Inland

Landtagswahl: Mit Nancy Faeser und den besten Kräften für Hessen

18 Jahre saß Nancy Faeser in ihrem Heimatland im Landtag. Dann wurde sie Bundesinnenministerin. Nach der Landtagswahl am 8. Oktober möchte sie nach Hessen zurückkehren – als Ministerpräsidentin.
von Jonas Jordan · 26. September 2023
Nancy Faeser will die erste hessische Ministerpräsidentin werden.
Nancy Faeser will die erste hessische Ministerpräsidentin werden.

Bevor sie zu sehen ist, ist ihr Lachen schon zu hören. Ein Freitagmorgen im August, strahlender Sonnenschein. Nancy Faeser empfängt in einem umgebauten Bootshaus in Flörsheim am Main den Tross Journalist*innen zum Gespräch, der den SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil bei seiner Sommerreise durch Hessen begleitet. Faeser strahlt wenige Wochen vor der Landtagswahl Zuversicht aus. Das Ziel der Bundesinnenministerin ist klar: Sie will zurück nach Hessen und erste Ministerpräsidentin des Bundeslandes werden. Des aus ihrer Sicht schönsten Bundeslandes, wie sie betont. 1970 wurde sie hier geboren, 18 Jahre saß sie für die SPD im Landtag, zwei davon als Oppositionsführerin.

Mit dem Slogan „Die besten Kräfte für Hessen“ werben Faeser und die SPD. So wie bei der folgenden Station der Sommerreise, einem Gespräch mit Betriebsrät*innen und Gewerkschafter*innen bei Opel in Rüsselsheim: „Opel ist für uns in Hessen Herzblut. Damit verbinden wir im Rhein-Main-Gebiet Identität“, sagt Faeser. Doch der Automobilkonzern hat in den vergangenen fünf Jahren mehr als die Hälfte seiner Belegschaft am Standort Rüsselsheim verloren. Deshalb unterstreicht Faeser: „Es ist extrem wichtig, dass in Hessen endlich wieder Industriepolitik gemacht wird. Das findet aktuell nicht statt. Dafür trete ich am 8. Oktober an.“

Von anderen Ländern lernen

Nancy Faeser hat sich manches bei anderen sozialdemokratischen Regierungschefinnen abgeschaut. Wie Anke Rehlinger im Saarland will sie einen Transformationsfonds schaffen, wie Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz den Transformationsprozess zur Chefinnensache in der Staatskanzlei machen. In Rüsselsheim spricht Faeser über eine erleichterte Fachkräftezuwanderung, die sie als Bundesinnenministerin mit auf den Weg gebracht hat, über eine höhere Frauenerwerbsquote, die nötig sei, und über gute Schul- und Berufsabschlüsse für junge Menschen. Sie sagt: „Wir wollen gute Arbeitsplätze anbieten. Wir haben schon immer höhere Löhne als andere Länder gezahlt und waren damit mega erfolgreich. Lasst uns dafür mehr werben!“

Denn die klimaneutrale Transformation der Industrie könne aus ihrer Sicht nur gelingen, wenn Beschäftigte sich beteiligen und mitbestimmen dürfen. Wie Mitbestimmung zum Erfolg führt, besichtigt Nancy Faeser gemeinsam mit SPD-Chefin Saskia Esken ein paar Tage später in nördlichen Teil Hessens. Am Ende einer Schotterstrecke ragen die Windräder des Windparks „Stiftwald“ unweit von Kassel in die Höhe. „Wir haben hier dasselbe Windniveau wie an der Küste“, erklärt der Geschäftsführer des Windparks. Die Planungen hätten direkt nach dem Reaktorunfall im japanischen Fukushima 2011 begonnen. „Es sollten Anlagen sein, bei denen die Wertschöpfung in der Region bleibt“, sagt Arnim Roß, der Bürgermeister der Gemeinde Kaufungen, die am Fuße der Anlage liegt. „Wir haben uns viel Mühe gemacht, die Bürger mitzunehmen“, erzählt er. Der Windpark gehört örtlichen Bürgerenergiegenossenschaften sowie den umliegenden Gemeinden.

Hessen soll klimaneutral werden

Dass er zu einer Erfolgsgeschichte werden konnte, liegt allerdings auch daran, dass der Wald, in dem der Windpark errichtet wurde, in Privatbesitz ist. Die Pacht, die die Betreiber zahlen, wird zur Wiederaufforstung genutzt. Hätte der Wald dem Land Hessen gehört, wäre die Geschichte womöglich anders ausgegangen: Der Staatsforst darf nur an den Meistbietenden verpachtet werden. Als Ministerpräsidentin will Nancy Faeser das ändern. Auch die Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Ausbau der Erneuerbaren Energien sollen deutlich verkürzt werden. Bis der Neubau eines Windrades in Hessen genehmigt ist, vergehen zurzeit im Durchschnitt 38 Monate. „Hessen wird zu einem Bundesland mit den schnellsten Genehmigungsverfahren“, verspricht deshalb die SPD in ihrem Wahlprogramm. „Akzeptanz ist dafür entscheidend“, weiß Nancy Faeser. Geht es nach der SPD, soll Hessen so als eines der ersten Bundesländer klimaneutral werden.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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