Warum die Länder des Globalen Südens in den Klimaclub gehören
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Wie ein Brennglas veranschaulicht die Reaktion der Weltgemeinschaft auf den Krieg in der Ukraine die Implikationen einer im Entstehen begriffenen neuen Weltordnung. Im Kampf um die Ausgestaltung dieser Weltordnung ringt der Westen um die Gunst der Staaten des Globalen Südens.
Dass in großen Teilen des Globalen Südens der Ukrainekrieg als „Problem des Westens“ gesehen wird, liegt an der jahrelangen Vernachlässigung des Globalen Südens. Einseitige Handelsabkommen, mangelnde Repräsentanz in globalen Foren und die internationale Schuldenarchitektur haben diese Staaten von der „liberalen“ Weltordnung entfremdet. Sie halten sich zurück, die Ukraine zu unterstützen, sich Sanktionen anzuschließen oder Waffen zur Verteidigung des Landes zu liefern. Unlängst hat der Krieg dem politischen Non-Alignment zu neuem Ruhm verholfen.
Der Globale Süden muss eingebunden werden
Nach Untersuchungen der Economist Intelligence Unit gibt es 127 Staaten, die „auf dem Zaun sitzen“, sich weder eindeutig dem kollektiven Westen noch Russland oder China zuordnen. Sie kollaborieren nach den Maßgaben von Pragmatismus und Opportunismus mit allen Seiten. Dies ist die Reaktion des Globalen Südens auf den Druck einer neuen Blockkonfrontation.
Den „Multilateralismus stärken“ und der Spaltung der „Staatengemeinschaft in antagonistische Blöcke“ entgegenzuwirken, ist laut dem Papier der „Kommission Internationale Politik“ des SPD-Parteivorstands das Ziel sozialdemokratischer Außenpolitik. Dies kann nur durch die Einbindung des Globalen Südens als „gleichberechtigten Partner“ in die Weiterentwicklung der regelbasierten Weltordnung gelingen. Hierfür müssen attraktive Angebote zur themenspezifischen Zusammenarbeit gemacht werden.
Vorbehalten des Globalen Südens entgegenwirken
Ein zentrales Beispiel ist der von Olaf Scholz vorgeschlagene und Ende 2022 von den G7 gegründete Klimaclub, in dem bisher keine BRICS-Staaten und kaum afrikanische Staaten vertreten sind. Der Club darf kein strukturelles G7-Projekt bleiben. Für seinen Erfolg müssen sozialdemokratische Forderungen der internationalen Klimagerechtigkeit umgesetzt werden. Nur so kann er eine integrative Dynamik für ambitionierten Klimaschutz entfalten und den Multilateralismus stärken.
Ein Vorbehalt aus Perspektive des Globalen Südens ist, dass der Klimaclub in erster Linie dazu dient, einen Leitmarkt zum Absatz grüner Technologien der Industriestaaten zu schaffen. Weiterhin besteht die Sorge, dass Klima-Vorreiter im Globalen Norden durch einen möglichen CO₂-Grenzausgleich Klima-Nachzügler im Globalen Süden besteuern könnten. Dem gilt es durch eine klimagerechte Ausgestaltung des Clubs entgegenzuwirken.
Weitere Reformen sind notwendig
Eine internationale Klimadividende aus CO₂-Steuer und Grenzausgleich könnte zur Finanzierung der sozial-ökologischen Transformation direkt an Staaten des Globalen Südens ausgeschüttet werden, die einen Beitritt in den Klimaclub anstreben. Ein anderer Teil der Einnahmen kann im Rahmen der „Loss and Damage Facility“ für klimabedingte Verluste und Schäden eingesetzt werden, welche insbesondere den Globalen Süden betreffen. Indem Patente für klimafreundliche Technologien innerhalb des Clubs geteilt werden, könnten Länder des Globalen Südens von ihrem Beitritt und ambitioniertem Klimaschutz profitieren. Letztlich ist ein ehrliches Angebot vertiefter Kooperation im ureigenen Interesse der Industriestaaten, um Lock-in-Effekte CO₂-intensiver Technologien zu vermeiden.
Hinter der Fassade des Neo-Non-Alignment liegen verschiedene Interessen des Globalen Südens. Für den Erhalt der regelbasierten Weltordnung müssen diese in die Weiterentwicklung von Global Governance eingebunden werden. Der Klimaclub muss solidarisch und klimagerecht ausgestaltet werden. Hier sollte jedoch nicht Halt gemacht werden. Weitere Reformen, etwa des UN-Sicherheitsrates, der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds müssen gemeinsam mit dem Globalen Süden ausgestaltet werden, um die regelbasierte Weltordnung zu erhalten.
ist Student der Internationalen Beziehungen und engagiert sich u.a. im Rahmen der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN).