef Merz hatte am Donnerstag u.a. eine Kontrolle aller deutschen Grenzen gefordert und ein faktisches Einreiseverbot für Menschen ohne Ausweisdokumente, das auch für „Personen mit Schutzstatus“ gelten solle. Dies bezeichnete Roßkopf im MDR als „nicht umsetzbar“.
Eine interne Analyse der SPD-Bundestagsfraktion kommt zudem zu dem Ergebnis, dass eine vollständige Kontrolle der Grenzen und die von Merz geforderten Rückweisungen „gegen europäisches Recht verstoßen“ würden. Den Vorstoß von Merz, der Bundespolizei das Recht zu geben, eigenständig Haftbefehle zu beantragen, sieht die Analyse ebenfalls kritisch. „In Deutschland kann keine einzige Polizeibehörde einen Haftbefehl beantragen“, wird in dem Papier klargestellt. Dazu seien allein die Staatsanwaltschaften ermächtigt. Merz‘ Forderung käme daher einem „Bruch des Rechtssystems bei freiheitsentziehenden Maßnahmen“ gleich.
SPD wirbt für Zustimmung zu Sicherheitspaket
Stattdessen verweist die SPD-Bundestagsfraktion auf verschiedene Gesetzentwürfe zur inneren Sicherheit, die bereits in den Bundestag eingebracht wurden, dort aber von CDU und CSU blockiert werden. Das sogenannten Sicherheitspaket war nach der tödlichen Messerattacke von Solingen im Sommer von der damaligen Ampel-Regierung auf den Weg gebracht worden. „Wir können noch verschiedene Teile des Sicherheitspakets im Bundestag beschließen, wenn die Union mitzieht“, sagte Katja Mast am Freitag.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.