Soziale Politik

SPD-Chefin Esken zum Haushalt: Ukraine nicht gegen Sozialstaat ausspielen

Die Parteivorsitzende fordert, die FDP solle im Haushaltsstreit der Ampel „verbal abrüsten". Der Ukraine-Krieg rechtfertige eine Ausnahme von der Schuldenregel. Abstriche am Sozialstaat werde es mit der SPD nicht geben.

von Lars Haferkamp · 24. Juni 2024
SPD-Chefin Saskia Esken: „Der Krieg gegen die Ukraine stellt eine Notlage dar, die wir nicht aus einem normalen Haushalt bewältigen können, ohne in schmerzhafter Art und Weise unsere Aufgaben zu vernachlässigen.“ 

SPD-Chefin Saskia Esken: „Der Krieg gegen die Ukraine stellt eine Notlage dar, die wir nicht aus einem normalen Haushalt bewältigen können, ohne in schmerzhafter Art und Weise unsere Aufgaben zu vernachlässigen.“ 

„Wir sind zuversichtlich, dass wir eine Einigung bei den Haushaltsverhandlungen erreichen werden.“ So fasste SPD-Chefin Saskia Esken am Montag die Haltung in der Parteispitze zum aktuellen Streit um den Bundesetat 2025 in der Ampel-Koalition zusammen.

Dabei betonte sie nach der Sitzung des SPD-Präsidiums auf einer Pressekonferenz im Willy-Brandt-Haus „klare Prinzipien“ ihrer Partei in den Verhandlungen. Sie nannte hier erstens „Investitionen in unsere Sicherheit, um weiter in Frieden leben zu können“. Das sei im Interesse der Deutschen, aber auch im Interesse der Ukrainer*innen. Zweitens brauche es „wirtschaftliche Impulse für neues Wachstum und sichere Arbeitsplätze“. Drittens müsse „Sorge getragen werden, dass das Leben für alle sicher und bezahlbar bleibt“. Gerade in den aktuell schwierigen Zeiten bräuchten die Menschen einen Staat, der mit sozialer Sicherheit und einer verlässlichen Infrastruktur an ihrer Seite stehe. Die soziale Sicherheit sei nicht nur Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenhaltes, sondern auch einer wehrhaften Demokratie. 

Saskia Esken: Ukraine-Krieg ist eine Notlage

Zur Frage, ob der Ukraine-Krieg eine Notlage sei und damit eine Ausnahme von der Schuldenregel, stellte Esken klar: „Der Krieg gegen die Ukraine – der am Ende auch ein hybrider Krieg gegen unsere offene demokratische Welt ist – stellt eine Notlage dar, die wir nicht aus einem normalen Haushalt bewältigen können, ohne in schmerzhafter Art und Weise unsere Aufgaben zu vernachlässigen.“ Für die SPD sei „ganz klar, dass wir nicht dazu bereit sind, unsere Solidarität mit der Ukraine gegen den Fortbestand unserer Solidarität mit der eigenen Bevölkerung ausspielen zu lassen“. 

Saskia Esken appellierte an den Ampel-Koalitionspartner FDP, in den aktuellen Haushaltsverhandlungen keine Option der Schuldenregel „vorschnell vom Tisch zu nehmen“. Das betreffe auch eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse wegen des Ukraine-Krieges. Die Ausnahmeregel sei verfassungsgemäßer Teil der Schuldenbremse „und keine Aufweichung“, betonte sie. 

