Wie der Bund Kommunalpolitiker*innen besser schützen will
Kommunalpolitiker*innen erleben häufig Drohungen und Gewalt. Zu ihrem besseren Schutz hat das Bundesinnenministerium eine Allianz gegründet.
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"Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker müssen wissen, dass sie nicht allein sind", so Bundesinnenministerin Nancy Faeser.
Kommunale Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger werden gerade in Ostdeutschland häufig angefeindet und nehmen das Diskussionsklima vielfach als verroht wahr. Ein Thema, das mittlerweile auch die Bundespolitik auf den Plan ruft.
Der Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland, Carsten Schneider, Bundesinnenministerin Nancy Faeser und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, haben sich am Dienstag im Bundeskanzleramt mit ostdeutschen Bürgermeister*innen getroffen.
Dabei ging es um die „Bedeutung der Kommunen als Orte der politischen Teilhabe und lokalen Demokratie, ebenso wie um Anfeindungen und Übergriffe“, so das Bundesinnenministerium. „Es ist im höchsten Maße beunruhigend und gefährlich für unsere Demokratie, wenn sich Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker aufgrund von Anfeindungen und Bedrohungen zurückziehen oder gar nicht mehr aktiv werden. Diese Angriffe erfolgen gezielt, um Demokraten mundtot zu machen“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
Die Ministerin erinnerte in diesem Zusammenhang an das Attentat auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch einen Neonazi, um zu betonen, wie ernst die Gefahr zu nehmen sei. „Diesen Bedrohungen müssen wir uns als Rechtsstaat auf allen Ebenen entgegenstellen: Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker müssen wissen, dass sie nicht allein sind“, so Faeser. „Wir haben haben deshalb die Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden, Justiz und Verwaltung verstärkt, um kommunalpolitisch Aktive besser zu schützen.“ Das Bundeskriminalamt gehe außerdem entschieden gegen Hasskriminalität vor, die besonders politisch Engagierte bedrohe, versicherte Faeser.
Startschuss für eine bundesweite Ansprechstelle
Im Januar hat das Innenministerium den Startschuss für eine bundesweite Ansprechstelle gegeben, die ihnen künftig Unterstützung vermitteln wird. Dies ging auf einen Vorschlag der vom Ministerium gegründeten Allianz zum Schutz kommunaler Amts- und Mandatsträger*innen zurück. Ihr gehören die kommunalen Spitzenverbände, die kommunalpolitischen Vereinigungen, kommunalpolitisch Tätige sowie zuständige Behörden und gesellschaftliche Organisationen an.
Die Einrichtung der Ansprechstelle werde derzeit umgesetzt, hieß es. Die Trägerschaft liegt bei der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK). Diese wird künftig Betroffenen, insbesondere ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, zur Seite stehen und als „Lotse zwischen den Betroffenen und der Justiz, den Sicherheitsbehörden und der Verwaltung“ dienen. Die bundesweite Ansprechstelle soll laut der Mitteilung in der zweiten Jahreshälfte 2024 die Arbeit aufnehmen und für Betroffene und Interessierte erreichbar sein.
Außerdem wurden laut Mitteilung weitere Vorschläge vorgelegt, unter anderem:
Politische Bildung: Kommunalpolitisches Wissen soll vermittelt und Verständnis für kommunale Entscheidungsfindungen gefördert werden. Fortbildungen sollen zudem die Resilienz von Kommunalpolitikern stärken.
Monitoring: Die Allianz empfiehlt, das durch das BKA halbjährlich durchgeführte „Kommunale Monitoring zu Hass, Hetze und Gewalt gegenüber Amtsträgerinnen und -trägern“ fortzuführen. Das Bundesinnenministerium kündigt an, das „im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten“ zu unterstützten.
Wertschätzung kommunaler Politik: Die Anerkennung und Wertschätzung des Bundes für die Leistungen auf kommunaler Ebene seien essenziell für das kooperative Zusammenwirken von bundes- und kommunalpolitischen Akteuren, hieß es. Kommunen sollen deshalb zum Beispiel aus Zeichen des Respekts möglichst frühzeitig bei Gesetzesvorhaben des Bundes, die sich auf die Kommunen auswirken, eingebunden werden.
Demokratie-Strategie des Bundes: Die Bedrohung von kommunalen Amts- und Mandatsträgern gefährde unmittelbar die Basis unserer Demokratie, betonten die Akteure. „Selbstverständlich wird daher auch die Strategie der Bundesregierung für eine starke, wehrhafte Demokratie und eine offene und vielfältige Gesellschaft diese Gefahren adressieren.“
Schneider betonte, dass sichergestellt sein müsse, daß kommunale Funktions- und Mandatsträger*innen „ihre Ämter ausüben können, ohne um ihre Sicherheit fürchten zu müssen“.
Carsten Schneider: Mehr Menschen für Amt in der Kommunalpolitik begeistern
Die bevorstehenden Kommunalwahlen in allen ostdeutschen Flächenländern seien auch entscheidend für eine weitere positive wirtschaftliche Entwicklung. Schneider wünschte sich, „dass mehr Menschen die Chance nutzen, diese Entwicklung aktiv als Kommunalpolitikerinnen oder -politiker mitzugestalten.“
Alabali-Radovan nannte es „unerträglich“, dass sie und ihre Mitarbeitenden immer wieder angefeindet würden, ganz besonders wenn sie sich für Vielfalt, Weltoffenheit oder den Schutz Geflüchteter einsetzten.
„Wenn Bürgermeisterinnen und Bürgermeister oder Mitarbeitende in der Verwaltung attackiert werden, wenn die Bürgerversammlung aus dem Ruder läuft, wenn sie von Hass und Rassismus getroffen werden, dann müssen alle gleich wissen, was zu tun ist und wo es Unterstützung gibt", so die Staatsministerin. Dafür hat die SPD-Politikerin die Plattform „Kommunale Allianzen & Strategien gegen Rassismus und Hass” (KommA) gestartet, an der sich laut Radovan 75 Städte und Gemeinde in Ost und West beteiligen.
Dieser Beitrag ist zuerst auf Demo Online erschienen.
ist Leitende Redakteurin beim Vorwärts-Verlag und verantwortlich für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.
eine sehr gute Sache, das, ....wenn auch
nicht auszuschließen ist, dass die Anlaufstelle von Kommunalpolitikern der AfD überrannt wird, denn es wird ja heute schon behauptet, Aktivisten dieser Partei seien im privaten Umfeld hass und Verfolgung ausgesetzt aufgrund ihrer politischen Aktivität. Dies ist mE auch - innerhalb der rechtsstaatlich gesetzten grenzen notwendig, aber gleichwohl wäre mir lieber gewesen, man hätte in der Rechtskonstruktion der Anlaufstelle deutlicher gemacht, dass diese den Politikern der demokratischen Parteien vorbehalten ist. Ist sie das? der Artikel sagt dazu nichts aus.