Inland

Rechtsextremes Magazin „Compact": Wie Nancy Faeser das Verbot begründet

Das „Compact"-Magazin wurde verboten, weil es zentrale Werte der Verfassung bekämpfe, sagt Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
 

von Christian Rath · 16. Juli 2024
Die Zeitschrift „Compact" liegt im Bahnhofsbuchhandel in Ulm aus.

Die Zeitschrift „Compact" liegt im Bahnhofsbuchhandel in Ulm aus.

Bereits seit 2021 wurde das „Compact"-Magazin vom Verfassungsschutz als Sprachrohr der rechtsextremen Szene beobachtet. Am Dienstag hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Publikation verboten. Am Morgen untersuchten Einsatzkräfte die Wohnungen von Akteuren des Magazins in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hessen. 

Das Magazin erschien monatlich, erreichte sein Publikum aber auch über sein Online-Angebot und einen Video-Kanal. In der Vergangenheit fiel „Compact" immer wieder mit antisemitischen und verschwörungstheoretischen Inhalten auf - im Blatt wurde zum Beispiel von einer „Asylbombe" gesprochen.

Warum kann das „Compact"-Magazin als Verein verboten werden?

Das Vereinsgesetz gilt nicht nur für eingetragene Vereine, sondern für alle Personenzusammenschlüsse, also auch für Unternehmen wie die „Compact" Magazin GmbH. Ausschließlich das Vereinsgesetz regelt, wann ein Verein verboten werden kann. Die Vereinigungsfreiheit ist im Grundgesetz verankert, Vereinsverbote müssen daher sorgfältig geprüft werden. 

Wer kann in Deutschland Vereine verbieten?

Für bundesweit aktive Organisationen ist das Bundesinnenministerium zuständig, derzeit also Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Bei örtlichen und regionalen Organisationen müssen die Länder handeln. Bei Parteien ist das Bundesverfassungsgericht zuständig, aber nur wenn es einen Antrag gibt.

Welche Voraussetzungen bestehen für ein Vereinsverbot?

Laut Vereinsgesetz gibt es drei Verbotsgründe: Erstens: Der Verein begeht strafbare Handlungen. Zweitens: Der Verein richtet sich gegen die Völkerverständigung. Drittens: Der Verein richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Faeser stützt das Verbot auf Letzteres. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob „Compact"-Chef Jürgen Elsässer bereits strafrechtlich verurteilt wurde. 

Die Verfassungsfeindlichkeit von „Compact" ergibt sich laut Faeser daraus, dass die Publikation offen den Umsturz der Verfassungsordnung propagiere und gegen arabische, muslimische und jüdische Menschen hetze. „Compact" vertrete ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept, das „ethnisch Fremde" aus dem Staatsvolk ausschließen will und ihre Menschenwürde verletze. 

„Unser Verbot ist ein harter Schlag gegen die rechtsextremistische Szene", sagte die SPD-Politkerin am Mittwoch. „Das Verbot zeigt, dass wir auch gegen die geistigen Brandstifter vorgehen, die ein Klima von Hass und Gewalt gegenüber Geflüchteten und Migranten schüren und unseren demokratischen Staat überwinden wollen." Dem Bundesinnenministerium zufolge ist das Unternehmen ein „zentraler Akteur bei der Vernetzung der 'Neuen Rechten'".

Wie verträgt sich das „Compact"-Verbot mit der Pressefreiheit?

Die Herausgabe einer Zeitschrift oder eines Online-Magazins ist im Grundgesetz durch die Pressefreiheit geschützt. Das heißt: Eingriffe in die Pressefreiheit sind nur aufgrund einer gesetzlichen Regelung möglich, die verhältnismäßig ist und im Einzelfall in verhältnismäßiger Weise angewandt wird. 

Vereinsverbote sind gesetzlich geregelt und grundsätzlich verhältnismäßig. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits entschieden, dass die Pressefreiheit zurückstehen muss, wenn eine Publikation verbotswürdige Zwecke verfolgt. Ob sich das konkrete Verbot von „Compact" in Abwägung mit der Pressefreiheit rechtfertigen lässt, wird sich vor Gericht zeigen. Das Innenministerium hat in seiner 79-seitigen Verbotsverfügung ausführlich Indizien gegen „Compact" zusammengetragen.

Auf Nachfrage hieß es aus dem Bundesinnenministerium, das „Compact"-Unternehmen missbrauche seine Medienerzeugnisse als Sprachrohr, um verfassungsfeindlich zu agieren und nutze dazu auch eine „Widerstands- und Revolutionsrhetorik" und „verzerrende und manipulative Darstellungen". Es sei zu befürchten, dass das Magazin und seine Online-Inhalte Leser*innen zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiere. „Als Ergebnis einer Güterabwägung" müsse die Pressefreiheit hinter dem Vereinsverbot zurücktreten.

Was wurde genau verboten?