Wunsch nach mehr Zusammenarbeit in der Koalition

Die SPD-Chefin wünscht sich innerhalb der Ampel-Koalition „weniger Streit“, sondern „mehr Zuversicht und mehr Zusammenarbeit“. Die Stimmung der Ampelparteien sei nach dem schwachen Abschneiden bei der Europawahl „bei allen nicht gut“. Esken kritisierte, in der FDP würden die Themen Aussetzen und Reform der Schuldenbremse miteinander vermischt. In der aktuellen Debatte um den Bundeshaushalt gehe es aber nicht um eine Reform der Schuldenbremse, sondern um eine Ausnahme, welche die bisherige Regel ausdrücklich vorsehe. Niemand in der SPD spreche etwa davon die Schuldenbremse abzuschaffen. Manche Formulierungen aus der FDP an die Adresse der Sozialdemokratie seien „ein Schritt über die Grenze hinaus“, was man in einer Koalition machen sollte. „Ich würde mir wünschen, dass die Kollegen auch verbal wieder ein bisschen abrüsten“, so die SPD-Chefin Richtung FDP.

Unverständnis zeigte Esken dafür, dass im Bundeshaushalt 2022 und 2023 die Notlage wegen des Ukraine-Krieges festgestellt worden sei, die FDP dies aber für die Haushalte 2024 und 2025 ablehne. Das sei „widersinnig“, denn die Notlage „dauert unvermindert an“, betonte sie. Die Kosten für die Unterstützung der Ukraine seien zum Beispiel weiter gestiegen.

Debatte um Bürgergeld für Ukrainer*innen „ist populistischer Unsinn“

Für die SPD stellte Esken klar, dass „unsere Solidarität mit den Ukrainerinnen und Ukrainern nicht von Umfragewerten abhängt“. Damit sprach sie Forderungen aus Teilen der Union an, ukrainischen Geflüchteten in Deutschland statt Bürgergeld künftig Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu gewähren. „Diese Debatte ist populistischer Unsinn“, kritisierte die SPD-Vorsitzende. Man habe mit der europaweiten Entscheidung, geflohene Ukrainer*innen unbürokratisch aufzunehmen, die Kommunen von Bürokratie entlastet. Auch hätten Bezieher*innen von Bürgergeld einen direkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Wer hier eine Änderung verlange, „sollte sich an die Fakten halten, anstatt realitätsferne und am Ende populistische Vorschläge zu machen, die nicht umsetzbar sind“. So könne man keine Wähler*inne von populistischen Parteien zurückgewinnen.

Die Forderung von Alexander Dobrindt (CSU), ukrainische Geflüchtete in ihre unter dem russischen Angriffskrieg leidende Heimat zurückzuschicken, wies die SPD-Chefin klar zurück. „Die Solidarität von Herrn Dobrindt mit den von Putin brutal angegriffenen Ukrainerinnen und Ukrainern scheint nicht von hier bis zur Wand zu reichen.“ Alte Menschen, Frauen und Kinder in ein Land zurückzuschicken, „indem die Zivilbevölkerung ganz klar zu den Zielen des imperialistischen Aggressors Putin gehört, ich denke er (Dobrindt, die Red.) weiß selbst, dass das unmenschlich wäre“.

SPD prüft Zulässigkeit von Mitgliederbegehren zu Haushalt

Zu einem möglichen Mitgliederbegehren in der SPD, mit dem sich linke Sozialdemokraten gegen Kürzungen im sozialen Bereich wehren, sagte Esken, „wir haben zur Kenntnis genommen, dass einige Mitglieder – drei Mitglieder konkret – sich mit diesem Ansinnen an den SPD-Parteivorstand gewandt haben“. Es werde nun juristisch geprüft, ob eine derartige Abstimmung zum Bundeshaushalt zulässig sei und den Vorgaben entspreche. Generalsekretär Kevin Kühnert werde das Ergebnis am 1. Juli dem Präsidium und dem Parteivorstand mitteilen.

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1 Kommentar

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Di., 25.06.2024 - 15:04

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"Saskia Esken: Ukraine-Krieg ist eine Notlage"

Für die Ukrainer ist das sicher eine Notlage. Für uns ins das eigentlich keine Notlage, denn da die Ukraine weder Mitglied der NATO noch der EU ist, hat Deutschland keinerlei Verpflichtungen dem Land gegenüber.
Wir haben ja auch keine Waffen an den Irak, Syrien, Libyen oder Jemen geliefert, als diese Länder von den USA angegriffen wurden.