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SPD-Kampagne „Mehr für dich“: Warum der Bundeskanzler auch zurückduzt

Die SPD hat am Dienstag in der Parteizentrale ihr Programm für die Bundestagswahl im Februar präsentiert. Im Mittelpunkt der Wahlkampagne stehen eine direkte Ansprache und ein Code auf den Wahlplakaten.

von Jonas Jordan , Finn Lyko · 17. Dezember 2024
„Mehr für dich. Besser für Deutschland.“ – unter diesem Motto wird die SPD-Kampagne zur Bundestagswahl stehen.

„Mehr für dich. Besser für Deutschland.“ – unter diesem Motto wird die SPD-Kampagne zur Bundestagswahl stehen.

Länger als eine Stunde dauert die Pressekonferenz im Berliner Willy-Brandt-Haus bereits, als die letzte Frage auf den Slogan der SPD abzielt. Unter dem Motto „Mehr für Dich. Besser für Deutschland.“ zieht die Partei in den voraussichtlich noch 68 Tage dauernden Bundestagswahlkampf. Mehr für dich? Dürfen damit 59 Millionen Wahlberechtigte den Bundeskanzler duzen, will eine Journalistin wissen. Dieser antwortet betont locker: „Viele duzen mich, rufen mich über die Straße Olaf und ich unterhalte mich dann auch mit Du.“

Die direkte Ansprache und ein laut Scholz „ganz klares Programm für die Zukunft, dass es besser wird mit unserem Land“ sollen der SPD helfen, ähnlich wie schon bei der Bundestagswahl 2021 in den verbleibenden knapp zwei Monaten bis zur Wahl noch eine Trendumkehr zu schaffen. „Jetzt beginnt der Wahlkampf. Wir haben sehr konkrete Vorschläge“, sagt der Kanzler einen Tag nach der verlorenen Vertrauensfrage, die den Weg zu vorzeitigen Neuwahlen frei gemacht hat.

Scholz: „Es ist ganz zentral, dass das klappt“

Im Wahlkampf werden laut Scholz vor allem zwei Dinge entscheidend: die Wirtschaft ankzuurbeln und die Menschen zu entlasten. Für den ersten Bereich plant die SPD einen „Made-in-Germany-Bonus“ ähnlich des US-amerikanischen Inflation Reduction Acts. „Das brauchen wir dringend für Deutschland“, sagt Scholz. Ein Deutschlandfonds mit 100 Milliarden Euro plus weiteren privaten Geldern solle für die notwendigen Investitionen sorgen. „Das muss geschehen, weil es nicht genug Investitionen gibt“, sagt Scholz. Und schließlich soll die Schuldenbremse reformiert werden. „Es ist ganz zentral, dass das klappt“, sagt Scholz.

Wahlprogramm

Lars Klingbeil, Olaf Scholz und Saskia Esken präsentieren auf einer Pressekonferenz im Willy-Brandt-Haus den 64 Seiten umfassenden Entwurf für das Wahlprogramm, den der SPD-Parteivorstand zuvor beschlossen hat.

Lars Klingbeil, Olaf Scholz und Saskia Esken präsentieren das Wahlprogramm der SPD.

Durch die Steuervorschläge der SPD sollen 95 Prozent der Menschen in Deutschland entlastet werden, der Mindestlohn soll auf 15 Euro steigen und das Rentenniveau soll langfristig bei 48 Prozent stabilisiert werden. „Das ist die Frage, um die es geht bei der nächsten Bundestagswahl für die Bürgerinnen und Bürger, auch für viele junge Leute“, glaubt Scholz. Für die SPD sei klar: „Wir wollen eine stabile Rente.“ Denn diese sei „das wichtigste Vermögen vieler Bürgerinnen und Bürger“. Wer das Rentenniveau nicht stabilisieren wolle, müsse sich jedoch den Vorwurf von Rentenkürzungen gefallen lassen, sagt Scholz an die Adresse der Union.

Esken: Wird kein Entweder-oder geben

Die notwendigen Investitionen in die militärische Sicherheit Deutschlands sollten nicht zu Lasten von Sozialem oder Pflege gehen. Wer sein Kreuz bei der SPD mache, könne sicher sein, dass das eine nicht gegen das andere ausgespielt werde. Auch für Saskia Esken steht fest: Ein „Entweder-oder“ mit drohenden Abstrichen im Sozialen werde es nicht geben, erklärt die Parteivorsitzende. Deshalb habe man sich für das Wahlprogramm auch an den Sorgen der Menschen in Deutschland orientiert.

