Kultur

Shield & Shine: Kulturszene spannt Schutzschirm gegen Rechtsextremismus

„Die Vielen“ sind zurück. Mit der bundesweiten Kampagne „Shield & Shine“ macht der Zusammenschluss von Kultureinrichtungen gegen den erstarkenden Rechtsextremismus mobil. Geplant sind bereits zwei Aktionswochen.

von Kai Doering · 11. April 2024
Gelingt eine Mobilisierung wie 2019? Demonstration von „Die Vielen“ vor der „Volksbühne“ in Berlin

Gelingt eine Mobilisierung wie 2019? Demonstration von „Die Vielen“ vor der „Volksbühne“ in Berlin

Die Bilder gingen um die Welt. Am 19. Mai 2019 gingen europaweit zehntausende Menschen gleichzeitig auf die Straße, um für die Demokratie und gegen Nationalismus zu demonstrieren. In Berlin kam rund 25.000 Teilnehmer*innen zusammen, um wenige Tage vor der Europawahl ein Zeichen für Toleranz, soziale Gerechtigkeit und gegen Nationalismus zu setzen. Ein verbindendes Symbol damals waren riesige goldene Fahnen.

„Demokratische Schutzschirme“ gegen Rechtsextremismus

Zu den Demonstrationen aufgerufen hatte der Verein „Die Vielen“, der sich 2017 gegründet hatte und sich als „Impulsgeber für über 4.500 angeschlossene Institutionen und Aktive der Kunst und Kultur“ sieht. Während der Corona-Zeit war es stiller um den Verein geworden, doch nun sind „Die Vielen“ zurück. Zwei Monate vor der Europawahl haben sie die Kampagne „Shield & Shine“ (Schild und Glanz) gestartet. Am Donnerstag wurde sie in der Berliner „Akademie der Künste“ der Öffentlichkeit vorgestellt.

„Wir wollen gemeinsam gegen die weitere Normalisierung von Rechtsextremismus in den Parlamenten eintreten“, nannte Vorstandsmitglied Holger Bergmann das Ziel der Kampagne. Dafür wollen „Die Vielen“ mit vielfältigen Aktionsformen überall im Land „demokratische Schutzschirme“ aufspannen „gegen die Bedrohung durch toxischen Rechtsextremismus“. Sie sollen von kleinen Aktionen vor Ort bis zu großen Demonstrationen reichen. „Unterschiedliche Strategien, Formate und Veranstaltungen sind hier gerade nicht konkurrierend – sondern ergänzen sich“, betonen „Die Vielen“. Viele Aktionen sollen erst in den kommenden Wochen konkret geplant werden.

Blick auf die Europa- und die Kommunalwahlen

Fest steht bereits, dass es zwei bundesweite Aktionswochen geben wird: eine zwischen dem 3. und dem 9. Juni unter dem Motto „Europa den Vielen“ zur Europawahl und eine weitere zwischen dem 26. August und dem 1. September mit Fokus auf den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Die Wahlen in diesem und dem kommenden Jahr stehen auch im Mittelpunkt einer bundesweiten Plakatkampagne, deren Motive „Die Vielen“ kostenfrei zur Verfügung stellen.

„Kunst und Kultur sind besonders geeignet, rechtsextreme Versuche der Spaltung, Ausgrenzung und Gewalt zu bekämpfen“, ist der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, überzeugt, der sich wie rund 300 Kultureinrichtungen aus dem gesamten Bundesgebiet bereits an „Shield & Shine“ beteiligt. Zimmermanns Sorge gilt vor allem den Kommunalwahlen, die am 9. Juni in sieben Bundesländern stattfinden. „Der rechtsradikale Einfluss wird zunehmen“, fürchtet er. Wenn rechtsextreme Politiker*innen vor Ort Einfluss auf die Kulturpolitik bekämen, könne das schwerwiegende Folgen etwa für städtische Theater haben.

„Das wird eine riesige Anstrengung.“

„Die Bühnen sind Abend für Abend feste Orte, an denen es um die Frage geht, wie wir künftig leben wollen und an denen wir zeigen, dass eine andere Welt möglich ist“, sagt auch Carsten Brosda, Präsident des Deutschen Bühnenvereins. „Die großen Demos der letzten Wochen haben eindrücklich gezeigt, dass sich viele für eine freie Gesellschaft einsetzen.“ Daran gelte es nun für „Die Vielen“ anzuknüpfen. „Wir müssen in der Gesellschaft ein Bewusstsein für Solidarität aus Vielfalt erzeugen“, so Brosda.

Dass das nicht leicht wird, unterstreicht schließlich die Intendantin des Theaters „Kampnagel“ in Hamburg. Die Großdemonstration 2019 sei ein großer Erfolg gewesen, sagt Amelie Deuflhard und fragt: „Wie schaffen wir es, noch mal zu mobilisieren? Das wird eine riesige Anstrengung.“ Jedoch gebe es angesichts der grassierenden „autoritären und faschistoiden Fantasien“ keine Alternative. „Gemeinsam können wir dazu beitragen, unsere Gesellschaft zu stärken und gegenüber Intoleranz und Ausgrenzung mit künstlerischen Mitteln Widerstand zu leisten“, ist Deuflhard überzeugt.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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