Meinung

So wird Deutschland zum modernen Einwanderungsland

Der Bundestag hat das Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen. Es ist so notwendig wie überfällig. Ob die dringend benötigten Fachkräfte tatsächlich kommen, entscheidet sich aber an anderer Stelle.
von Kai Doering · 22. Juni 2023
Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz öffnet Deutschland seine Türen. Ob die Menschen kommen, liegt an uns.
Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz öffnet Deutschland seine Türen. Ob die Menschen kommen, liegt an uns.

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Das ist – zumindest für den Großteil der Bevölkerung – keine neue Erkenntnis. Doch seit diesem Freitag ist es auch amtlich. Der Bundestag hat das Fachkräfteeinwanderungsgesetz von SPD, Grünen und FDP beschlossen. Für Menschen aus anderen Ländern und mit den notwendigen Qualifikationen gibt es nun klare Regeln, wie und unter welchen Bedingungen sie nach Deutschland kommen können.

Auch inländische Arbeiternehmer*innen werden unterstützt

Dass Deutschland die weit Türen aufmacht, geschieht nicht aus reiner Menschenfreude, sondern aus der Not heraus: 400.000 Menschen müssen jedes Jahr einwandern, um den Bedarf an Fachkräften zu decken. So hat es die Bundesagentur für Arbeit errechnet. Der Fachkräftemangel macht sich schon jetzt an vielen Orten bemerkbar. Es fehlen Erzieher*innen, Pfleger*innen und Handwerker*innen.

Deshalb ist es gut, dass die Bundesregierung nicht nur auf den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland setzt, sondern gleichzeitig auch die Möglichkeiten schafft, Menschen in Deutschland weiterzuqualifzieren. Das Aus- und Weiterbildungsgesetz setzt hierfür den richtigen Rahmen. Die Garantie für einen Ausbildungsplatz ist ebenso wichtig wie das Qualifizierungsgeld, das Menschen unterstützen soll, wenn sie eine notwendige Weiterbildung machen, um sich an den Wandel der Arbeitswelt anzupassen.

Wir dürfen die Fehler der Gastarbeiter*innen-Zeit nicht wiederhole

Damit Deutschland aber wirklich zum Einwanderungsland wird, muss sich mehr ändern als nur Gesetze. Wir brauchen – im besten Sinne des Wortes – eine Willkommenskultur, denn qualifizierte Zuwander*innen haben nicht gerade darauf gewartet, endlich nach Deutschland ziehen zu können. Andere Länder wie die USA, Kanada oder Australien sind da deutlich beliebter und uns weit voraus. Zwar schließt Deutschland mit den neuen Vorgaben (Punktesystem, Blue Card) zu ihnen auf, doch entscheidend wird sein, welche Signale Deutschland aussendet.

Denn nur wenn wir auch zeigen, dass Menschen aus anderen Ländern bei uns willkommen sind und eine Perspektive haben, werden sie sich auch auf den Weg machen. Die Fehler aus der Zeit der Gastarbeiter*innen-Anwerbung in den 60er und 70er Jahren sollten uns dabei eine Warnung sein. Die Menschen aus Italien, Portugal und der Türkei wurden hier höchstens geduldet, nicht aber akzeptiert und schon gar nicht integriert. Da ist es gut, dass die politischen Rahmenbedingungen nun andere sind, Familien mitziehen dürfen.

Das allein wird jedoch nicht ausreichen. Ob die Menschen kommen und sich hier wohlfühlen, entscheidet sich in der Nachbarschaft und unter den Kolleg*innen. Der gesetzliche Rahmen für das Einwanderungsland Deutschland steht seit heute. Füllen müssen wir ihn selbst.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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