Svenja Schulze: Wie die internationale Zusammenarbeit mit Trump weitergeht
US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, aus dem Weltklimaabkommen und aus der WHO austreten zu wollen. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) erklärt im Interview, wie Deutschland darauf reagiert und wie es mit der internationalen Zusammenarbeit künftig weitergehen soll.
Ute Grabowsky/photothek.de
Svenja Schulze ist seit Dezember 2021 Bundesentwicklungsministerin.
US-Präsident Donald Trump hat nach seinem Amtsantritt angekündigt, alle Ausgaben für Entwicklungsprojekte 90 Tage lang aussetzen und prüfen zu wollen. Was bedeutet das für die internationale Zusammenarbeit?
Dass sich eine neue US-Regierung erst einmal genauer ansieht, was sie momentan alles fördert, und für diese Zeit der Überprüfung einen Ausgabenstopp verhängt, ist nichts Neues. Entscheidend wird sein, welche Schlüsse Trump aus dieser Überprüfung ziehen wird. Bislang sind die USA der weltweit größte Geber. Gerade für einige der ärmsten Länder, die massiv von amerikanischer Unterstützung abhängen, könnte ein Rückzug der USA sehr schmerzhafte Folgen haben. Und der angekündigte Austritt aus dem Klimaabkommen und der Weltgesundheitsorganisation setzt die multilaterale Zusammenarbeit natürlich weiter unter Druck. Umso wichtiger ist, dass sich Deutschland und Europa weiterhin mit aller Kraft für eine regelbasierte und faire internationale Zusammenarbeit einsetzen. Brücken schlagen, wo immer sie möglich sind, alte Kontakte halten und neue knüpfen.
Schon während Trumps erster Amtszeit wurde die Zusammenarbeit mit der US-Entwicklungsbehörde US Aid zunehmend schwieriger. Inwieweit haben Sie für die nun beginnende zweite Amtszeit Trumps Vorkehrungen getroffen?
Klar ist: Weder Deutschland noch die EU werden all die Lücken füllen können, die Trump in der internationalen Zusammenarbeit hinterlässt. Für mich bedeutet seine Wiederwahl vor allem: Europa muss seine Interessen in der Welt noch klarer definieren und noch stärker gemeinsam verfolgen. Europa ist mit seinen 450 Millionen Einwohnern und einer enormen Wirtschaftsleistung auch eines der politischen Kraftzentren unserer Welt. Wir müssen uns nicht wegducken. Als selbstbewusster und konstruktiver Partner werden wir mit dem neuen amerikanischen Präsidenten gut zusammenarbeiten.
Auch in Deutschland gerät die Entwicklungszusammenarbeit im Wahlkampf in den Fokus. Die FDP fordert – mal wieder – die Abschaffung des Entwicklungsministeriums, die CSU will zumindest die Gelder drastisch kürzen und Unions-Kanzlerkandidat Merz diese strategischer an deutschen Interessen ausrichten. Wie bewerten Sie die Forderungen der politischen Konkurrenz?
Das Entwicklungsministerium ins Auswärtige Amt einzugliedern, fordert die FDP ja immer mal wieder – außer wenn sie gerade selbst den Minister stellt. Das ist aber keine Mehrheitsmeinung. Entwicklungspolitik ist nicht dasselbe wie Außenpolitik. Und Deutschland profitiert von der Arbeitsteilung in der Bundesregierung, weil wir dadurch mehr Möglichkeiten haben, global um Verbündete zu werben. In der heutigen multipolaren Welt ist das wichtiger denn je.
Und abgesehen davon, dass ich mich gerade gegenüber einer christlich geprägten Partei nicht dafür entschuldigen will, dass Deutschland hilft, wenn Menschen verhungern: Dass wir mit unserer Entwicklungspolitik auch deutsche Interessen verfolgen, ist doch schon längst Realität.
Svenja
Schulze
Wer bei Entwicklungszusammenarbeit kürzt, gefährdet die Grundlagen unseres Wohlstands.
Im Gegensatz dazu bekennt sich die SPD in ihrem Wahlprogramm klar zum 0,7-Prozent-Ziel für Entwicklungsfinanzierung. Wie wollen Sie das langfristig sicherstellen und künftig verhindern, dass wie zuletzt zu Lasten der Entwicklungszusammenarbeit gespart wird?
Mit guten Argumenten. Jeder zweite Euro in Deutschland wird mit dem Export verdient. Unser Geschäftsmodell beruht auf Weltoffenheit, stabilen ausländischen Märkten und verlässlicher internationaler Zusammenarbeit. Das bedeutet: Wer in diesem Bereich kürzt, spart in Wahrheit gar nicht, sondern gefährdet die Grundlagen unseres Wohlstands.
Sie selbst haben kürzlich in einem Brief an NGOs gefordert, das BMZ stärker zu einem Ministerium für internationale Zusammenarbeit umzubauen. Was würde das konkret bedeuten?
Damit würde man stärker abbilden, wie wir ohnehin schon arbeiten: Nämlich nicht besserwisserisch und von oben herab, sondern partnerschaftlich mit einer respektvollen Haltung gegenüber unseren Partnern in Afrika, Asien und Lateinamerika. Wir haben Interessen und unsere Partner haben Interessen, aber gemeinsam erreichen wir mehr als jeder für sich alleine. Viele unserer Ziele, etwa die Eindämmung des Klimawandels, lassen sich nur mit internationaler Zusammenarbeit erreichen. Das ist der Kern unseres Auftrags.
Svenja
Schulze
Wenn in Dresden eine Brücke einstürzt, dauert es nur Minuten, bis auf Social Media an die Radwege in Peru erinnert wird.
Welche Lehre haben Sie grundsätzlich aus der Radwege-in-Peru-Debatte gezogen? Muss Entwicklungszusammenarbeit besser erklärt werden?
Anders als früher gibt es heute Akteure, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, deutsches Engagement im Ausland zu diskreditieren. Künstliche Intelligenz und Bot-Fabriken helfen dabei. Wenn in Dresden eine Brücke einstürzt, dauert es nur Minuten, bis auf Social Media an die Radwege in Peru erinnert wird. Dagegen hilft nur, selber gut zu informieren, auch über den Nutzen für Deutschland und die Weltgemeinschaft. Im Fall der Radwege in Peru profitiert die ganze Welt von vermiedenen CO2-Emissionen. Aber dazu kommt, dass die Radwege Zubringer sind zu einem großen Metro-Projekt, an dem wiederum zahlreiche deutsche Firmen beteiligt waren. Deutschland unterstützt mit Krediten, die zurückgezahlt werden müssen. Das Projekt nutzt also Deutschland, Peru und letztlich der ganzen Welt.
Dieses Interview wurde schriftlich geführt.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo