Inland

Augen auf in Zittau: Wie ein Verein in der AfD-Hochburg gegen rechts kämpft

Seit 20 Jahren engagiert sich der Verein „Augen auf“ in Zittau für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus. Trotz einiger Erfolge fühlt sich die Vorsitzende zurzeit an dunkle Zeiten erinnert.

von Jonas Jordan · 4. Juli 2024
Ein klares Zeichen: Zittau positioniert sich gegen Rechtsextremismus

Ein klares Zeichen: Zittau positioniert sich gegen Rechtsextremismus

Zerstochene Reifen, eingeworfene Fensterscheiben, abfällige Kommentare und ungefragte Videoaufnahmen, während sie mit ihren Kindern im Schnellrestaurant sitzt – all das hat Dorothea Schneider schon erlebt. Trotzdem lässt sich die Vorsitzende des Vereins „Augen auf – Zivilcourage zeigen“ in Zittau nicht unterkriegen.

Während der Baseballschlägerjahre

Für ihre Ausbildung kam sie aus Dresden im Jahr 2001 in die Kreisstadt im äußersten Südosten Sachsens und erlebte einen Kulturschock. „Die Baseballschlägerjahre waren hier noch nicht beendet“, erinnert sie sich. Rechte Kameradschaften bedrohten Menschen, griffen Einrichtungen an. Straßenschlachten prägten das Bild der Stadt in der Öffentlichkeit. 

Als Reaktion darauf war im Jahr 2000 „Augen auf“ entstanden, zunächst als Initiative, 2004 wurde sie ein eingetragener Verein. „Wir sind damals mit Festivals in der Region gestartet“, sagt Schneider. Heute macht der Verein nicht nur Demokratiearbeit oder Arbeit gegen rechts, sondern betreibt beispielsweise auch ein Integrationsprojekt.

20-jähriges Bestehen nicht nur Grund zum Feiern

Auch wenn „Augen auf“ inzwischen in der Region ein anerkannter Partner für verschiedenste Organisationen ist, ist das 20. Vereinsjubiläum nicht nur ein Grund zum Feiern. „Wir machen das hier jetzt schon so lange und haben irgendwie das Gefühl, es wird gerade alles wieder schlimmer“, räumt die vierfache Mutter ein. Jugendliche, die sich rund um den Verein engagieren, berichten von Straßenjagden. „Sie erleben Übergriffe und dass Rechtsradikale Patrouille fahren im Nahverkehr, um sich zu notieren, an welchen Haltestellen sie aussteigen“, sagt Schneider.

Aus dieser Situation resultierte der Wunsch, ein deutliches Zeichen zu setzen: in einer Stadt, in der die sogenannten Montagsdemonstrationen von Rechtsextremist*innen und Reichsbürger*innen seit Jahren an der Tagesordnung sind. „Es hat sich dann zeitlich so gefügt, dass unsere erste Demonstration in Zittau auf die bundesweite Welle gestoßen ist und zu einem hohen Mobilisierungspotenzial geführt hat.“

Zehn mal so viele Menschen mobilisiert

Statt wie bei früheren Demonstrationen 50 standen auf einmal 500 Menschen auf dem Zittauer Marktplatz, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen. Inzwischen finden die Kundgebungen alle 14 Tage im Wechsel mit der 35 Kilometer entfernten Stadt Görlitz statt. Die Teilnehmerzahl hat sich bei etwa 150 eingependelt. „Wir sind da eigentlich ganz glücklich darüber“, sagt Schneider.

Dennoch bereiten ihr die in diesem Jahr anstehenden Wahlen Sorgen, es sind zum einen Sorgen um künftige Förderungen, zum anderen aber auch um das gesellschaftliche Klima.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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1 Kommentar

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Fr., 05.07.2024 - 16:59

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"Dennoch bereiten ihr die in diesem Jahr anstehenden Wahlen Sorgen, es sind zum einen Sorgen um künftige Förderungen, zum anderen aber auch um das gesellschaftliche Klima."

Sie hat also in erster Linie Angst, dass der Verein kein Geld mehr bekommt. Obwohl man ja zum Demonstrieren gar kein Geld braucht. Das gesellschaftliche Klima ist jetzt schon sehr schlecht und nicht erst nach den Wahlen. Das die 150 Demonstranten AfD-Wähler umstimmen, indem sie sie als Nazis beleidigen, ist auch eher unwahrscheinlich.