Kernthemen seien dabei laut Esken zum einen die Garantie eines zukunfts- und wettbewerbsfähigen Arbeitsmarkts, zum anderen die „Alltagsthemen“ der Beschäftigten auf diesem Arbeitsmarkt. Dabei wolle man auch den steigenden Lebenshaltungskosten entgegenwirken, das Startchancenprogramm auf Kitas ausweiten und Pflegekosten deckeln, so Esken.

Klingbeil: SPD will konkrete Erleichterungen für die Mehrheit

Die Krisen der vergangenen Jahre hätten Beschäftigte und Familien mit kleinen und mittleren Einkommen in Deutschland besonders hart getroffen – mit dem Wahlprogramm der SPD sollen sie nun in den Mittelpunkt der Politik gerückt werden, betont am Dienstag auch der Parteivorsitzende Lars Klingbeil. Der Anspruch der SPD sei, „das Leben der Menschen besser zu machen und dafür zu sorgen, dass mehr drin ist“, so Klingbeil. Daraus leite sich auch der Slogan der Wahlkampagne ab: „Mehr für Dich. Besser für Deutschland.“ – denn die geplanten Maßnahmen bedeuteten konkrete Erleichterungen für die Mehrheit der Bevölkerung.

Olaf
Scholz

Ich stelle mich auch in die Kälte, ich rede auch auf einem Marktplatz und ich hab‘ dicke Mäntel.

Verantwortlich für die Kampagne ist Generalsekretär Matthias Miersch. „Wir werden eine Kampagne fahren, die kurz und knackig ist“, sagt er und kündigt außerdem den digitalsten Wahlkampf in der Geschichte der SPD an. Eine zentrale Rolle dabei spielt ein QR-Code, der auf allen Plakaten der 299 Bundestagskandidat*innen zu sehen sein wird (s. unten). Bis zum 23. Februar solle es unterschiedliche Formate geben, digital, an Haustüren, in „Townhalls“ und auch im Freien auf Marktplätzen. Dazu sagt Scholz: „Ich stelle mich auch in die Kälte, ich rede auch auf einem Marktplatz und ich hab‘ dicke Mäntel.“

Digitaler Wahlkampf

Über einen QR-Code auf allen Wahlplakaten sollen die Wähler*innen Informationen zur SPD abrufen können. Schon jetzt finden sich dort auf einem digitalen Würfel beispielsweise Links zum WhatsApp-Kanal der Partei, zum Online-Beitrittsformular sowie ein Countdown bis zum Bundesparteitag am 11. Januar. Im Wahlkampf stehen bis zu 300 verschiedene Codes zur Verfügung, die ständig aktualisiert und regionalisiert werden können, erklärt Miersch.

Der Bundestagswahlkampf solle der digitalste in der Geschichte der SPD werden, kündigt Generalsekretär Matthias Miersch an.
Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

Autor*in
FL
Finn Lyko

ist Volontärin in der vorwärts-Redaktion.

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Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Di., 17.12.2024 - 22:13

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Wirtschaft im Blick. In Bezug auf die Wirtschaft sollte aber vorrangig bedacht werden, dass endlich eine Parität der Geschlechter in den Vorständen der DAX-Betriebe hergestellt wird. Darauf muss es jetzt ankommen, denn die Benachteiligung der Frauen muss endlich überwunden werden. Wer, wenn nicht wir, ist hier geeignet, dies federführend zu adressieren.

Gespeichert von Siegward Engler (nicht überprüft) am Mi., 18.12.2024 - 12:57

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Sehr schön die Digitalisierung, nur geht sie an meiner Generation weitgehend vobei ( ich bin 80). mindestens 75% meiner Freunde in einer Seniorensportgruppe können mit dem QR Code nichts anfangen ( viel haben nicht einmal ein Smartphone), müssen ihre Enkel bitten für sie, wo auch immer, einen Termin digital zu bekommen, müssen ihre Steuererklärung ebenfalls machen lassen, wer bergreift schon Elster in unserem Alter. Steuern auf die Rente, für Menschen die dafür gebuckelt haben dass die Reichen immer reicher werden, dass Vorstände und Aufsichtsräte fette Boni einstreichen für magelhafte Arbeit und Zukunftswillen, für Politiker die unsensibel mit den Menschen umgehen( Heizungsgesetz, Kaminverordnung, Verbrenner Aus, u.s.w. )Da liegt Arbeit vor Euch, nur fehlt mir echt das Vertauen auf Besserung. In der Weimarer Zeit sagte einmal ein Politikwissenschaftler " von den Schlechten kann man nur den weniger Schlechten wählen" Ist das heute wieder so????

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