Das Magazin darf nicht mehr verkauft werden und die Website wurde gesperrt. Auch die Social-Media-Kanäle sollen noch geschlossen werden. Verboten sind aber auch Symbole, die dem Magazin zugeordnet werden. 

Kann „Compact" gegen das Verbot klagen?

Natürlich. Gegen bundesweite Vereinsverbote gibt es aber nur eine Instanz, beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Klage hat dabei keine aufschiebende Wirkung. Gegen einzelne Vollstreckungsmaßnahmen, etwa Durchsuchungen und Beschlagnahmungen, kann auch bei den Verwaltungsgerichten vor Ort geklagt werden. Wenn der Rechtsweg erschöpft ist, kann auch noch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angerufen werden. 

Welche Strafe droht „Compact"-Gründer Jürgen Elsässer?

Zunächst keine. Das Vereinsverbot ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr und nicht mit Sanktionen für vergangenes Verhalten verbunden. „Compact" wurde auch nicht als kriminelle Vereinigung eingestuft wie die „Letzte Generation". Nur wenn Elsässer „Compact" fortführt oder eine Ersatzorganisation gründet, macht er sich strafbar.

Weitere interessante Rubriken entdecken

6 Kommentare

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Mi., 17.07.2024 - 06:10

Permalink

Der Maoist, Antideutschen Gründer und Rechtsextremist Elsässer war mir schon immer suspekt; und wer sind eigentlich seine Finanziers ? Mir sind keine Prozesse bekannt in denen "Compakt" wegen Staftaten belangt wurde und jetzt erfolgt das Verbot ????? Wo ist der Rechtsstaat ????
Auch wenn es mal die Richtigen trifft wird die Maßnahme nicht zu Recht. Wenn inhaltliche Auseinandersetzung nicht funktioniert kann man nicht einfach durch administrative Maßnahmen Tatsachen schaffen - dazu achte ich unser Grundgesetz und die rechststaatlichen Prizipien zu sehr.
Ich musste in den letzten Jahren erleben wie mein Informationsrecht durch das Ausschalten unbequemer Publikationen eingeschänkt wurde - z.B. auch RT-DE. Ich brauche keine paternalistische Regierung, die mich vor Falschinformationen schützt - das muss ich mit meinem Intellekt schon selbst leisten und das sollte in einer Demokratie einem jeden Bürger****** zustehen.

Gespeichert von Samuel Melcher (nicht überprüft) am Mo., 22.07.2024 - 18:13

Antwort auf von Armin Christ (nicht überprüft)

Permalink

Vorwärts hat doch eigene Erfahrung mit an den Haaren herbeigezogenen Presseverboten gemacht. Auch wenn es Manchen klammheimlich freut, sollte man Grundsätze nicht über Bord werfen und Präzedenzfälle produzieren, die einem im schlimmsten Falle irgendwann wieder selbst treffen.

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Mi., 17.07.2024 - 12:55

Permalink

"Das Vereinsgesetz gilt nicht nur für eingetragene Vereine, sondern für alle Personenzusammenschlüsse, also auch für Unternehmen wie die „Compact" Magazin GmbH."

Das bedeutet also, dass Frau Faeser jede Zeitung aber auch jede andere Firma über Nacht zum Verein erklären und verbieten lassen kann, ohne das man sich gerichtlich dagegen wehren könnte. Das nennen wir dann ganz stolz "unsere Demokratie". Mein Verständnis von Demokratie ist das jedenfalls nicht.

Gespeichert von Maria Busold (nicht überprüft) am Do., 18.07.2024 - 12:00

Permalink

Elsässer wurde bislang für keine Veröffentlichung verurteilt, sein Magazin konnte 12 Jahre lang an jedem Zeitungsstand erworben werden. Und jetzt diese SEK-Aktion, einschließlich Pressefotograf für die Gegenklage wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte.
Und das Vereinskonstrukt für eine GmbH sehe ich ebenfalls auf sehr wackligen Füßen stehen.
Wilder Aktionismus, statt sinnvollem Vorgehen: Die SPD schafft sich ab.

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Do., 18.07.2024 - 16:16

Permalink

Dass Compact rechtsextrem ist, ist mir schon seit vielen Jahren bekannt. Was mir jedoch im Zusammenhang mit Veröffentlichungen suspekt ist, ist die Quasi-Hofierung der AfD in den Medien. Die Berichterstattung über deren Parteitage, Interviews u.ä. erfolgt oft an vorderster Stelle und ist oft länger als die über die Parteitage der demokratischen Parteien, insbesondere auch der SPD.

Dabei will ausgerechnet die AfD die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten abschaffen, um parteinahe Medien als allein geltend zu installieren (wie früher den Stürmer).

Auf eine entsprechende Beschwerde an den Intendanten des SWR und früheren ARD-Vorsitzenden Prof. Dr. Kai Gniffke habe ich nur eine Kanzleitrost erhalten. Wollen die ö-r. Medien sich bereits im Vorhinein der AfD gefügig machen?