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Wie Müntefering der SPD Mut macht und Kanzler Scholz in der Partei punktet

Die Seeheimer, der konservativ-pragmatische Flügel der SPD-Bundestagsfraktion, stachen am Dienstagabend in See zur 63. Spargelfahrt. Mit dabei: Kanzler Scholz und Ex-Parteichef Müntefering – beide mit klaren Ansagen.

von Karin Nink · 5. Juni 2024
Auf der Spargelfahrt des Seeheimer Kreises: Franz Müntefering, links neben ihm seine Ehefrau Michelle Müntefering

Auf der Spargelfahrt des Seeheimer Kreises: ein gut gelaunter Franz Müntefering, links neben ihm seine Ehefrau Michelle Müntefering

Die Stimmung auf der Spargelfahrt der Seeheimer war gelöst, aber nicht ausgelassen angesichts der aktuellen politischen Lage und der verheerenden Flut in Süddeutschland. Die Ukraine, der zunehmende Rechtsextremismus und die Europawahl am Sonntag beherrschten an diesem warmen Frühsommerabend die Reden der Spitzenpolitiker*innen. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte, während das vollbesetze Schiff noch am Steg lag, in seiner Ansprache erneut die Unterstützung für die Ukraine, unterstrich aber auch die Besonnenheit seines Handelns. 

Eine gewisse Hoffnung setzte der Kanzler auf die Mitte Juni in der Schweiz stattfindende Friedenskonferenz. Auch wenn ­ – entgegen ursprünglichen Erwartungen – zu bezweifeln ist, dass China daran teilnehmen wird. Die Konferenz sei „ein diplomatisches Pflänzchen“, so Scholz. Aber in der Schweiz gehe es „noch nicht um alle Fragen und noch nicht um den ganz großen Frieden“, sagte er. Aber diese „mühevolle Arbeit“ müsse getan werden. 

Olaf Scholz: Flutopfer „können sich auf uns verlassen“

Im Hinblick auf die Flutkatastrophe in Bayern und Baden-Württemberg versprach der Kanzler: „Diejenigen, die betroffen sind, können sich auf uns verlassen, wenn es ums Aufräumen und den Wiederaufbau geht.“ Angesichts des Messerangriffs von Mannheim, bei dem ein Polizist getötet worden ist, betonte er, dass seine Regierung mit allen Mitteln gegen jene vorgehen werde, die der Demokratie den Kampf angesagt hätten: Islamisten, Linksextremisten, Rechtsextremisten.

Der Applaus war dem Kanzler sicher, als er mit Blick auf die bevorstehenden Europa-Wahl die EVP-Spitzenkandidaten Ursula von der Leyen ein weiteres Mal davor warnte, mit Rechtsextremen und -populisten zu kooperieren, um sich eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin zu sichern. Ein* Kommissionpräsident*in müsse sich „immer auf die demokratischen Parteien Europas stützen“, mahnte er.  Es dürften keine Rechtsextreme oder Rechtspopulisten dabei sein. SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley schlug in die gleiche Kerbe: „Die Brandmauer bröckelt schon längst.“

Franz Müntefering: „Wir müssen Mut und Entschlossenheit haben!“

Kurz aber bündig wie man es von ihm gewohnt ist, redete der ehemaligen SPD-Vorsitzende Franz Müntefering, der – von einer schweren Herz-OP genesen – wieder mit an Bord war. Nach einem kurzen Blick zurück in seine Kindheit im Zweiten Weltkrieg und im Nachkriegsdeutschland beschrieb der 84-jährige, wie Menschen heute verunsichert seien aufgrund von Gewalttaten im Land und einer Gefährdung der Demokratie.  Müntefering aber blieb nicht bei der Betrachtung, vielmehr flösste er den Genoss*innen Kampfgeist ein: „Wir müssen keine Angst haben! Wir müssen Mut und Entschlossenheit haben! Wir haben die Mehrheit in diesem Land und dürfen uns nicht jagen lassen von den anderen!“

Viel Kampfgeist wird die SPD auch für die bevorstehenden Wahlen brauchen. Denn: „Die Wahlen in den nächsten beiden Jahren werden prägend sein für zehn, 15, 20 Jahre“, betonte Franz Müntefering und fuhr fort: „Europa, Bund, Länder und Kommunen – alles Wahlen die jetzt kommen. Die entscheidende Frage ist: Wie gehen wir da rein? Was sagen wir den Menschen?“ Die Botschaft schien angekommen. Die Genossinnen und Genossen dankten ihm mit Standing Ovations.

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Karin Nink

ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.

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2 Kommentare

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Do., 06.06.2024 - 09:03

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Dieser Mann steht, speziell in den 2000er Jahren, für das Ausschalten sozialdemokratischer Prizipien - Erhöhung der Rentenalters, Rentenkürzung, Mehrwertsteuererhöhung, Hartz etc. etc.; also ich habe da da keinen Grund ihn und seine Politik zu bejubeln.

Gespeichert von ingo logemann (nicht überprüft) am Mo., 10.06.2024 - 11:04

Antwort auf von Armin Christ (nicht überprüft)

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ich stimme der einschätzung des kommentators voll zu. müntefering, schröder, steinmeier, eichel u.a. sind enenso zu nennen.