Bundestagswahl-Kampagne „Mehr für dich“: Warum die SPD die Wähler duzt
Die SPD hat am Dienstag in der Parteizentrale ihr Programm und erste Plakate für die Bundestagswahl im Februar präsentiert. Die Aufschrift eines Plakats sorgte dabei für Irritationen.
Thomas Trutschel/Photothek/SPD
„Mehr für dich. Besser für Deutschland.“ – unter diesem Motto wird die SPD-Kampagne zur Bundestagswahl stehen.
Länger als eine Stunde dauert die Pressekonferenz im Berliner Willy-Brandt-Haus bereits, als die letzte Frage auf den Slogan der SPD abzielt. Unter dem Motto „Mehr für Dich. Besser für Deutschland.“ zieht die Partei in den voraussichtlich noch 68 Tage dauernden Bundestagswahlkampf. Mehr für dich? Dürfen damit 59 Millionen Wahlberechtigte den Bundeskanzler duzen, will eine Journalistin wissen. Dieser antwortet betont locker: „Viele duzen mich, rufen mich über die Straße Olaf und ich unterhalte mich dann auch mit Du.“
Die direkte Ansprache und ein laut Scholz „ganz klares Programm für die Zukunft, dass es besser wird mit unserem Land“ sollen der SPD helfen, ähnlich wie schon bei der Bundestagswahl 2021 in den verbleibenden knapp zwei Monaten bis zur Wahl noch eine Trendumkehr zu schaffen. „Jetzt beginnt der Wahlkampf. Wir haben sehr konkrete Vorschläge“, sagt der Kanzler einen Tag nach der verlorenen Vertrauensfrage, die den Weg zu vorzeitigen Neuwahlen frei gemacht hat.
Scholz: „Es ist ganz zentral, dass das klappt“
Im Wahlkampf werden laut Scholz vor allem zwei Dinge entscheidend: die Wirtschaft ankzuurbeln und die Menschen zu entlasten. Für den ersten Bereich plant die SPD einen „Made-in-Germany-Bonus“ ähnlich des US-amerikanischen Inflation Reduction Acts. „Das brauchen wir dringend für Deutschland“, sagt Scholz. Ein Deutschlandfonds mit 100 Milliarden Euro plus weiteren privaten Geldern solle für die notwendigen Investitionen sorgen. „Das muss geschehen, weil es nicht genug Investitionen gibt“, sagt Scholz. Und schließlich soll die Schuldenbremse reformiert werden. „Es ist ganz zentral, dass das klappt“, sagt Scholz.
Durch die Steuervorschläge der SPD sollen 95 Prozent der Menschen in Deutschland entlastet werden, der Mindestlohn soll auf 15 Euro steigen und das Rentenniveau soll langfristig bei 48 Prozent stabilisiert werden. „Das ist die Frage, um die es geht bei der nächsten Bundestagswahl für die Bürgerinnen und Bürger, auch für viele junge Leute“, glaubt Scholz. Für die SPD sei klar: „Wir wollen eine stabile Rente.“ Denn diese sei „das wichtigste Vermögen vieler Bürgerinnen und Bürger“. Wer das Rentenniveau nicht stabilisieren wolle, müsse sich jedoch den Vorwurf von Rentenkürzungen gefallen lassen, sagt Scholz an die Adresse der Union.
Esken: Wird kein Entweder-oder geben
Die notwendigen Investitionen in die militärische Sicherheit Deutschlands sollten nicht zu Lasten von Sozialem oder Pflege gehen. Wer sein Kreuz bei der SPD mache, könne sicher sein, dass das eine nicht gegen das andere ausgespielt werde. Auch für Saskia Esken steht fest: Ein „Entweder-oder“ mit drohenden Abstrichen im Sozialen werde es nicht geben, erklärt die Parteivorsitzende. Deshalb habe man sich für das Wahlprogramm auch an den Sorgen der Menschen in Deutschland orientiert.
Kernthemen seien dabei laut Esken zum einen die Garantie eines zukunfts- und wettbewerbsfähigen Arbeitsmarkts, zum anderen die „Alltagsthemen“ der Beschäftigten auf diesem Arbeitsmarkt. Dabei wolle man auch den steigenden Lebenshaltungskosten entgegenwirken, das Startchancenprogramm auf Kitas ausweiten und Pflegekosten deckeln, so Esken.
Klingbeil: SPD will konkrete Erleichterungen für die Mehrheit
Die Krisen der vergangenen Jahre hätten Beschäftigte und Familien mit kleinen und mittleren Einkommen in Deutschland besonders hart getroffen – mit dem Wahlprogramm der SPD sollen sie nun in den Mittelpunkt der Politik gerückt werden, betont am Dienstag auch der Parteivorsitzende Lars Klingbeil. Der Anspruch der SPD sei, „das Leben der Menschen besser zu machen und dafür zu sorgen, dass mehr drin ist“, so Klingbeil. Daraus leite sich auch der Slogan der Wahlkampagne ab: „Mehr für Dich. Besser für Deutschland.“ – denn die geplanten Maßnahmen bedeuteten konkrete Erleichterungen für die Mehrheit der Bevölkerung.
Olaf
Scholz
Ich stelle mich auch in die Kälte, ich rede auch auf einem Marktplatz und ich hab‘ dicke Mäntel.
