Inland

DIW-Studie: 3,5 Milliarden Euro für Kinder und Jugendliche ohne Mehrkosten

Mehr Geld für Kinder und Jugendliche, klingt gut. Noch besser klingt es, wenn dem Staat dadurch keine Ausgaben entstehen. Diesen Vorschlag machen AWO-Präsident Michael Groß und DIW-Präsident Marcel Fratzscher.

von Vera Rosigkeit · 21. Oktober 2024
Kinder und Jugendliche sitzen am Straßenrand

3,5 Milliarden Euro für Kinder und Jugendliche könnte der Staat zur Vefügung stellen, wenn er den pauschlaen BEA-Freibetrag kürzen würde

Es geht um rund 3,5 Milliarden Euro jährlich. Gut investiert in Kinder und Jugendliche, ohne dass dem Staat zusätzliche Kosten entstehen. Der Vorschlag kommt von AWO-Präsident Michael Groß und DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Im Mittelpunkt steht der Kinderfreibetrag für „Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsaufwand“, kurz BEA, den Familien mit Kindern bei ihrer Einkommensteuer geltend machen können. Und das hat laut Fratzscher keine erkennbare Logik und ist laut Groß sozial nicht gerecht.

Mehr Geld für reiche Kinder

Beide fordern eine Neuausrichtung der staatlichen Förderung von Familien und stützen sich dabei auf eine Studie, die im Auftrag der AWO vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erhoben wurde. Die Ergebnisse bekräftigen die ungerechte Verteilung beim aktuell praktizierten Familienausgleich in Deutschland, indem Kinder aus einkommensstarken Haushalten steuerlich mehr gefördert werden als Kinder aus Familien mit geringeren oder mittleren Einkommen.

So erhalte ein Paar, das gemeinsam ein zu versteuerndes Einkommen von rund 556.000 Euro im Jahr verdient, zusätzlich zum Kindergeld 118 Euro pro Monat. Dagegen hätten Eltern mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von weniger als 84.000 Euro keinen zusätzlichen Nutzen. Zudem falle laut AWO-Präsident die Entlastung durch die Freibeträge besonders gering in Alleinerziehenden-Haushalten aus. Daraus folgerte er: „Die Logik der Einkommensteuer zementiert bestehende Ungleichheit.“

3,5 Milliarden im Kampf gegen Kinderarmut

Um das zu ändern, soll der Kinderfreibetrag für „Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsaufwand“(BEA) bis auf das verfassungsmäßig gebotene Minimum von 300 Euro (pro Elternteil) gesenkt werden. Dann würden nur noch rund 14 Prozent der Haushalte zusätzlich entlastet, mit maximal 26 Euro statt 118 Euro pro Monat. Dem stünden Mehreinnahmen des Staates von 3,5 Milliarden Euro entgegen, die im Kampf gegen Kinderarmut eingesetzt werden könnten. 

Für Fratzscher ist das wichtig, denn: „Der Staat investiert zu wenig in Kinder und Jugendliche.“ Und das schade der Wirtschaft und der Demokratie. Er erinnerte daran, dass in kaum einer westlichen Demokratie die Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen in Bezug auf Bildung und Einkommen so gering ist wie in Deutschland. Für ihn sei der BEA auch deshalb überdenkenswert, weil der Betrag pauschal ausgezahlt werde, ohne dass wirklich Kosten anfallen. Diese vorhandenen Gelder könnten aus Sicht des Ökonomen zielgenauer verwendet werden. 

Was ein Kinderfreibetrag ist

Der Kinderfreibetrag besteht aus zwei Teilen: zunächst aus einem Freibetrag für das Existenzminimum des Kindes (sächlicher Kinderfreibetrag), das gesetzlich festgelegt und steuerlich freigestellt ist und 2024 bei 3.192 Euro lag; hinzu kommt der Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA) in Höhe von 1.464 Euro je Kind. Das ergibt zusammen 4.656 Euro pro Elternteil und 9.312 Euro bei Paaren.

Autor*in
Avatar
Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

Weitere interessante Rubriken entdecken

Noch keine Kommentare
Schreibe einen Kommentar

Eingeschränktes HTML

  • Erlaubte HTML-Tags: <a href hreflang> <em> <strong> <cite> <blockquote cite> <code> <ul type> <ol start type> <li> <dl> <dt> <dd> <h2 id> <h3 id> <h4 id> <h5 id> <h6 id>
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.