Verantwortlich für die Kampagne ist Generalsekretär Matthias Miersch. „Wir werden eine Kampagne fahren, die kurz und knackig ist“, sagt er und kündigt außerdem den digitalsten Wahlkampf in der Geschichte der SPD an. Eine zentrale Rolle dabei spielt ein QR-Code, der auf allen Plakaten der 299 Bundestagskandidat*innen zu sehen sein wird (s. unten). Bis zum 23. Februar solle es unterschiedliche Formate geben, digital, an Haustüren, in „Townhalls“ und auch im Freien auf Marktplätzen. Dazu sagt Scholz: „Ich stelle mich auch in die Kälte, ich rede auch auf einem Marktplatz und ich hab‘ dicke Mäntel.“
Den Entwurf für das SPD-Wahlprogramm können Sie hier herunterladen.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo
gutes Programm, die soziale Komponente im Focus, aber auch die
Wirtschaft im Blick. In Bezug auf die Wirtschaft sollte aber vorrangig bedacht werden, dass endlich eine Parität der Geschlechter in den Vorständen der DAX-Betriebe hergestellt wird. Darauf muss es jetzt ankommen, denn die Benachteiligung der Frauen muss endlich überwunden werden. Wer, wenn nicht wir, ist hier geeignet, dies federführend zu adressieren.
QR Code auf Wahlplakaten
Sehr schön die Digitalisierung, nur geht sie an meiner Generation weitgehend vobei ( ich bin 80). mindestens 75% meiner Freunde in einer Seniorensportgruppe können mit dem QR Code nichts anfangen ( viel haben nicht einmal ein Smartphone), müssen ihre Enkel bitten für sie, wo auch immer, einen Termin digital zu bekommen, müssen ihre Steuererklärung ebenfalls machen lassen, wer bergreift schon Elster in unserem Alter. Steuern auf die Rente, für Menschen die dafür gebuckelt haben dass die Reichen immer reicher werden, dass Vorstände und Aufsichtsräte fette Boni einstreichen für magelhafte Arbeit und Zukunftswillen, für Politiker die unsensibel mit den Menschen umgehen( Heizungsgesetz, Kaminverordnung, Verbrenner Aus, u.s.w. )Da liegt Arbeit vor Euch, nur fehlt mir echt das Vertauen auf Besserung. In der Weimarer Zeit sagte einmal ein Politikwissenschaftler " von den Schlechten kann man nur den weniger Schlechten wählen" Ist das heute wieder so????
Verstoß gegen die Netiquette
Der Kommentar wurde gelöscht, weil er gegen Punkt 4 unserer Netiquette verstieß.
https://vorwaerts.de/netiquette
„Mehr für Dich.“_1
Ein Satz ohne Subjekt und Prädikat, bestehend nur aus dem (Akkusativ-) Objekt, ist in unserer Sprache unverständlich, weil unvollständig. Ich muss also darüber spekulieren, falls ich mich überhaupt angesprochen fühle, was mir jemand geben, nehmen, zumuten oder aufschwätzen will. Da der Satz auf einem SPD-Wahlplakat steht, wird er bedeuten, „mehr (SPD) für Dich“, oder „mehr (SPD-Wahlversprechen) für Dich“. Mit Prädikat und konkreten Wahlversprechen (des Wahlprogramms) könnte er darum lauten, „die SPD erwartet mehr Kriegstüchtigkeit von Dir“.
Anders als im Text von Jordan/ Lyko, beschäftigt sich das SPD-Wahlprogramm ausführlich mit einer „Verteidigungs- und Sicherheitspolitik ... einer Welt im Umbruch“ (Zeitenwende), die die SPD unter das Mantra stellt, „nur aus einer Position der Stärke heraus ist die Wahrung von Frieden möglich“. (Gibt es einen Satz, der mehr durch die Ereignisse in der Ukraine, Gaza und Syrien als hohl und falsch bewiesen wurde?)
„Mehr für Dich.“_2
„Deshalb sind für uns militärische Stärke und Diplomatie zwei Seiten der gleichen Medaille“ (S. 54) macht endgültig klar, dass der SPD „Friedenspolitik bedeutet, auch militärische Gewalt als ein legitimes Mittel der Politik zu sehen“ (Klingbeil, 21.6.22).
Wenn der Text die Präsentation von „Programm und ersten Plakaten für die Bundestagswahl im Februar“ richtig wiedergegeben ist, dann hat zur von der SPD angestrebten und im Wahlprogramm auf 9 von 63 Seiten beschworenen „Kriegstüchtigkeit“ (Pistorius) Frau Esken lediglich die Versicherung – „sollten“ – abgegeben, „die notwendigen Investitionen in die militärische Sicherheit Deutschlands sollten nicht zu Lasten von Sozialem oder Pflege gehen“.
Falls, wie es derzeit aussieht, Trump mit Putin - selbstverständlich nicht über den Kopf von Selenskyj hinweg - eine Einigung über die Beendigung des Krieges kurzfristig erreichen wird, die die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine auf unabsehbare Zeit ausschließt,
„Mehr für Dich.“_3
die also, wie Ischinger bei Illner gestern (19.12.) auch anregte, die strategischen Sicherheitsbedenken der Russischen Föderation ernst nimmt, wird (nicht nur) die SPD viel erklären müssen.
„Besser für Deutschland“ ist der zweite Satz aus dem Titel des Wahlprogramms, nicht besser als der erste. Hören wir (kommentarlos) Klingbeil (und dem Vorwärts) zu, beide zu erklären: „Der Anspruch der SPD sei, „das Leben der Menschen besser zu machen und dafür zu sorgen, dass mehr drin ist“, so Klingbeil. Daraus leite sich auch der Slogan der Wahlkampagne ab: „Mehr für Dich. Besser für Deutschland.“ Eher nicht.